Wenn Schornsteinfeger ihrer Verantwortung nicht gerecht werden • Eine „Gedankenreise“ auch zu „Nebentätigkeiten“ • Teil V: DAS STRAFGESETZBUCH

Andreas Döring [ - Uhr]

[31.03.2017] Auch lohnt ein Blick in den § 331 des StGB (Strafgesetzbuch):

„(1) Ein Amtsträger, ein Europäischer Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ein Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(3) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn der Täter einen nicht von ihm geforderten Vorteil sich versprechen lässt oder annimmt und die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme vorher genehmigt hat oder der Täter unverzüglich bei ihr Anzeige erstattet und sie die Annahme genehmigt.“ (Zitat Ende)

 

Die Quintessenz für jeden bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger ist dabei sehr einfach: „Er darf sich oder dritten keinen Vorteil verschaffen“, egal wie er die Kenntnis erhält, die ihm im Nebenerwerb Umsatz und Gewinn verspricht.

Denn „er“ ist immer in erster Linie „bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger“ und dann erst privater Unternehmer mit welcher Tätigkeit auch immer.

Das Kunststück, das die Politik vom bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger mit Nebentätigkeit verlangt, ist nämlich, er – der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger – als juristische Person hat noch eine weitere juristische Person im selben Körper, nämlich den privaten Einzelunternehmer oder den privaten Menschen mit einer Beteiligung z. B. an einer Handelsgesellschaft.

Und nur mal angenommen, Sie finden einen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger, der im Nebenerwerb z. B. auch noch Kaminöfen anbietet und den Verlockungen der Vorteilsbeschaffung durch seinen hoheitlichen Status nicht erliegt, indem er wirklich 100% regulär und rechtskonform arbeitet …

  • aber z. B. ein eigenes Ofen-Studio betreibt, das ganz normal im Wettbewerb mit anderen Ofen-Studios steht und er nur Werbung in Zeitungen macht oder durch eine gute Lage seines Geschäftes viel Laufkundschaft hat …
  • und nicht auf seine „Möglichkeiten“ als bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger verweist …
  • wohl aber mit großer Wahrscheinlichkeit auch Kaminöfen an denselben Menschen in seinem „bevollmächtigten“ Bezirk verkauft und ihn verbaut …

Wie stellt sich die Situation dann dar?

Hier hat der Gesetzgeber mitgedacht, denn wie schon erwähnt, steht in §12 des Schornsteinfeger-Gesetzes:

„Bezirksschornsteinfegermeister dürfen keine Bescheinigungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 für Anlagen in ihrem Bezirk ausstellen, die sie oder Angehörige ihres Betriebs verkauft oder eingebaut haben.

§ 20 gilt entsprechend.“ (Zitat Ende)

 

Das zählt zwar auf den ersten Blick nur für die „Erstabnahme“, die dann ein anderer bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger durchführen soll.

Dieser wird im Übrigen vom eigentlichen Bezirksinhaber, also Ihrem „bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger“, (der als Ihnen Privatunternehmer den Ofen verkauft hat) ausgesucht.

Faktisch mit der Konsequenz, dass die wiederkehrende Feuerstättenschau auch nicht mehr durch

„Ihren“ bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger, sondern durch einen Vertreter durchgeführt werden muss.

Also: Ihr „bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger“ (der Ihnen den Ofen verkauft hat) bestimmt seinen „prüfenden Vertreter“ selbst.

Na, was denken Sie jetzt?

Ganz so weit sind wir von einer „república de bananas“ nicht entfernt…

Nein, wir stecken wohl eher schon mitten darin in den meisten offensichtlichen Fällen von Amtsmissbrauch durch

  • Vorteilsnahme,
  • oder falscher bis gar nicht durchgeführter Feuerstättenschau (= Gefährdung der öffentlichen Sicherheit),
  • oder Auftragserschleichung unter falschen Vorgaben z. B. vermeintlich notwendige Schornsteinsanierung,
  • oder Abnahme von eigener Arbeit,
  • oder Gefälligkeitsabnahme für Kollegen,
  • oder Absprachen unter Schornsteinfegern, sich nicht gegenseitig bei den Kehrarbeiten Konkurrenz-Angebote zu machen,
  • oder …, oder …, oder,…

Wenn man sich jetzt den Fall des eingestürzten Schornsteinkopf näher anschaut und weiter hinterfragt, dann bekommt der von mir zu Anfang geschriebene Satz eine ganz andere Tiefe:

„Der eingestürzte Schornsteinkopf weist dabei „Qualitäten“ auf, die dem normalen Bürger nicht bewusst sind und wohl auch nicht gleich bewusst sein können, wohl aber den in diesem Fall zu ständigen Aufsichtsbehörden.“

Foto: Sascha Sebastian | pixelio

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Teil I: Es geht meist um Leib und Leben

Teil II: Das Schornsteinfeger-Gesetz

Teil III: Der „bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger mit hoheitlichen Aufgaben“

Teil IV: Der Bezirksschornsteinfeger und seine Nebentätigkeiten

Teil V: Das Strafgesetzbuch

Teil VI: „Augenblicksversagen“ vs. „Schlamperei“

Teil VII: Ein in vielerlei Hinsicht interessantes Urteil

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Gesamte Themenreihe „Wenn Schornsteinfeger ihrer Verantwortung nicht gerecht werden • Eine „Gedankenreise“ auch zu „Nebentätigkeiten“

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