Übergabe Masterplanbuch: Hauptredner Hans-Dieter Collinet mit kritischem Rückblick und diskutablen Empfehlungen [mit Video]
Bernhard Wilms [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Am 02.10.2013 übergab der Verein MG 3.0 im Ratssaal Abtei das Buch zum Masterplan, in dem auf über 190 Seiten die Entstehung des Masterplanes Mönchengladbach beschrieben wird. Hauptredner dieser Veranstaltung war der aus Aachen stammende Ministerialdirigent a.D. Hans-Dieter Collinet.
Collinet bestach in der ersten Hälfte seiner etwa halbstündigen Rede durch bemerkenswertes Detailwissen zur städtebaulichen Entwicklung Mönchengladbachs in den Nachkriegsjahren zur „autogerechten Stadt“.
In seiner Jugend hatte er festgestellt, dass in Mönchengladbach schon großzügig Straßen gebaut, neue Wohnviertel und Fabriken im großen Stil wieder auf- und ausgebaut wurden.
Großzügige Straßen wurden durch manche im Krieg noch nicht zerstörten gründerzeitliche Gebäudebestände geschlagen.
Später war Collinet jahrelang „unter fünf Ministern“ Leiter der Stadtentwicklung im NRW-Bauministerium und habe sich, wie Fritz Otten in seiner Ankündigung sagte, um die baukulturelle Entwicklung, Stadterneuerung und Strukturpolitik sehr verdient gemacht.
Schon damals, im Jahr 1980, habe er nicht verstanden, wieso „immer noch“ soviele überdimensionierte Straßen und Straßenkreuzungen gebaut würden, erinnerte sich Collinet.
Ebenso erinnerte Collinet daran, wie in der Folgezeit Baudezernent Helmut Hormes sich bemüht habe, „den gesellschaftlich relevanten Akteuren dieser Stadt die überholte Gedankenwelt der autogerechten Stadt der 60er und 70er Jahre mit überwiegend wenig ambitionierter, um nicht zu sagen mittelmäßiger Architektur auszureden und sie für mehr urbane wie architektonische Qualität zu begeistern.“
Zum Thema Bürgerbeteiligung äußerte Collinet sich, dass ohne das frühzeitige Mitnehmen der Bürger heute kein städtebaulich wichtiges Projekt mehr durchsetzbar sei.
Collinet erklärte seinen Zuhörern: „Nicht dass dadurch alle Konflikte ausgeräumt werden könnten – wohl aber kann es in einem sehr transparenten Prozess gelingen, Individual- oder Gruppeninteressen deutlicher von eher allgemeinwohlgeleiteten Interessen zu unterscheiden.“
Collinet ging nicht weiter auf Inhalte des Masterplanes ein, machte zum Abschluss seiner Rede jedoch vier bemerkenswerte Aussagen:
- Kommen Sie weg von der Autodominanz. Sie hat ihre Stadt schon genug geschwächt.
- Nutzen Sie die innerstädtischen Brachflächen gegen weitere Zersiedlung. Das schont auf Dauer die Finanzen. Wohnen in der Stadt stabilisiert auch den Einzelhandel, der überall unter Druck kommt.
- Greifen Sie die Anregung auf, die FHS zum Teil und Bindeglied zwischen den alten Städten Gladbach und Rheydt zu machen.
- Bauen Sie konsequent am „grünen Händedruck“ der Stadt weiter und beginnen sie mit der wunderbaren Idee zum Gladbachtal.
Gesamter Vortrag von Hans-Dieter Collinet hier als PDF zum Download.
Collinet empfahl auch: „Hüten Sie sich davor, den Plan nun im Detail zu hinterfragen sondern behalten Sie die großen Linien im Auge.“
Dazu, dass dieser Empfehlung nur schwerlich zu folgen sein wird, trugen der Verein MG 3.0 und die Masterplaner selbst bei.
Der kontinulierlich gestiegene Detaillierungsgrad des Planes fordert das Hinterfragen eben von gerade diesen Details geradezu heraus.
Er verunsichert in vielen Bereichen der Stadt die Eigentümer und Mieter von Bestandsimmobilien, weil entgegen der Behauptung der Masterplan-Befürworter, die Bürger eben nicht hinreichend „mitgenommen“ wurden.
Ihnen wurden die kurz- und mittelfristigen Konsequenzen aus dem Masterplan nicht transparent dargestellt.
Stattdessen haben die Masterplaner diese Diskussionen in die politischen Gremien „transferiert“ und versuchen nun diese Gremien (letztendlich also die Politiker) in der Rolle der „Verteidiger“ des Masterplanes als Befürworter ihrer Sache zu vereinnahmen.
Dem haben die Vertreter der politischen Gruppierungen und die Spitze der Verwaltung dadurch Vorschub geleistet, dass sie sich kritiklos in einer nicht nachvollziehbaren Masterplan-Euphorie ergehen.
Wenn Hans-Dieter Collinet in seiner „Außensicht“ den Dialog mit der Bürgerschaft als beispielhaft bezeichnet, der den Masterplan „unumkehrbar“ gemacht habe, könnte dies daran liegen, dass er nicht über die Detailkenntnisse gerade zum Problembereich „Bürgerbeteiligung im Masterplan-Prozess in Mönchengladbach“ verfügen konnte und sich deshalb vorrangig auf Basis von Informationen des Vereines MG 3.0 dazu äußerte.
Collinet, selbst Vorsitzender des Gestaltungsbeirates in Aachen, empfahl die Installation eines ehrenamtlichen Gestaltungsbeirates auch in Mönchengladbach.
Die Umsetzung eines Auftrages aus dem Ratsbeschlusses vom 22.12.2010, einen Gestaltungsbeirat zu bilden und hierfür eine Geschäftsordnung auszuarbeiten, steht bislang noch aus.
2.
marcel 34 schrieb am 8.10.2013 um 21:31 Uhr:
Ich hätte schon ein Vorschlag für den ehrenamtlichen Gestaltungsbeirates, ……Bude / Gersmann / Bohlen / Jessen…. .
Verarschung am Bürger! 🙂
1.
Ypsilon schrieb am 8.10.2013 um 10:52 Uhr:
Lese ich heute, was Herr Elsen in der RP zum Besten gibt, frage ich mich, ob die überhaupt jemals zuhören, was Masterplaner und andere Fachleute, wie hier sehr eindrucksvoll Herr Collinet, zum Verkehr in dieser Stadt immer und immer wieder erzählen.
Vermutlich wollen die nur hören, was sie hören wollen, wo es passt oder lukrativ ist.
Den Deutschen Michel kann man bekanntlich umso schöner einseifen, je mehr man ihm sein Räppelchen, nämlich das Auto und fahren desselben nach Herzenslust und unter dem Motto: „Freie Fahrt für freie Bürger“ lässt.
Die Kommunalwahl 2014 lässt schon mal grüßen. Fehlt nur noch die FDP mit der Steuersenkungsarie.
Schön, wenn hier auch an der falschen Stelle, ist in dem erwähnten Artikel vor allem die geradezu unangenehm wirkende Anbiederung der SPD an die CDU, die gerade in Rheydt dank der Verbindung Gersmann/Bude (der schon lange aus Bequemlichkeit mehr schwarz als rot ist) immer stärker auffällt.
Gerade in Rheydt war das vor der „Ära Gersmann“ nie so ausgeprägt der Fall … vieleicht aber latent.