JHQ: Rat beauftragt Verwaltung mit der Prüfung, ob die Stadt als Erwerber des JHQ-Geländes auftreten kann – Interview mit Karl Sasserath (B90/Die Grünen)
Red. Politik & Wirtschaft [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
In der Ratssitzung am vergangenen Mittwoch (23.05.2012) legte Karl Sasserath (Grüne) für die Ampel eine Erweiterung des Beschlussvorschlages zum weiteren Vorgehen in Sachen „Konversion des JHQ-Geländes“ vor.
Der Vorschlag der Verwaltung sah neben der obligatorischen „Kenntnisnahme“ vor, „die Verwaltung zu beauftragen, die weiteren Schritte zur Konversion der Joint Headquarter (JHQ) auf der Basis der Ergebnisse der Zukunftswerkstatt einzuleiten.“
Welche Schritte dies sein würden, läge dann in der Hand der Verwaltung.
Nicht zwingend wäre bei Verabschiedung in der vorgeschlagenen Form die Prüfung der Option gewesen, dass auch die Stadt gegenüber der Bima (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) als Erwerber auftreten würde.
Mit dieser Prüfung wurde die Verwaltung nunmehr mit breiter Ratsmehrheit explizit beauftragt.
Über das Ziel dieser Initiative sprachen wir mit Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Mönchengladbach Rat, Karl Sasserath:
BZMG: Herr Sasserath, in der Ratssitzung am 23.05.2012 hat die Ampel über die von der Verwaltung vorgeschlagene Kenntnisnahme und den Auftrag, auf der Basis der Ergebnisse der Zukunftswerkstatt weitere Schritte einzuleiten, hinaus den Antrag gestellt, durch die Verwaltung auch den Erwerb des JHQ-Areals zu prüfen.
Da Sie den Zusatzantrag vorgetragen haben, darf angenommen werden, dass die Idee dazu von den Grünen kam. Vor welchem Hintergrund ist das geschehen?
Karl Sasserath (B90/Die Grünen): Nachdem wir die Beratungsvorlage der Verwaltung durchgearbeitet hatten, war es uns wichtig, dass der Rat sich klar zu einem möglichen Erwerb der Konversionsfläche des JHQ durch die Stadt positioniert.
Diese Möglichkeit enthielt die Beratungsvorlage der Verwaltung so deutlich nicht. Innerhalb der Verwaltung war an einen Kauf des Areals nicht gedacht worden.
Zum einen aus Sicht städtebaulicher Entwicklungen, zum anderen aber unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, möchten wir auf die Erwerberoption aus verschiedenen Gründen nicht verzichten.
Zum anderen bieten sich der Stadt hinsichtlich der Finanzierung des Erwerbs Möglichkeiten und Konditionen, die sich so keinem privaten Investor bieten.
Stichwort Grundschulddarlehen: Solche Darlehen als Finanzierungsinstrument für den Erwerb kann die Kommune zu Zinssätzen akquirieren, auf die private Investoren nicht zugreifen können.
Dies gilt auch für den Problembereich Kontamination, also Bodenverunreinigungen durch militärische Altlasten. Beispielsweise beim Gelände der Mülforter Zeugdruckerei hat die Stadt Mönchengladbach auf Förderprogramme des Landes zurückgreifen können, die einem Privatinvestor verschlossen sind.
Deshalb sind wir der Meinung – dass es neben den planungsrechtlichen Aspekten – durchaus sinnvoll sein kann, dass die Stadt prüft, ob sie nicht in die Erwerberposition eintritt.
Jeder Private, der das Grundstück des JHQ erwerben will, wird sich im Wesentlichen am Ertragswert orientieren, also daran, was er dort zu tun beabsichtigt.
Warum soll sich nicht auch die Stadt in eine Position bringen, die es ihr gestattet, auf den Flächen etwas Gewinnbringendes zu tun, was nicht zu dem in Konkurrenz steht, was an anderen Stellen der Stadt geschieht?
BZMG: Die Art der Nutzung bestimmt aber doch die Stadt über ihr Planungsrecht …
Sasserath: … stimmt und in diesem Zusammenhang kann dann auch das Thema Erneuerbare Energien gesehen werden. So können wir uns durchaus vorstellen, dass wir das JHQ oder Teile davon in diese Richtung z.B. unter dem Stichwort Windkraft entwickeln.
Dabei bleiben wir, die Stadt, im Grundeigentum und stellen denen, die dort ihre Windräder errichten wollen, entsprechende Pachtflächen zur Verfügung.
Auch Landwirtschaftsflächen sollten im Sinne einer nachhaltigen und vorausschauenden Bodenwirtschaft im Gemeindeeigentum bleiben und durch die Stadt an interessierte Landwirte verpachtet werden.
Dies alles kann auch ein Instrument für eine langfristige Einnahmeverbesserung für die Stadt sein.
Dabei ist es wichtig, dass die Verwaltung diese Grundidee kommuniziert und aktiv unterstützt.
BZMG: … Das könnte natürlich auch mit den bevorstehenden Aufgaben zum Stärkungspakt zusammenhängen, weil man sich vielleicht scheut, eine weitere Herkulesaufgabe anzugehen.
Sasserath: Das möchte ich nicht ausschließen. Aber es ist falsch auf diese Option per se zu verzichten, denn die Stadt erhält ja schließlich einen Bodenwert, der in der Bilanz das städtische Vermögen steigert.
Zudem haben wir in Mönchengladbach mit der Konversion im Nordpark gezeigt, dass wir erfolgreich in der Lage sind, eine geordnete bodenrechtliche Entwicklung eines großen Areals, fast in der Größe eines Stadtteils, zu schultern.
Die Fläche im Nordpark ist durch die Stadt und zuerst durch die städtische Nordpark GmbH und danach die Stadttochter EWMG abgeräumt, überplant und entwickelt worden. Insgesamt, meine ich, ist hier Vorbildliches geleistet worden.
BZMG: Welche Gefahr hätte Ihrer Meinung nach bestanden, wenn die Stadt nicht prüfen würde, als Erwerber auftreten zu wollen – auch mit Blick auf die Bima?
Sasserath: Überall da, wo es in der Stadt große Flächen gibt, die der Stadt nicht als öffentliches Eigentum gehören, sieht sich der Rat im Hinblick auf Verwertungsinteressen im Bereich von Grund, Boden oder Immobilien regelmäßig einem großen politischen Druck ausgesetzt.
Ich nenne dazu mal die City-Ost, also die Fläche des ehemaligen Güterbahnhofs hinter dem Hauptbahnhof, die der Grundstücksgesellschaft der Bahn, der Aurelis, gehört.
Die Vorstellungen der Aurelis sind auf eine maximale Bodenrendite ausgerichtet. Um diese Rendite zu erreichen, setzt der Eigentümer oder Investor fast immer auf eine Entwicklung mit großflächigem und innenstadtrelevantem Einzelhandel. Bekanntlich können in diesem Bereich die höchsten Renditen, sprich Mieten, erwirtschaftet werden.
Wenn also im JHQ ein privater Investor eine Nutzung plant, die in Bezug auf das städtische Ganze eher zweifelhaft ist, wird sich der Stadtrat schnell einem hohen öffentlichen Druck ausgesetzt sehen und es dann schwer haben, sich einer solchen Nutzungsplanung zu verschließen, auch wenn eine solche Nutzung mit Blick auf die Stadtentwicklung nicht positiv zu sehen sein würde.
Wenn wir eine solche Gefahr heute absehen können, möchten wir sie gerne für die Zukunft auch ausschließen.
Im Nordpark hält sich die Ansiedlung von großflächigem Einzelhandel mit Zentrenrelevanz in engen Grenzen. Gleichwohl gab es dort immer wieder Begehrlichkeiten – und die gibt es auch heute noch – zentrenrelevante Sortimente dort zu plazieren.
Diese konnten wir seitens der Stadt erfolgreich abwehren, weil wir Eigentümer der Grundstücke waren und sind.
BZMG: Sie sehen also die Gefahr, dass es über die Bima zu einer städtebaulich nicht gewollten Parzellierung kommen könnte?
Sasserath: Die Bima hat ein ausgesprochen starkes wirtschaftliches Interesse, das nicht deckungsgleich sein muss mit den Interessen der Stadt Mönchengladbach.
Mit der positiven Erfahrung aus der Entwicklung rund um den Nordpark vertreten wir die Auffassung, dass die Stadt gegenüber der Bima als gleichberechtigter Bieter auftreten soll.
Daher musste der Verwaltung der politische Auftrag durch den Stadtrat erteilt werden, auf diese Rolle nicht zu verzichten, sondern diese Option voran zu treiben, um eine Abschätzung möglich zu machen, ob die Stadt in die Erwerberrolle geht.
BZMG: Wurde die Option, dass die Stadt vielleicht als Erwerber auftreten könnte, denn nicht auch bei den Workshops thematisiert?
Sasserath: Nein, diese Option wurde dort weder angesprochen noch entwickelt.
BZMG: Noch einmal zum Verständnis. Würde die Optionsprüfung zu einem positiven Ergebnis führen, würde die Stadt in Konkurrenz zu anderen, beispielsweise privaten Bietern, gegenüber der Bundesvermögensverwaltung als Interessent auftreten…
Sasserath: Ja, ganz eindeutig. Der große Vorteil auf Seiten der Stadt dabei ist, dass das Planungsrecht bei der Stadt liegt und das müssen die anderen Bieter wissen…
BZMG: … aber das Planungsrecht liegt doch auch schon heute bei der Stadt Mönchengladbach.
Sasserath: Das ist richtig. Wir wollen aber, dass die Stadt ihre Möglichkeiten prüft, die zukünftige Entwicklung des JHQ-Gebietes mit einer Größe von 470 Hektar zu einer Erfolgsgeschichte für Mönchengladbach zu machen.
Ob es dabei nicht in Vielem leichter sein wird, diesen viele Jahrzehnte in Anspruch nehmenden komplizierten Prozess aus der Rolle eines öffentlichen Eigentümers zu steuern, ist deshalb ernsthaft als Option zu prüfen.…
BZMG: Wie soll es nun in dieser Sache weiter gehen?
Sasserath: Festzuhalten ist, dass der Rat mit einer sehr, sehr breiten Mehrheit diesen Auftrag an die Verwaltung mitgetragen und erteilt hat. Nun ist es an der Stadtverwaltung, sich dieser Aufgaben anzunehmen.
Dazu werden die erforderlichen Handlungsschritte mit der Bezirksregierung und dem Regionalrat zu erörtern und abzustimmen sein. Hinsichtlich Konversionsmaßnahmen gibt es ganz bestimmt Abläufe. Auch hinsichtlich der Finanzierungsmöglichkeiten wird mit der Bezirksregierung zu sprechen sein.
BZMG: Herr Sasserath, danke für das erklärende Gespräch.
4.
nihil-est schrieb am 1.06.2012 um 09:06 Uhr:
Werter @Ypsilon,
Ja, bei weiten Teilen haben Sie absolut recht in Ihrem Kommentar. Passt schon. Stimme ich ausdrücklich zu.
Blieben aber 2 Punkte.
Landwirtschaftliche Flächen mögen zwar in ferner Zukunft Bedeutung gewinnen, sind aber weder lukrativ noch gäbe es eine gesteigerte Nachfrage hier.
Windenergie, hier hat unlängst zwar die Stadt-mit-Tochter NEW` ( damalig noch NVV ) Interesse bekundet, stimmt, aber für Standorte in MG selber keine Perspektive gesehen. Will in VIE das angehen.
Daher kann also m.E. auch keinerlei Rede von gar Tafelsilber sein.
Kaufpreis sind 1€/m². ( Buchwert )
Sanierungskosten 10 bis 20€/m² ( vorsichtige Schätzung )
Zinskosten entsprechend X Jahre zu vermutlich 2,hastenichtgesehen€ p.a.
Dazu weitere Kosten aus Planung etc, etc
Sie müssen ja erst jede Menge Goldbarren hinblättern um ein bisserl Tafelsilber zu haben ( bildlich gesprochen )
Daher, auch ein Schlechtreden möglicher Grossinvestoren bringt nix ( da auch nicht ansatzweise versucht ), kann ich dem Interviewinhalt zumindest nicht folgen.
Gruss
3.
Ypsilon schrieb am 31.05.2012 um 17:13 Uhr:
@ nihil-est
Finanzämter haben wir sogar zwei im Angebot. Warum wohl?
Weil es Begehrlichkeiten gab wie z.B. die ursprüngliche HDZ-Planung mit ECE (unter Schwarz-Gelb plus Bude). Da hätte das FA MG gestört. Deshalb musste es mit einem lukrativen Angebot an die Finanzverwaltung „weggeködert“ werden.
Deshalb auch jetzt alles im fernen Nordpark mit schlechter Anbindung, mieser Parkplatzsituation und kellerlosem Gebäude (weil billiger im Bau – ob es auf Dauer ohne Archiv und hin- und herfahren von Akten billiger ist werden wir vermutlich nie erfahren).
Auch beim Finanzamt Rheydt soll es Begehrlichkeiten gegeben haben und noch geben.
Diese beiden Leerstände wurden mit System erzeugt. Dass es anders kam ist den letzten Kommunalwahlen geschuldet. Einige Akteure konnten danach nicht mehr agieren wie gewollt und ursprünglich geplant.
Was auch besser war. Das Chaos wäre noch größer geworden und die üblichen Verdächtigen hätten wieder einmal profitiert.
Das EKZ? Wenn die Bürger sich nicht wehren und die Politik gewähren lassen (allen voran SPD + FDP + auch hier Bude für die Ampel und CDU + FWG finden das doch auch super) sind sie selber schuld. Bisher habe ich wirklich von nur sehr, sehr wenigen Gladbachern Zustimmung zu dem Einkaufstempel vernommen. Überwiegend Ablehnung.
Herrn Sasseraths Aussagen und Überlegungen zum JHQ-Areal sind plausibel und nicht von der Hand zu weisen. Welcher Investor will erst mal teuer aufräumen (Altlasten)? Doch nur, wenn er anschließend richtig gut dabei verdient. Das kann nach hinten losgehen.
Bei 470 ha wäre ohne weiteres ein Windpark denkbar. Für 12 große Windenergieanlagen braucht man etwa 100 ha. Wenn die Voraussetzungen stimmen bringt das Jahr für Jahr gutes Geld.
Auch der Aspekt Landwirtschaft ist absolut richtig. Landwirtschaftliche Flächen werden zukünftig eine immer größere Rolle und Bedeutung haben, denn sie werden immer knapper.
FLINTSTONE kann ich nur zustimmen. Erst mal abwarten, was bei der Prüfung herauskommt. Nicht alles muss negativ sein.
So ein bisschen mehr Tafelsilber könnte unserer Stadt nicht schaden. Davon ist in den letzten Jahrzehnten schon viel zu viel zu Schleuderpreisen an die Falschen nahezu verschenkt worden.
Ist doch beim Super-HDZ nicht viel besser. Der Investor kriegt das Grundstück (allerbeste Lage!) zum Freundschaftspreis weil er angeblich so viel an Kosten drumherum übernimmt und mit seinem finanziellen Engagement sozusagen der Retter MGs ist.
Die Folgekosten hat die Stadt/Bürger. Beispiel Sperrung Stepgesstraße, die vorher für Millionen aufwändig ausgebaut wurde, Mehrbelastung Verkehr und Ausbau anderer Straßen.
Von den Folgen für die Geschäfte und Hauseigentümer (Leerstände) Hindenburgstraße und Umgebung ganz zu schweigen. Das wird nicht lustig. Auch wenn die Politik sehr euphorisch ist.
2.
FLINTSTONE schrieb am 30.05.2012 um 11:44 Uhr:
Vielleicht sollten wir ja erst mal warten, bis die Verwaltung dazu was erarbeitet hat, bevor wir von „Verschleudern“ reden.
Bis da etwas wirklich spruchreif wird, sind wir einige Jahre älter.
1.
nihil-est schrieb am 30.05.2012 um 10:46 Uhr:
Der “ billigste “ mir bekannte Preis soll bei 4,2 Millionen Euro liegen. Zuzüglich aller Kosten für Abriss, Bodensanierung etc, etc.
Noch bevor also die erste Tranche aus dem Stärkungspakt Stadtfinanzen überhaupt eintrifft – und auch nur 1 lächerlicher Cent!!! gespart wurde wird also weiter mit Millionenbeträgen verschleudernd um sich geworfen.
Von den ganzen Risiken, auch in Höhe von Millionenbeträgen, will ich erst gar nicht anfangen.
Solche haben wir mehrere derzeit in MG ( Altes Finanzamt, Zeugdruckerei, “ Objekt 105 „, EKZ, usw ) und somit mehr als genug.
Das ist einfach nur mehr als 1 Nummer zu gross für unsere Lokalfürsten.
Wir müssen in MG zuerst von den Schulden runter.
Nur so am Rande, nebenbei