GroKo und Baudezernent „unterliegen“ Fehleinschätzungen zu Inklusion und Barrierefreiheit in Möchengladbach

Bernhard Wilms [ - Uhr]

In der gestrigen Sitzung des Planungs- und Bauausschusses (16.02.2016) lehnten CDU, SPD und FDP den Antrag von B90/Die Grünen ab, Maßnahmen zur Herstellung von Barrierefreiheit in bzw. an öffentlichen Stellen zu beschließen.

Offensichtlich angestoßen durch das Statement des stellvertretenden VdK-Kreisvorsitzenden Werner Knor anlässlich der Verleihung des Inklusionspreises im Carl-Orff-Saal der Mönchengladbacher Musikschule, stellten die Grünen einen Antrag u.a. mit diesen Eckpunkten:

  • Herstellung von Barrierefreiheit im weitesten Sinne im Rathaus Abtei, der Kaiser-Friedrich-Halle, dem Carl-Orff-Saal und in Schmölderpark, Bunten Garten und Volksgarten.
  • Aufstellung einer Übersicht zu städtischen barrierefreien und nicht barrierefreien Objekten
  • Berücksichtigung aller kommunalen Aspekte der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK)

An der Veranstaltung am 23.01.2016 nahmen Vertreter aller im Rat vertretenn Parteien teil und die kritische Reflexion Knors zur Frage „Mönchengladbach & Inklusion – Zwei Welten begegnen sich?“ zur Kenntnis.

Dass insbesondere die GroKo-Mitglieder im Bauausschuss überhaupt kein substanzielles Interesse an einer grundsätzlichen Betrachtung von „Inklusion“ und „Barrierefreiheit“ zeigten, kann zeitliche Gründe, fachlich-inhaltliche Aspekte und/oder politische Hintergründe gehabt haben.

Zeitliche Aspekte könnten ein Grund gewesen sein, weil der Antrag erst fast am Ende der Sitzung des Bauausschusses (Beginn 15:00 Uhr) gegen 20:30 Uhr behandelt wurde und auf Grund fehlender Pause die Konzentrationsfähigkeit der Ausschussmitglieder gesunken sein könnte.

Dem steht entgegen, dass nach der Ablehnung des Antrages der Grünen, Baudezernent Dr. Bonin (CDU) in epischer Breite zur Brücke zwischen Krichelstraße und Museum Abteiberg referierte und die volle Aufmerksamkeit der Ausschussmitglieder hatte.

Bei den fachlich-inhaltlichen Aspekten unterlagen die Wortmeldungen aus der Reihe der Antragsgegner diversen Irrtümern, falschen Informationen, Interpretationen und politischen Fehleinschätzungen.

Allen voran der SPD-Sprecher im Bauausschuss Thomas Fegers. Im Hauptberuf SPD-Fraktionsgeschäftsführer.

Fegers erklärte, er wisse aus der Sitzung des Sozialausschusses am 01.09.2015, dass man beim Thema Inklusion in Mönchengladbach „sehr gut“ arbeite.

Dabei unterlag er dem Irrtum einer Falschinformation oder einer Fehlinterpretation, dass dies dadurch bewiesen sei, dass der Inklusionsbeauftragten zugestanden wurde, zukünftig nicht mehr jährlich, sondern nur noch alle zwei Jahre berichten zu müssen.

Diese Aussage Fegers‘ war ebenso falsch, wie seine Schlussfolgerung, alles sei auf dem „richtigen Weg“.

Wahr und richtig ist, dass die Reduzierung der „Berichtsfrequenz“ auf Vorschlag der Inklusionsbeauftragten zustande kam, weil ein solcher Bericht sechs Wochen Arbeitszeit erfordert.

Dies hätte Fegers als Fraktionsgeschäfts­führer wissen können, so er sich vorab mit der Niederschrift vom 01.09.2015 befasst hätte, zumal der Sozialausschuss unter SPD-Leitung steht.

Gegen die Behauptung „alles sei auf dem richtigen Weg“ spricht auch die in der Niederschrift dokumentierte Tatsache, dass sich das bisherige „Konzept“, alle Bereiche der Verwaltung zu schulen, als nicht durchführbar erwiesen habe und daher nicht weiter verfolgt würde.

Dass es nicht zutrifft, dass – wie in der Niederschrift vermerkt ist – die Inklusionsbeauftragte den Bericht „vorgestellt“ habe, sei dabei nur am Rande bemerkt. Diese Möglichkeit wurde der Inklusionsbeauftragten nicht gegeben.

Die Frage von Herbert Hölters (FDP), nach welchem Konzept die Verwaltung beim Thema Inklusion bislang arbeite, blieb unbeantwortet.

Joachim Roeske stellte für die CDU-Fraktion zutreffenderweise fest, dass Inklusion „Pflichtaufgabe“ der Verwaltung sei.

Allerdings „unterlag“ auch er schon angesichts der von den Grünen beantragten Maßnahmen der Fehleinschätzung, dass „die Verwaltung“ richtig gearbeitet habe.

Wie schon in anderen Situationen und bei „Nicht-GroKo-Anträgen“ zu anderen Themen fragte er (vor diesem Hintergrund), ob der Antrag überhaupt gestellt werden müsse.

Nicht unerwartet lenkte der Technische Beigeordnete Dr. Gregor Bonin (CDU) auf „abgestimmte“ Maßnahmen im Schulbereich.

Dort gebe es durch den Haushalt abgedeckte Maßnahmen.

Erkennbar war, dass Bonin nicht bereit ist, eine Übersicht zu städtischen barrierefreien und nicht barrierefreien Objekten zu erstellen, wie sie von den Grünen auch beantragt wurde.

Geschickt stellte er zwar die Verbindung zur Finanzierung von Maßnahmen zur Barrierefreiheit über den Haushalt her, unterlag jedoch damit der falschen Einschätzung, dass Barrierefreiheit eine Frage des Geldes sei.

Bonin sieht keine Notwendigkeit, eine komplette Darstellung städtischer Objekte vorzunehmen. Wie er dann eine fachlich fundierte Priorisierung für den Einsatz von Haushaltsmitteln für diese Zwecke vornehmen will, war nicht zu erkennen.

Die von den Grünen vorgeschlagenen Maßnahmen zu den Behindertentoiletten in Parks sieht Bonin als Aufgabe der AöR.

Die Frage des Ausschussvorsitzenden Horst-Peter Vennen (SPD) an die Grünen, ob sie den Antrag aufrecht erhalten würden, hatte mehr formalen Charakter, da nicht zu erwarten war, dass diese den Antrag zurückziehen würden.

Dr. Boris Wolkowski (B90/Die Grünen) meinte dazu, dass gerade die Aufstellung der Objekte unter „Barrierefrei-Gesichtspunkten“ die Grundlage für Entscheidungen biete.

Das Entscheidende sei, Missstände zu erkennen und kontinuierlich priorisierte Handlungsfelder daraus abzuleiten.

Wenn auch der Antrag der Grünen im Planungs- und Bauausschuss erkennbar aus politischen und nicht aus inhaltlich-sachlichen Gründen keine Mehrheit fand, hat er doch Klarheit gebracht, was Menschen mit Behinderungen auf bau-politischer Ebene von der GroKo erwarten dürfen.

 

Ein Kommentar zu “
GroKo und Baudezernent „unterliegen“ Fehleinschätzungen zu Inklusion und Barrierefreiheit in Möchengladbach”
  1. Aber bitte!

    Dr. Bornin sowas zuzumuten. Barrierefreiheit. Kommt die im Masterplan vor?

    Aus dem Artikel:

    „Erkennbar war, dass Bonin nicht bereit ist, eine Übersicht zu städtischen barrierefreien und nicht barrierefreien Objekten zu erstellen, wie sie von den Grünen auch beantragt wurde.

    Geschickt stellte er zwar die Verbindung zur Finanzierung von Maßnahmen zur Barrierefreiheit über den Haushalt her, unterlag jedoch damit der falschen Einschätzung, dass Barrierefreiheit eine Frage des Geldes sei.“

    Da fällt mir ein, hat der Baudezernent inzwischen seinen Dienstwagen, der über die WFMG laufen soll?

    Auch eine Frage des Geldes?

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