Was ist eine Einheitsschule?
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Diese Frage stellten wir den Mönchengladbacher Landtagskandidaten von CDU und FDP. Vor dem Hintergrund deren Wahlkampagnen gegen das Modell der „Gemeinschaftsschule“ von SPD und Grünen sprechen sie sich gegen eine „Einheitsschule“ aus. Andres Terhaag (FDP) antwortete bislang als einziger (durchaus legitim auch im Namen seines Kandidaten-Kollegen Oliver Faller). Die CDU-Kandidaten hüllen sich in Schweigen. Dabei war die Frage doch ganz einfach:
„Um Ihre Positionen zu den möglichen Bildungswegen an Schulen darzustellen, verwenden Sie den Begriff der „Einheitsschule“. Was verstehen Sie persönlich darunter?“
Hier Terhaags Antwort:
Der Begriff der „Einheitsschule“ ist keine neue Erfindung, die Diskussion hierüber geht bis in die Anfänge unseres Jahrhunderts.
Dabei wurde sie bisher, nicht ohne Grund, bisher in Deutschland lediglich als Pilotprojekte in einigen Bundesländern eingeführt und auch wieder abgeschafft.
In der „Einheitsschule“ sollen alle Schüler neun Jahre lang, ab Beginn der Schulpflicht, gemeinsam eine Schule besuchen. Die Aufteilung in Haupt- Realschule und Gymnasium entfällt.
Die Gefahr dieser Einheitsschule ist, dass Schüler nicht mehr entsprechend Ihren Begabungen gefördert werden. Leistungsstärkere Schüler werden zu wenig gefordert und gefördert, wohingegen Leistungsschwächere Schüler durch die besseren Leistungen der stärkeren Schüler zweifelsohne frustriert werden.
3.
Mine schrieb am 21.04.2010 um 09:19 Uhr:
Ich verstehe jetzt die Wahlkampfaussagen der CDU und FDP überhaupt nicht mehr:
Ist mit Einheitsschule nicht die Gesamtschule gemeint?
Aber die exisitiert doch und wurde nicht als Pilotprojekt abgeschafft.
Auch das mit dem Frust versteh ich nicht. Das gibt es doch überall, dass einige Schüler mit 1 und 2 glänzen und andere sich mit 4 und 5 durchhangeln. Mit Frust muss jeder umgehen lernen. Ein Schüler, der vom Gymnasium zur Realschule wechseln muss, jubelt auch nicht.
Ich seh überhaupt nicht den Unterschied zur Volksschule und all den anderen Schulen. Gute und schlechte Schüler gibt es doch überall.
Das Schulsystem und diese Politiker-Pädagogik versteht doch kein normaler Wähler mehr und ich bezweifle mittlerweile, dass die Politiker überhaupt selbst noch verstehen, was sie da an Wahlaussagen machen.
Das sieht so aus, als ob von oben Parolen vorgegeben werden und die Kandidaten vor Ort geben das dann gedankenlos weiter. Da sieht man mal wieder, dass nur einige da oben bestimmen und es völlig egal ist, wer vor Ort kandidiert.
2.
Erik Jansen schrieb am 20.04.2010 um 19:07 Uhr:
Bei der „Gemeinschaftsschule“ (SPD, Grüne) und der „Schule für Alle“ (LINKE.) handelt es um eine Alternative zu dem derzeit noch dominierenden dreigliedrigen Schulsystem in Deutschland.
Beide Modelle verfolgen die Ziele: soziale Ungerechtigkeit und Selektion von SchülerInnen entgegenzutreten, Stärken von SchülerInnen individuell zu fördern und Schwächen individuell auszubessern.
Dies soll im Rahmen eines Gemeinschaftsverbundes in der Schule geschehen – entgegen der Methodik des dreigliedrigen Systems, welches die Entwicklung von ‚Einzelkämpfern‘ zu Tage fördert.
Leistungsschwächere Schüler finden sie auch innerhalb der jeweiligen fortführenden Schule im dreigliedrigen Schulsystem bei einer selektiven Aufteilung nach der Grundschule (die man auch als eine Art „Einheitsschule“ nach Definition der CDU und FDP ansehen könnte).
Sie werden immer sowohl SchülerInnen, die den Unterrichtsstoff besonders leicht aufnehmen können als auch diejenigen SchülerInnen, die schwer für ihre „guten“ Noten arbeiten müssen und denen dadurch nicht so viel Freizeit am Tag übrig bleibt, in einer Klasse sitzen haben (unabhängig, ob sie nun zusammen in einer Haupt-, Realschule oder Gymnasium sitzen).
In dreigliedrigen Schulsystem ist eine aufkommende Frustration von leistungsschwachen SchülerInnen oder die Einwirkung von persönlichen Schwierigkeiten, die zu (noch) schlechteren Noten führen fatal: wird ein Schüler von der restlichen Klasse von der Leistungserbringung her abgehängt, so wird er nicht gefördert sondern in die nachrückende Klasse abgeschoben – schlimmstenfalls droht ihm/ihr sogar ein Schulwechsel, wenn sich innerhalb eines weiteren Jahres nichts ändert. Freunde und Klassengemeinschaften werden als Strafmaßnahme getrennt!
Hier trifft doch wohl eher der Grundsatz Fordern ohne Fördern zu. Glauben Sie ernsthaft, diese Verfahrensweise ist eine gute Grundlage, einer Frustration entgegenzuwirken?
Übrigens: wenn Herr Terhaag behauptet, dass die frühere ‚Einheitsschule‘, nicht ohne Grund in Deutschland in einigen Bundesländern eingeführt und auch wieder abgeschafft worden ist, so hat er mit dieser Aussage schon recht.
Jedoch sollte er diesen Grund auch benennen: dieser beruht nämlich auf den politischen Willen der zu diesen Zeiten damalig amtierenden Parteien – nicht auf der Leistungsfähigkeit oder Sinnhaftigkeit solcher Schulen.
Noch ein Wort zu der Zukunftsfähigkeit: Die demografische Veränderung, die wir in Deutschland erleben, führt dazu, dass sich viele kleine Gemeinden aufgrund des Bevölkerungsrückgangs keine verschiedenen Schultypen mehr leisten können.
Auch die sinkende Bildungsqualität belegt, dass das dreigliedrige Schulsystem, an dem CDU und FDP festhalten, überhaupt nicht zukunftsweisend ist.
1.
Kritiker schrieb am 20.04.2010 um 12:59 Uhr:
Nachfolgend möchte ich den Menschen, die gegen eine Schule sind in der Kinder 9 Jahre zusammen lernen, einmal nahelegen an die Zeit nach dem 2.Weltkrieg zu denken.
Die Einheitsschule nach 1945 hieß Volksschule, dort lernten Kinder i.d.R. 8 Jahre lang bis zum Volksschulabschluss.
Anschließend begann der oder die VolksschülerIn eine Lehre oder besuchte eine weiterführende Schule.
Natürlich gab es die Möglichkeit nach dem 4./5. Schuljahr auch ohne Empfehlung zum Gymnasium oder zur Mittelschule zu wechseln, dies galt regelmäßig eher für Kinder von „Bessergestellten“.
All dies habe ich persönlich erlebt, damit und darunter auch gelitten.
Keinesfalls gelitten habe ich über die 8 Volksschuljahre, Jahre des gemeinsamen Lernens, des Erlebens.
Alle aus meiner Klasse haben etwas Gutes aus ihrem Leben gemacht, viele „Leistungsträger“ unserer heutigen Gesellschaft sind mit einem Abschluss an dieser „Einheitsschule Volksschule“ nach westlicher Prägung in ihre Karrieren gestartet und haben Deutschland nach dem Krieg zu dem gemacht was es ist.
Schaue sich jeder einmal um, er wird bemerken, wenn er denn will, auch etliche Politiker-Kollegen aus den eigenen Reihen oder in den anderen Parteien haben als Rüstzeug die Volksschule mitbekommen, haben niemals ein Abitur gemacht. Na und?
Die Praxis straft jede Theorie Lügen.