Kreismitgliederversammlung der Piraten Mönchengladbach beschließt als Alternative zum klassischen Kreisverband einen „Virtuellen Kreisverband“
Red. Politik & Wirtschaft [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Die Piraten Mönchengladbach trafen sich am 28.10.2012 im Vereinsheim des TV 1848 zu ihrer zweiten öffentlichen Kreismitgliederversammlung.
Bei dieser Versammlung wurde das zukünftige Strukturkonzept der Mönchengladbacher Piraten verabschiedet.
Kern der Beschlüsse war, dass es zukünftig keine regelmäßigen, sondern eine „ständige Kreismitgliederversammlung“ geben wird, die in einer Software namens „LiquidFeedback“ abgebildet wird.
Statt eines klassischen Kreisverbandes setzen die Piraten in Mönchengladbach dabei in ihrer Abstimmung auf ein basisdemokratisches Konzept ohne Hierarchien.
LiquidFeedback ist eine freie Software zur politischen Meinungsbildung und Entscheidungsfindung. Start der neuen Mitentscheidungsplattform ist der 01.03.2013.
Zukünftig sollen somit jederzeit, von jedem Piraten in Mönchengladbach, zu Meinungsbildern, Pressemitteilungen, Positionspapieren, Wahlprogrammpunkten und Geschäftsordnungsänderungen Vorschläge gemacht und zur Abstimmung gebracht werden können.
Damit soll die politische Richtung auch weiterhin von der Basis bestimmt werden.
Eine Konsequenz des „Virtuellen Kreisverbandes“ ist auch, dass es keinen Vorstand und damit auch keinen Vorsitzenden bei den Piraten gibt. Stattdessen wird die Arbeit der Piraten Mönchengladbach durch eine neu formierte „Mannschaft“ vorgenommen.
(Im Bild v.l: Sebastian Zerbe, Thomas Gotzen, Marcus Najemnik, Reiner Gutowski, Jürgen Pfeiffer, Horst Hermanns, Doris Kroll-Hartge, Arne Klöcker, Igor Markus Tischlik)
Mit Jürgen Pfeiffer und Reiner Gutowski betätigen sich zwei engagierte und erfahrene Piraten als so genannte „Verwaltungspiraten“. Sie sollen die Tätigkeiten der Partei effektiv koordinieren und organisieren.
Als LiquidFeedback-Piraten wurden Sebastian Zerbe und Thomas Gotzen gewählt. Ihre vornehmliche Aufgabe ist es, dieses Softwaresystem zu administrieren.
Zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit sind die Pressepiraten Doris Kroll-Hartge, Marcus Najemnik und Igor Markus Tischlik.
Die Mönchengladbacher Piraten sind die ersten in der Bundesrepublik, die den Versuch unternehmen, bei basisdemokratischen Entscheidungen statt auf persönliche Präsenz der Mitglieder auf deren „elektronische“ Mitwirkung zu setzen.
Piraten, die keinen PC und/oder Internetzugang haben (auch die soll es geben), sollen die Möglichkeit erhalten, sich anläßlich von Piraten-Stammtischen über einen dort vorhandenen Computer mittels LiquidFeedback an den Diskussionen und Entscheidungen zu beteiligen.
Darüber, dass persönliche Daten der Teilnehmer soweit wie möglich – zumindest parteiintern – geschützt sind, wachen so genannte „Vertrauenspiraten“.
Durch sie soll sichergestellt werden, dass beispielsweise „nicknames“, Klarnamen und E-Mail-Adressen nicht miteinander verknüpft werden können. Auf diese Weise sollen auch geheime Abstimmungen möglich sein.
Bis zum 01.03.2013 bieten die Mönchengladbacher Piraten ihren Mitgliedern entsprechende Schulungen zur Nutzung von LiquidFeedback an.
10.
Rettisch schrieb am 7.11.2012 um 11:08 Uhr:
Demokratie? Wahl zwischen Pest und Cholera. Is echt toll. Wo ist der Unterschied.
@ M.P. Heinen: „Gesellschaftspolitik ohne Gesellschaft“. Noch nicht gemerkt das das längst so läuft? Uns brauchen Politiker nur das sie wieder gewählt werden und ordentlich Knete kriegen.
Steinbrück und wer sonst noch abkassiert. Wo wären die ohne Wähler. Ohne die hätten die nie so viel Kasse machen können.
9.
M. Angenendt schrieb am 6.11.2012 um 16:25 Uhr:
@ Torben Schultz
„So behält der ursprüngliche Stimmbesitzer stets die Kontrolle über seine Stimme“
Das wäre schön!
Wenn ich sehe, was da in der Politik abläuft, habe ich das genau gegenteilige Gefühl, nämlich, dass ich keinesfalls die Kontrolle über meine abgegebene Stimme habe. Die wollen alle nur haben.
Was ich geliefert bekomme hat herzlich wenig mit dem zu tun, was man mir versprochen hat.
Ich überlege inzwischen, ob ich überhaupt noch wählen gehen soll, denn ich fühle mich nach allen Regeln der Kunst und auch von allen Parteien regelrecht ver … schaukelt.
8.
Torben Schultz schrieb am 5.11.2012 um 21:50 Uhr:
Ich hoffe, ich hab hier schon klar genug gemacht, dass ich gewissen Prinzipien der Piraten skeptisch gegenüberstehe, aber ich zugleich die Intention teile und deswegen auch mit den Piraten darüber rede – eben über Bürgernähe und Transparenz.
Doch manchmal ist es vielleicht auch ganz gut mal einzelne Sätze etwas aus dem zusammenhang zu reißen – das mag dan erstmal böse klingen, aber vielleicht ist es ja auch manchmal nur so der nötige Denkanstoß. Also, da erklären die Piraten Bayern ganz stolz:
„[…]So behält der ursprüngliche Stimmbesitzer stets die Kontrolle über seine Stimme[…]“
Das klingt jetzt für mich wie die Revolution der Demokratie. Da sind wir der geheimen und freien Wahl ja schon ziemlich nahe. Aber solche Ironie überlasse ich eigentlich lieber den Kabarettisten 😉
Quelle obigens Zitat hier zu finden:
https://piratenpartei-bayern.de/2012/11/05/pirate-feedback-das-glaserne-wildbad-kreuth/
7.
M. Angenendt schrieb am 3.11.2012 um 17:08 Uhr:
@M.P. Heinen
Sie schrieben:
„Herr Schultz, Sie werden mir doch sicherlich zustimmen, dass ein Stammtisch nicht mit einer Mitgliederversammlung, Vorstandssitzung o.Ä. vergleichbar ist, insbesondere im Hinblick auf Verbindlichkeit eventueller Beschlüsse.“
Sehe ich anders, weil erlebt. Was nutzen Mitgliederversammlungen, Vorstandssitzungen o.Ä. wenn letztendlich einige Wenige am Stammtisch Abreden treffen. Wobei dann Stammtisch noch öffentlich und besser wäre als die Hinterzimmer oder trauten Runden zu denen sich bestimmte Leute treffen, die dann die Parteipolitik bestimmen.
Bevor Sie sich jetzt echauffieren, das trifft nicht nur für die CDU zu. SPD und FDP (evtl., wenn auch weniger ausgeprägt, die Grünen, vielleicht auch bei den Linken) sind nicht anders.
Genau das war es nämlich, was mir die Politik und persönliches Engagement verleidet hat und viele Leute teils wissen oder erfahren haben.
Diese alten Zöpfe, besser Seilschaften und Klüngel, müssten abgeschnitten werden.
Ich beobachte die Piraten mit Neugier. Genauso wie die „etablierten“ Parteien weiter zu machen geht immer. Bin auch nicht mit allem einverstanden, was ich da mitbekomme. Mal sehen, wie die das lösen werden.
Was Neues muss auf jeden Fall gefunden werden, denn an der Politikverdrossenheit sind nun mal die sogen. etablierten Parteien schuld.
So wie es ist, kann es nicht weitergehen, denn das ist nur übel.
Beziehungen und Kungeleien entscheiden über Pöstchen, Listenplätze und Kandidaturen überhaupt. Negativbeispiel ist für mich z.B. die Wahl von Frau Yüksel zur Bundestagskandidatin bei der Gladbacher SPD gewesen. So und ähnlich läuft das überall ab.
6.
Igor Markus Tischlik schrieb am 2.11.2012 um 00:39 Uhr:
Etwas zu diskutieren ist der erste Schritt, sich weiter zu entwickeln.
5.
Bock Rainer schrieb am 31.10.2012 um 23:28 Uhr:
LiquidFeedback verfehlt Demokratietest
Die Entwickler der Software LiquidFeedback haben sich ausdrücklich von der Piratenpartei distanziert, weil sie “nicht für die gesellschaftliche Etablierung von scheinbar demokratischen Verfahren” verantwortlich sein wollen.
Siehe unter….
http://internetunddemokratie.wordpress.com/2012/09/20/liquidfeedback-verfehlt-demokratietest/
4.
Torben Schultz schrieb am 31.10.2012 um 18:01 Uhr:
Herr Heinen,
ich habe ihren ersten Beitrag hauptsächlich auf diesen Punkt verstanden: „[…] ohne dabei in direkten Kontakt mit Menschen treten zu müssen“
Und da sind Stammtische, Crew-Treffen, AKs und wie es alles heißt schon noch sehr viel Menschlicher Kontakt.
Aber bei der Frage, ob verbindliche Entscheidungen im Netz getroffen werden sollen, da bin ich doch bei ihnen … wenn auch aus anderen Gründen, eben weil es eine Elektronische wahl ist.
Wir könnten jetzt auch noch auf die Probleme eingehen, wie Menschen ohne I-Net Anschluss u.Ä. sich beteiligen können. Brauchen wir aber nicht, weil sich da die Vituspiraten ja schon selbst gedanken zu machen (Vertraunspirat und so).
Fände es dann interessanter über das „Stimmen-Delegieren“ im LQFB zu unterhalten, nur dann kommen noch die ganzen weiteren kleinen Punkte dazu, über die ich eben nicht in einer Artikelkommentierung einen Aufsatz schreiben wollte.
Im übrigen sind die Piraten ja nun auch nicht meine Partei, ich muss sie nicht verteidigen oder ihre Probleme lösen.
Ich setze mich mit ihnen halt inhaltlich auseinander, so wie ich es auch mit anderen demokratischen Parteien tue (dazu zählt übrigen auch die CDU).
Und so sitze ich eben auch mal bei einem Piratentreffen. Aber ich wurde ja auch nicht ganz selten mit Mitgliedern der CDU beim Bierchen gesehen, ich hoffe sehr dass das Herrn Heinen jetzt nicht zu sehr trifft oder gar für die CDU Mitglieder folgen haben wird 😉
Allerdings würde ich Herrn Heinen schon bitten mir diesen letzten Satz mal zu erklären: „[…]Sind es doch insbesondere die Linken, die die Stammtische immer wieder in ein negatives Licht rücken…“
Wann haben wir negativ über Stammtische an sich geredet?
Ja wir verurteilen gewisse Stammtischparolen am rechten Rand, wie sie zum Beispiel jetzt wieder zu Wahlkampfzwecken von Herrn Krings geschwungen wurden.
Und ihre Parteifreunde in Essen machen das ja auch gerade sehr gut: http://twitpic.com/b915o6
3.
M.P. Heinen schrieb am 31.10.2012 um 17:13 Uhr:
Herr Schultz, Sie werden mir doch sicherlich zustimmen, dass ein Stammtisch nicht mit einer Mitgliederversammlung, Vorstandssitzung o.Ä. vergleichbar ist, insbesondere im Hinblick auf Verbindlichkeit eventueller Beschlüsse.
Und die letzgenannten Elemente sind ja nun, wie der Mitteilung zu entnehmen ist, vollständig auf LiquidFeedback verlegt.
Deshalb hat meine Aussage, dass Entscheidungen über die Politik außerhalb des direkten menschlichen Kontaktes stattfinden, selbstverständlich eine Grundlage.
Im übrigen wundert es mich doch sehr, dass Sie da so wenig differenzieren. Sind es doch insbesondere die Linken, die die Stammtische immer wieder in ein negatives Licht rücken…
2.
Torben Schultz schrieb am 31.10.2012 um 12:08 Uhr:
So wie Herr Heinen will ich es nicht formulieren, aber auch ich habe kritische Fragen an so ein System.
Nun ist zwar klar, dass Stammtische etc nicht wegfallen, also Herrn Heinens Bedenken so keine Grundlage haben, aber auch unter den Piraten selber wird das ganze nicht nur positiv gesehen … wer Lust hat mal in diesem öffentlichen Mailverteiler die Antworten durchklicken:
https://service.piratenpartei.de/pipermail/nrw-ag-oeffentlichkeitsarbeit/2012-October/thread.html#8873
Da gehen also einige soweit, dass sie eine klage dagegen fordern.
Und zum ganzen LiquidFeedback ist ja bekannt, dass sich die Entwickler schon davon distanziert haben, wie die Piratenpartei dies Tool nutzt:
http://liquidfeedback.org/2012/09/17/liquidfeedback-entwickler-distanzieren-sich-vom-einsatz-ihrer-software-in-der-piratenpartei/
Ich selber sehe aber noch was ganz anderes. Ich sehe bei der Verbindlichkeit des LiquidFeedback für Entscheidungen eine parallele zu Elektronischen Wahlen – und diese lehne ich ab, ohne wenn und aber!
Zwar ist die Software an sich OpenSource und somit Kontrollierbar, aber was in die Datenbank geschrieben wird ist IMMER hintenrum zu manipulieren.
Allerdings hatte ich ja auch vor gut einer Woche die Piraten hier mal besucht.
Da war es eine gute, aber eben in teilen auch kontroverse Diskussion. Ich werd es bei gelegenheit mal wieder so halten und deswegen hier keinen weiteren „Aufsatz“ schreiben wo ich noch überall bedenken bei diesem System habe 😉
1.
M.P. Heinen schrieb am 31.10.2012 um 11:29 Uhr:
Ein sehr guter Ansatz! Wer von uns kennt nicht dieses dringende Bedürfnis, endlich nicht mehr unter Menschen sein zu müssen?!
Mit diesem Ansatz gibt es nunmehr die Möglichkeit, für die Menschen Politik zu machen, ohne dabei in direkten Kontakt mit Menschen treten zu müssen.
Einfach nur genial! Ich hoffe aber, dass die Schulungen via youtube stattfinden, sonst hätte dieses schlüssige Konzept ja bereits erste Risse…
Und jetzt im Ernst: Ist die Individualisierung in unserer Gesellschaft so weit forgeschritten, dass es sowas braucht?
Gewisse Dinge zur Einfachheit im Internet zu klären – davon bin auch ich ein großer Fan. Hier wäre es auch schön, wenn bspw. unsere Stadtverwaltung das Mittelalter allmählich verlassen würde.
Aber Gesellschaftspolitik ohne Gesellschaft (und wenn dann nur virtuell)?
War immer der Meinung, dass die Piraten für die etablierten Parteien in mancherlei Hinsicht Vorbild sein können. Aber was die Piraten unserer Stadt vorhaben, find ich – ehrlich gesagt – einfach nur skurril…