Wenn Schornsteinfeger ihrer Verantwortung nicht gerecht werden • Eine „Gedankenreise“ auch zu „Nebentätigkeiten“ • Teil VII: EIN IN VIELERLEI HINSICHT INTERESSANTES URTEIL
Andreas Döring [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
[31.03.2017] Das Verwaltungsgericht Neustadt fasste am 23.02.2006 einen bemerkenswerten Beschluss.
Das Gericht stellt u.a. in einem „Leitsatz“ fest:
„1. Verstößt ein Bezirksschornsteinfegermeister gegen seine Pflicht zur Feuerstättenschau durch persönliche Besichtigung und gegen seine Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Führung des Kehrbuches, rechtfertigt dies Aufsichtsmaßnahmen der zuständigen Behörde.“ (Zitat Ende)
In der Urteilsbegründung heißt es u.a.:
„Gemäß § 13 Absatz 1 Nr. 2 SchfG hat der Bezirksschornsteinfegermeister sämtliche Schornsteine, Feuerstätten, Verbindungsstücke und Lüftungsanlagen oder ähnliche Einrichtungen auf ihre Feuersicherheit (§ 1 Abs. 2) in den Gebäuden, in denen er Arbeiten durchzuführen hat, durch persönliche Besichtigung innerhalb von fünf Jahren, und zwar jährlich in einem Fünftel seines Bezirks, zu überprüfen (Feuerstättenschau).
Gegen diese Pflicht zur Feuerstättenschau durch persönliche Besichtigung, die eine der zentralen Aufgaben eines Bezirksschornsteinfegermeisters darstellt, hat der Kläger im fraglichen Zeitraum in so schwerwiegender und nachhaltiger Weise verstoßen, dass nach Auffassung der Kammer nicht nur eine Aufsichtsmaßnahme nach § 27 SchfG, sondern sogar ein Widerruf der Bestellung nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 SchfG in Betracht kam.
Die Überprüfung im Kehrbezirk hat nämlich ergeben, dass die Feuerstättenschauen im Kehrbezirk entgegen der zwingenden gesetzlichen Vorgabe nicht vom Kläger persönlich, sondern von seinem Mitarbeiter, dem Meistergesellen K., durchgeführt wurden.
Die Aufsichtsbehörde steht ansonsten bei einem erneuten Vorfall eventuell ebenfalls mit in der Haftung, falls keine Prüfung angeordnet wurde.“ (Zitat Ende)
Interessant an diesem Urteil ist nicht nur der „sachliche“ Inhalt, sondern auch der Auszug aus der einführende Beschreibung des Gerichtes zum Tatbestand und hier insbesondere zur Nebentätigkeit des beklagten Bezirksschornsteinfegers:
„Tatbestand
1 Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung eines Warnungsgeldes sowie die Heranziehung zu Kosten einer Kehrbezirksüberprüfung durch den Beklagten.
2 Der Kläger wurde am 1. Januar 1999 zum Bezirksschornsteinfegermeister auf Probe für den Kehrbezirk X bestellt.
Die endgültige Bestellung erfolgte am 1. Januar 2000. Zum 1. April 2003 wechselte er in den Kehrbezirk Y.
3 Der Kläger war bis Anfang Januar 1999 Geschäftsführer der Fa. C. GmbH. Seit dem 4. Januar 1999 ist seine Mutter … B. als Geschäftsführerin dieser Firma im Handelsregister eingetragen.
Weiter ist der Kläger Kommanditist der Fa. A. & Co, die sich mit dem Handel von Baustoffen, insbesondere von Metallschornsteinen sowie deren Herstellung beschäftigt.
Schließlich gibt es die A. Geschäftsführungsgesellschaft mbH. Gegenstand dieser Gesellschaft ist die Beteiligung an der Fa. A. GmbH & Co als persönlich haftende Gesellschafterin und die Übernahme der Geschäftsführung dieser Gesellschaft.
Als Geschäftsführerin ist Frau … B. ins Handelsregister eingetragen. Sitz der drei Firmen ist … .
4 Im Jahr 2001 kam beim Beklagten der Verdacht auf, dass der Kläger in größerem Umfang unerlaubten Nebentätigkeiten nachgehe.
Grundlage dieser Annahme war neben weiteren Erkenntnissen die Aussage Herrn F., der von Anfang 2000 bis Oktober 2000 bei der Fa. C. GmbH als Arbeitnehmer beschäftigt war.
Nach dessen Angaben soll der Kläger im fraglichen Zeitraum in erheblichen Umfang weiter für die Fa. C. GmbH tätig gewesen sein.
Die Arbeit im Kehrbezirk sei weitgehend von einem Gesellen verrichtet worden, den der Kläger morgens telefonisch angewiesen habe.
Vor Ort in seinem Kehrbezirk X sei der Kläger vielleicht einmal pro Woche gewesen.“
(Zitat Ende)
Wenn Sie das jetzt so lesen, können Sie Ihre eigenen Erfahrungen, die Sie mit Ihrem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger und den Aufsichtsbehörden gemacht haben, ja mal so langsam abgleichen.
Foto: Thorben Wengert | pixelio.
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Teil I: Es geht meist um Leib und Leben
Teil II: Das Schornsteinfeger-Gesetz
Teil III: Der „bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger mit hoheitlichen Aufgaben“
Teil IV: Der Bezirksschornsteinfeger und seine Nebentätigkeiten
Teil VI: „Augenblicksversagen“ vs. „Schlamperei“
Teil VII: Ein in vielerlei Hinsicht interessantes Urteil
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