Schulentwicklungsplanung 2010 • Teil XII: Ob es mehr integrative Lerngruppen an weiterführenden Schulen gibt, liegt an den Schulen selbst
Red. Schule, Studium & Arbeitswelt [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
„Die Nachfrage nach integrativen Lerngruppen ist deutlich gestiegen“, so Walter Steinhäuser, Schulamtsdirektor für Haupt- und Förderschulen (im Bild links) auf der Pressekonferenz zum Schuljahresbeginn, und ergänzt, dass der Andrang in der Sekundarstufe I noch nie so groß wie in diesem Jahr war.
31 Plätze gebe es in Klasse 5 in den Hauptschulen, weil diese Schulform das stärkste Interesse habe. Und die anderen Schulen?
„Realschulen und Gymnasien weigern sich strikt, solche Lerngruppen einzurichten. Dies gilt auch für vier Gesamtschulen“, so Steinhäuser auf Nachfrage von BZMG weiter, „die Einrichtung einer integrativen Lerngruppe geschieht nur per Schulkonferenzbeschluss.“ Das sei die Rechtsgrundlage.
Einzig die Hauptschulen haben derzeit starkes Interesse an der Einrichtung von integrativen Lerngruppen. Aus guten Gründen: schließlich ist die Klassenstärke einer Schulklasse, in die auch behinderte SchülerInnen gehen, kleiner.
Neben Engagement und Überzeugung dürften für manche Hauptschulen die Öffnung ihres Unterrichts für behinderte Kinder auch eine Frage der Standortsicherung sein.
Nur die Gesamtschule Volksgarten bietet noch integrative Plätze an. Dabei wäre für Walter Steinhäuser die Gesamtschule von ihrer Konzeption her optimal, auch weil sie alle Schulabschlüsse bietet.
Dr. Fischer ergänzt zwar, dass in Einzelfällen auch behinderte SchülerInnen an Realschulen und Gymnasien unterrichtet werden, aber warum blockieren Gymnasien, Realschulen und die vier anderen Gesamtschulen die Einrichtung integrativer Lerngruppen an ihren Schulen? Ausnahmen ja, Regel nein?
Fürchten Sie die Überforderung des Lehrpersonals? Oder negative Auswirkungen auf das Klassenklima? Auf das Lernniveau der nicht-behinderten SchülerInnen?
Fragen, die sich nur im Dialog klären lassen.
Ungefähr 100 behinderte Kinder und Jugendliche sind in integrativen Maßnahmen, besuchen eine „normale“ Schule. In diesem Jahr wurden 31 behinderte Kinder in Klasse 5 aufgenommen.
Wie steht’s um die Inclusion in Mönchengladbachs Schulen? Das Thema ist bei den Eltern behinderter Kinder angekommen, nur ist Politik und Verwaltung noch nicht klar, wie sie mit der UN-Konvention für Menschen mit Behinderungen umgehen sollen.
Seit 26. März 2009 ist Inclusion nämlich auch in Deutschland rechtsverbindlich, jedoch mangels entsprechender Gesetzgebung noch nicht einklagbar.
Teil der Konvention ist neben vielen anderen Bereichen auch das Sicherstellen von Barrierefreiheit. Barrierefreiheit bedeutet dabei auch die gleichberechtigte Teilhabe am öffentlichen Leben, an Freizeit und Kultur – und eben auch der Besuch einer Regelschule.
Betont wird, dass auch Förderschulen „Regelschulen“ seien, Eltern körperbehinderter Kinder haben allerdings längst erkannt, dass der Schulabschluss einer Förderschule in unserer Gesellschaft nicht gleichwertig zum Schulabschluss an einer anderen Schule gesehen wird.
Deshalb wurde noch unter CDU/FDP-Landesregierung ein Programm ausgerufen, dass zum Ziel hat, 5 % der landesweiten Förderschüler eine Chance auf dem 1. Arbeitsmarkt zu vermitteln. Fast ausschließlich geht deren Weg nämlich von der Förderschule in die Behindertenwerkstatt. (BZMG-Themenreihe: Schulentwicklungsplanung Teil IX – die Förderschulen).
Körperbehinderte Kinder haben aber nicht zwangsläufig Defizite, die sie daran hindern, den Lernstoff an einer Realschule oder einem Gymnasium zu bewältigen. Zumal es immer mehr „technische Raffinessen“ zum Ausgleich bzw. Erleichterung von bestimmten Behinderungen gibt.
In Mönchengladbach können solche Kinder, wenn sie nicht das Glück haben, einen integrativen Platz an der Gesamtschule Volksgarten bekommen zu haben, keinen Abschluss an einer Realschule oder gar eines Gymnasiums machen.
Dr. Fischer meinte zwar, er würde am liebsten an jede weiterführende Schule solche behinderte Kinder aufnehmen, wisse aber nicht, woher die Mittel für bauliche Veränderungen (Aufzüge, Rampen) kommen sollen. Obwohl Planungszahlen und Baupläne bekannt sind, gibt es offenischtlich keine konkreten Überlegungen von Verwaltung und Politik.
Dies auch, weil Dr. Fischer keinen „dramatischen Druck aus der Elternschaft“ sieht. Gleichwohl gibt es keine Aussagen dazu, wie viele Eltern bzw. behinderte Kinder den Besuch einer Regelschule oder Gymnasium oder Gesamtschule wünschen, aber an eine Förderschule verwiesen wurden.
Ein weiterer Mißstand der Mönchengladbacher Schulentwicklungsplanung?