Burgfreiheit: Bürgerversammlung in Odenkirchen – Lernstunden (nicht „Lehr“stunden!) für viele
Hauptredaktion [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Nicht gegen den Bürger, sondern so früh wie möglich mit ihm. Das ist eines der Prinzipien des neuen Baudezernenten Andreas Wurff, das er am heutigen Abend versuchte, in Odenkirchen mit etwa 150 Odenkirchener in der Burggrafenhalle umzusetzen. Und es gelang ihm.
Nach den schlechten Erfahrungen der Odenkirchener mit der Talstraße und anderen Problembereichen, zu denen die Verwaltung mit vermeintlich endgültigen Lösungen (viel zu spät) in Bürgerversammlungen auftauchte, realisierten viele erst gegen Ende der Veranstaltung wirklich, dass Wurff die Ideen der Bürger aufnehmen und in die weiterführende Planungen aufnehmen würde.
In der Sache ging es darum, was möglicherweise über das Austauschen von „unsicheren“ Gehwegplatten hinaus mit der Burgfreiheit geschehen könnte, um das Umfeld attraktiver zu gestalten.
Den Anfang machten zwei einführende Vorträge von Stadtplanerin Gläser und Stadtplaner Scheel.
Gläser hatte die undankbare Aufgabe, Verkehrszahlen aus wissenschaftlich basierten Modellrechnungen zu präsentieren. Dabei stellte sie den Status Quo dar und verglich diesen mit der Variante „Reduzierung der Durchfahrgeschwindigkeit auf 20 km/h“ und der Alternative der vollständigen Schließung der Burgfreiheit im Zuge der Erweiterung des Martin-Luther-Platzes bis zu der gegenüberliegenden Geschäftsfront.
Schon an dieser Stelle wurde – neben dem Anzweifeln der Verkehrszahlen – erkennbar, dass für die anwesenden Odenkirchener eine vollkommene Schließung der Burgfreiheit nicht in Betracht kommt.
Der Unmut verstärkte sich, als Scheel den Status Quo mit zwei Varianten gegenüber stellte und dabei den Eindruck erweckte, dass die Verwaltung die Variante „Schließung der Burgfreiheit“ präferiere. Diesen Eindruck verstärkte Scheel unglücklich dadurch dass er allzu häufig äußerte wir (Anm.: die Verwaltung) wollen dann“.
Hinzu kam zum einen, dass die Ausarbeitung dieser Variante 3 (gegenüber der Variante 2) so detailliert war, dass nicht wenige darin das sahen was unabdingbar kommen würde. Zum anderen verfestigte sich bei den Teilnehmern, die ständig das Bild auf der Leinwand sahen, dieser Eindruck sich zunächst immer mehr.
Dass die Verwaltung keineswegs „etwas will“ und damit den Odenkirchenern etwas aufzudrücken gedenkt, machte Baudezernent Wurff mehrfach deutlich.
In drei Diskussionsrunden fragte er die Ideen und Visionen, die die Anwesenden hätten, ab und machte deutlich, dass es sich hierbei um ein vollkommen offenes Verfahren handelt; keine Variante werde präjudiziert.
Ex-Bezirksvorsteherin von Odenkirchen, Renate Zimmermanns (CDU), sah sich veranlasst, noch einmal in epischer Breite auf die Historie der Gehwegplattenproblematik hinzuweisen, die letztendlich Anlass dafür war, Überlegungen zur Gestaltung des Odenkirchener Ortskerns anzustellen,. Dabei konnte man sich nur schwer des Eindruckes erwehren, dass sie suggerieren wollte, die neue Bezirksvertretung Süd nehme das Problem nicht ernst.
Überrascht zeigte sich Zimmermanns über die sehr gute Beteiligung an dieser Bürgerversammlung, hätten doch, an einer Bürgerversammlung zum Thema „Gewegplatten“, die sie veranstaltet habe, nur 20 Personen teilgenommen.
Bezirksvorsteher Karl Sasserath (B90/Die Grünen) erklärte später, dass die BV Süd einstimmig (Anm.: also auch mit den Stimmen der CDU in der BV) der Verwaltung den Auftrag für Ideenentwicklung für die Burgfreiheit mit der Maßgabe erteilt habe, die Odenkirchener Bürger so früh wie möglich in den Planungsprozess einzubinden.
Nach der von den Teilnehmern teilweise durchaus emotional geführten Debatte resümierte Wurff den Abend und erklärte, dass die Teilnehmer Stärken und Schwächen der jeweiligen Varianten „entlarvt“ hätten und man würde jetzt mit den Ideen der Odenkirchener weiter arbeiten und zählte stichwortartig auf:
- Die Odenkirchener wünschen keine weitere Belastung der Straßen um die Burgfreiheit herum
- Bessere Verweilqualität (mehr Bänke, Grün usw.) auf dem Martin-Luther-Platz ohne dessen Vergrößerung
- Verkehrsberuhigte Tempo-20-Zone
- Deutlichere Trennung von Fahrbahn und Fußwegen
- Keine Ausweitung des Marktplatzes
- Erhalt der Anzahl der Parkplätze
Nachdem die Vorstellungen der anwesenden Odenkirchener in die Fortsetzung der Planung eingeflossen sind, stellt Wurf für Anfang 2011 eine erneute Bürgerversammlung in Aussicht, um den begonnenen Dialog mit dem Ziel fortzusetze, „die beste Lösung für die Burgfreiheit zu erreichen“.
In den Abschiedsapplaus gab es noch eine Wortmeldung, mit der ein Teilnehmer noch einmal darauf hinwies, dass die Variante 3 (Schließung der Burgfreiheit für den Durchgangsverkehr) bei den Odenkirchener keine Zustimmung finden werde und er „damit nicht mehr kommen“ brauche; Wurff bestätigte, dass er das verstanden habe.
Gelernt haben durch diese Abend sicherlich viele:
- Die Odenkirchener (und damit auch die anderen Mönchengladbacher), dass die Zeiten vorbei sind, dass Pläne – und seien sie noch so schön bunt ausgearbeitet – nicht zwangsläufig zeigen, was auch kommen wird.
- Die Verkehrsplaner, dass Varianten auch in gleicher Ausgestaltung als Alternativen erkennbar sein müssen und nicht durch Formulierungen, wie „wir wollen…“ den Eindruck von „Endgültigkeit“ erwecken dürfen.
- Manche Politiker, dass Sachdebatten in Bürgerversammlungen für parteipolitische „Stimmungsmache“ und persönliche Vergangenheitsbewältigung völlig ungeeignet sind.
- Die Bürger, dass sie bei von der Verwaltung initiierten Bürgerversammlungen dieser Art zukünftig ernst genommen und ihre Ideen und „Visionen“ schon früh in weitere Planungen aufgenommen werden.
- Die Planer insgesamt, dass die Bürger durchaus auch einfache Darstellungen verstehen, diese als Planungsstadium bewerten und dadurch die Gewissheit (nicht nur den Eindruck!) haben, dass sie sehr wohl an der Gestaltung ihres eigenen Umfeldes mitwirken können.
Nach der Veranstaltung bedankte sich Apotheker Pilz persönlich bei Andreas Wurff für eine offene Veranstaltung. Das habe er (Pilz) in den letzten Jahren noch nicht erlebt; er zeigte sich sehr zufrieden.
1.
Rettisch schrieb am 29.10.2010 um 15:31 Uhr:
Boah eh! War das eine Versammlung.
Die Leute haben einfach erst mal nicht kapiert, dass hier was ganz anderes und Neues läuft, als sonst.
Ich auh nicht. Gebe ich zu. Wir waren grantig, dass man uns die Burgfreiheit zumachen wollte. Ds war nämlich die letzten Tage überall Thema Nr. 1.
Die CDU hat gedacht, dass es ihre Versammlung ist und wollte groß rauskommen. Frau Zimmermanns lieferte da was ab, also ehrlich, dass war nicht gut.
Die und auch die anderen CDU-Leute haben nix verstanden. Aber auch später nicht. Peinlich war wie die sich ans Mikro drängelten und nicht mehr los lassen wollten.
Frau Zimmermanns hat uns Odenkichener auch noch mit einem Kindergarten oder Seniorentreff im fast dementen Zustand verwechselt.
Sie sagte „Ich bin ganz stolz auf meine Odenkirchener, dass sie alle gekommen sind.“ Da verwechselt sie aber was. Ich war noch nie einer ihrer Odenkirchener. Wie komme ich dazu! Ausserdem interessiert niemanden die olle Geschichte der Platten weil wier die doch alle kennen. Alle ärgern sich nur drüber. Passiert ist das unter der CDU.
Unseren neuen Dezernenten fand ich richtig gut. Der hat sich gut geschlagen, obwohl die Leute erst gar nicht richtig zugehört haben. Die waren nur irgendwie aufgebracht und dagegen. Erst am Schluß hin wurde denen klar, dass man uns wirklich nach unserer Meinung fragt und wir Vorschläge machen sollten wie wir uns den Marktplatz vorstellen.
Ich bin gespannt ob es nach Weihnachten eine neue Veranstaltung gibt und unsere Vorschläge aufgenommen werden.
Wenn das stimmt, wäre das mal was ganz neues. Aber dann bitte ohne das ewige Gerede von CDU-Leuten. Ist doch keine Wahlkampfveranstaltung.