Kanalprüfung: Angeblich „bürgerfreundliche“ Gesetzesvorlage von Rot-Grün harmlos verpackter Sprengstoff mit Langzeitwirkung? [mit O-Ton]
Klaus Lau [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Entgegen allen bisherigen Verlautbarungen aus Regierung und vieler Medien handelt es sich bei dem am 24.10.2012 im Umweltausschuss vorgestellten Gesetzesvorhaben der Regierung um alles andere als eine bürgerfreundliche Lösung.
Es würde vielmehr lediglich das milliardenschwere Umsatzpotential der Saniererbetriebe den betriebsbedingt begrenzten Maschinen- und Personalkapazitäten der Branche angepasst werden.
Umsatz und Gewinne im Prüf- und Sanierergewerbe wären weiterhin für Jahrzehnte gesichert – mit unendlichem Wiederholungsmodus.
Verschärfte Satzungen durch Kommunen?
Das Umweltministerium Düsseldorf gab nämlich in seiner Pressemitteilung vom 24.10.2012 bekannt, dass die Kommunen entgegen den publikumswirksam gestreuten Eindrücken von Bürgerfreundlichkeit für alle Gebiete außerhalb von Wasserschutzgebieten eigene, verschärfende Satzungen erlassen können und sollen.
Die Vorgehensweise ist jeweils mit der zuständigen Bezirksregierung abzustimmen, die ihrerseits direkt dem gerünen NRW-Umweltminister Johannes Remmel untersteht, dessen Partei ohne Durchführung der flächendeckenden Dichtheitsprüfung immer noch die Standfestigkeit unserer privaten Wohnhäuser gefährdet sieht.
Die städtische Satzungsbefugnis zur Prüfung privater Hauskanäle käme einem Freibrief mit Inkassoberechtigung für marode Kommunalkassen gleich.
Insbesondere deswegen, weil keinerlei objektiv wissenschaftlich zu ermittelnde und einzuhaltende Rahmenvorgaben, wie negativ auffällige Trinkwasseranalysen als zwingende Voraussetzung vorgesehen sind.
Auch wären bisher zugelassene Drainagen unter Bußgeldandrohung zu entfernen.
Die jeweilige Stadt würde zusätzlich zu anderen Steueranteilen zusätzlich noch die volle Gewerbesteuer aus sicher zu erwartenden satten Unternehmensgewinnen erhalten.
Das Gesetz mit den vorgesehenen Verordnungen wäre ein nahezu unerschöpfliches Potential für weitere „Sparmaßnahmen“ aller NRW – Gemeinden.
Die Prüfungen in Wasserschutzgebieten wären alle 10 Jahre zu wiederholen.
In NRW gibt es z.Zt. 418 Wasserschutzgebiete, 376 weitere sind geplant. Die gigantische Dimension der trickreich angelegten „bürgerfreundlichen“ Lösung wird noch deutlicher, wenn man z. B. sieht, dass mehr als die Hälfte Kölns ausgewiesenes Trinkwasserschutzgebiet ist.
Als würde das immer noch nicht reichen, verlangte der umweltpolitische Sprecher der Grünen Hans Christian Markert in der aktuellen Sitzung des Umweltauschusses vom 24.10.2012 zusätzlich noch eine Prüfbescheinigung bei jedem einzelnen Hausverkauf, ähnlich dem Energiepass.
Bewertung
Die von Rot-Grün geplanten Maßnahmen haben mit Bürgerfreundlichkeit und Erleichterung nicht das Geringste zu tun.
Sie würden bei Umsetzung lediglich das garantierte Umsatzpotential der Sanierer nach dem selbstgefälligen Erfüllungsrhythmus der Kommunen in Bezug auf die eigene, oft längst überfällige Prüf- und Sanierungspflicht sowie den Betriebskapazitäten der Sanierer strecken.
Die durch die aktuelle Regierung geplante Gesetzgebung dürfte sowohl unter den grundgesetzlichen Vorgaben als auch den EU – Leitlinien zum immer wieder hilfsweise bemühten „Vorsorgeprinzip“ rechtlich keinen Bestand haben können, weil nämlich das zwingend gebotene Verhältnismäßigkeitsprinzip zwischen dem den Bürgern zugemutetem Aufwand und dem angeblich sinnvoll zu erreichenden Ziel eklatant verletzt wäre.
Die trotz intensiver Gefährdung durch Landwirtschaft und Friedhöfen stets und ständig hervorragenden Trinkwasserwerte bereits ab Tiefbrunnen in Mönchengladbach hatte ich früher bereits dargestellt und können geradezu als Paradebeispiel für die ökosoziale Sinnleere der flächendeckenden Kanalprüfung ohne objektiv wissenschaftlich gesicherte Anlässe (z. B. nach einem Chemieunfall oder aus anderen Gründen negativ auffällige Trinkwasserwerte) dienen.
Allein der FDP/CDU-Vorschlag geht in diese Richtung, die auch von den PIRATEN mitgetragen würde.
Einige der SPD–Landtagabgeordneten fühlen sich wohl noch dem kleinen Koalitionspartner und damit dem Fraktionszwang verpflichtet und trauen sich (noch) nicht zu, ohne persönliche Nachteile der Verpflichtung aus ihrem Wählerauftrag zu folgen.
O-Ton wdr5
Dazu berichtete wdr5 am 24.10.2012 im Landesmagazin Westblick.
Hier ein Mitschnitt:
[audio: 12-10-24-wdr5_westblick_20121024_1800.mp3][ca. 6 Min]Ergänzende Dokumente
Presseinformation der Landesregierung vom 24.10.2012
4.
Stadtfilzer schrieb am 30.10.2012 um 22:30 Uhr:
„Alternativ die Baustellenabnahme der Kommune funktioniert“.
Ne, die funktioniert nicht. Die haben kein Personal oder viel zu wenig dafür.
Ich meine das macht die NEW. Prüft sich also meistens selbst.
Nicht nur die Kanalanschlüsse könnten einen Knacks bekommen. Auch unsere Straßen. Die sind nicht nur durch Abnutzung Schlaglochpisten.
Viele Löcher entstehen durch die ständige Buddelei und weil niemand prüft, ob die Straßendecke wieder ordnungsgemäß geschlossen wurde.
Oberbau, Unterbau, Untergrund, wer weiß wie es da aussieht – wo kein Kläger oder Kontrolleur, da kein Richter.
3.
nihil-est schrieb am 30.10.2012 um 18:04 Uhr:
Auch wenn ich es mir ( oder der hier mehr oder minder geneigten Leserschaft ) ersparen wollte….. jetzt geb ich halt auch meinen Senf dazu.
Relativ unbeleuchtet in der ganzen Diskussion ein Detail. Ich finde: es ist wichtig.
Aktuell buddelt mal wieder die NEW´hier vor der Haustüre.
Wer kennt das nicht??? Alle Nase lang wird wie blöde rumgebaggert auf der Strasse.
Gefühlt – oder doch real? – kaum schüttet die NEW´das Loch wieder zu reisst es die Telekom für neue Glasfasern auf. Zue Löcher gibt es nicht, also buddelt der Nächste. Von mir aus wieder die NEW´, jetzt aber für die Gasleitung.
Buddel hin – buddel her….immer Baustelle. Alle Jahre wieder.
“ Bodo mit dem Bagger “ ( Anlehnung an ein Lied der 80er ) kommt eh bald wieder.
*W*E*R* sagt mir denn das all die buddelei nicht die Rohre kaputt macht ?!?
Wenn ich die teils “ Gestalten “ sehe welche da buddeln ( ab 3 Promille, Leergut um 10€ + Flachmänner für den Altglascontainer ) wird mir Angst&Bange.
ALLE buddeln brav rund um/über/auf meinem vermaledeitem Abwasserrohr rum!!!!!
Baustellenabnahme ( Kommunale OBLIEGENHEIT!!!! ) hingegen sehe ich leider nicht.
Was ist denn nun mit dem VERURSACHERPRINZIP ???
Ich als ( auch ) blöder Vermieter kann nicht zu den gefühlten 3 Stunden täglich, alle 20 Wochen, daneben stehen und auf meinen Zulauf zum Abwasserkanal Obacht geben wenn die Bauarbeiter da buddeln. Evtl. MEIN Rohr kaputt machen.
Ich als blöder ( auch ) Vermieter kann doch nur hoffen, da ist wenig effektiv, das die NEW´richtig buddelt. Alternativ die Baustellenabnahme der Kommune funktioniert.
Bislang zumindest – ich mag mich irren – hat die kommunale Bauaufsicht noch NIE kaputte Rohre gefunden bei der NEW´-Buddelei. Das mag für tolle Arbeit der NEW´stehen….alternativ aber auch für schlampige Bauaufsicht 😉
Daher ( auch als Vermieter ) frage ich mich schon wie es überhaupt mit dem Verursacherprinzip bestellt ist!!!
Nur so am Rande, nebenbei
2.
M. Angenendt schrieb am 30.10.2012 um 17:32 Uhr:
Wie muss man diesen Satz aus der Presseinformation verstehen?:
„Das Land NRW wird sich wegen der unzureichenden Vorgaben des Bundesrechts und der unterschiedlichen Auslegungsvarianten in den Ländern bei der Bundesregierung für eine bundeseinheitliche Regelung einsetzen.“
Die Vorgaben des Bundes sind unzureichend. Aha. Deshalb darf sich jedes Bundesland was Eigenes stricken? NRW kommt mit diesem lauen oder besser faulen „Kompromiss“ daher?
Angeblich aus Sorge um unser aller Wohl?
In der PE steht: Wasser ist nach Aussagen des Ministers (Remmel) eine elementare Ressource und eine unverzichtbare Grundlage für das Leben von Mensch, Flora und Fauna. „Es ist daher erforderlich, Grund- und Oberflächengewässer nachhaltig zu schützen.“
Na prima. Wie ist das mit RWE und dem Braunkohletagebau. Die graben uns regelrecht das Wasser ab und vernichten wertvolle, qualitativ sehr gute Grundwasservorkommen. Dafür gibt es mal prima Oberflächenwasser aus dem Rhein. Ist das egal? Da fragt keiner, ob das noch nötig ist. Das Wasser von Kölle is jut? Glaube ich nicht.
Dafür werden jetzt die Bürger wieder geschröpft.
Besonders gefällt mir dieser Satz:
„4. Für andere private Abwasserleitungen außerhalb von Wasserschutzgebieten werden keine landesrechtlichen Vorgaben gemacht. Die Kommunen können allerdings ihrerseits durch Satzung festlegen, innerhalb welcher Frist, je nach Anforderung der örtlichen Abwasserkonzeption, eine Bescheinigung über das Ergebnis einer Prüfung vorzulegen ist.“
Verstehe ich das richtig, dass die Kommunen (je nach örtlicher Abwasserkonzeption) die Prüfung außerhalb von Wasserschutzgebieten nach eigenem Gusto regeln können? Also jede kann machen was sie will? Prima!
Schön diese Ausführungen:
„5. Ergibt sich nach der Funktionsprüfung ein Sanierungserfordernis, sollte lediglich bei einsturzgefährdeten Abwasserleitungen (Schadensklasse A) eine kurzfristige Sanierungsfrist vorgegeben werden.“
Was denn nu? Einsturzgefährdet und dann „sollte“, nicht „muss“, Sanierungsfrist vorgegeben werden?
„Bei mittleren Schäden (Schadensklasse B) soll eine Sanierung innerhalb von zehn Jahren durchgeführt werden.“
Zehn Jahre? Dann kann es nicht so gefährlich sein und ergo die Dichtheitsprüfung erst recht wieder fraglich. Und: „Geringfügige Schäden müssen nicht saniert werden.
Durch einheitliche Anforderungen im Wege einer Rechtsverordnung sollen die Qualifikationsanforderungen an die Prüfenden sowie die Qualitätsanforderungen an die Prüfungsmethoden konkretisiert und festgeschrieben werden.“
Geringfügige Schäden, die das Normale sein werden, müssen nicht saniert werden. Wozu dann der Aufwand?
Ein normal denkender Mensch kann sich bei sowas nur verwundert die Augen reiben.
Wobei ich skeptisch bleibe, ob so mancher „Schaden“ oder „Undichtigkeit“ nicht erst durch die Prüfung entsteht, wenn mittels Druck geprüft wird. Wie soll das ein Hausbesitzer prüfen bzw. beweisen können? Von zwei verschiedenen Unternehmen, einem vor Prüfung durch ein anderes Unternehmen fotografieren lassen?
Bleibt zu hoffen, dass die Mitgliedsstädte und –gemeinden des Städte- und Gemeindebundes NRW sich an dessen Empfehlung halten:
„Den Städten und Gemeinden wird empfohlen, zunächst abzuwarten, wie endgültig die gesetzliche Neuregelung aussehen wird. In der Zwischenzeit sollte kein Grundstückseigentümer aufgefordert werden, bei bestehenden Abwasserleitungen, die noch nicht auf Dichtheit geprüft worden sind, Prüfungen durchzuführen.“
Sollte es letztendlich doch dazu kommen, dass dieser Unsinn gestoppt wird, hätten wieder die das Nachsehen, die durch ihre Kommune zur Dichtheitsprüfung bereits gezwungen wurden.
1.
Provinz-Posse schrieb am 28.10.2012 um 13:16 Uhr:
Es kann ja nicht verwunderlich sein, dass das hochverschuldete NRW versucht neue Einnahmequellen zu erschliessen.
Natürlich auch für die Kommunen.
Es zahlt ja nur der Hauseigentümer, weit gefehlt nicht nur er, sondern auch der Mieter, da diese Kosten umlagefähig sind.
Die Nebenkosten sind der NRW Regierung scheinbar noch zu gering.
Jeder, der den verantwortlichen Parteien bei der letzten Landtagswahl seine Stimme gegeben hat, bekommt nun die Quittung.
Falls die Nebenkosten zu hoch sind, gibt es ja noch die Suppenküche, Tafel u.a. Einrichtungen.