Willkommenskultur statt Krise: Die Alte Schule Dohr • „Forum Flüchtlingshilfe Dohr“ hat viel vor
Ruth Hobus [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
„Alte Schule Dohr“ – Was ist denn das? Eine philosophische Lehre? Eine besonders gute Form des Umgangs? Gar nicht mal so falsch. Die Alte Schule Dohr ist eine ehemalige Volksschule im Mönchengladbacher Stadt-Teilchen Dohr.
Die Honschaft liegt zwischen Mülfort, Niers, Zoppenbroich und Giesenkirchen und ist auch den meisten Gladbachern nicht geläufig; doch vor allem ist sie eins: friedlich. Spektakuläres sucht man hier vergebens.
Kein großer Fußballverein von Weltruhm hat hier sein Stadion, kein Industriebetrieb seine Werkshallen, keine europaweit tätige Bank ihre Büros.
Hier leben einfach ca. 1.600 Leute zusammen und wollen ihr Leben gut gestalten.
Reges Vereinsleben vernetzt die Dohrer Bürger.
Sie haben den Wandel vom autarken Dorf zum Teil eines Stadtbezirks von Mönchengladbach angenommen und aktiv mitbestimmt: Der Kindergarten wird inzwischen von einem gemeinnützigen Verein betrieben, die alte Schule wurde 1979 zur Förderschule, und nun wird sie zum Flüchtlingsheim umgebaut.
Etwa 80 Menschen sollen hier ab November eine Bleibe finden.
Während allerorten von „Flüchtlingskrise“ die Rede ist, leben die Dohrer die Willkommenskultur und schaffen Chancen.
Momentan wird in der alten Schule noch gebaut, doch schon im September hat sich das „Forum Flüchtlingshilfe Dohr“ gegründet, in dem all jene sich zusammenfinden, die Beiträge zur Aufnahme und Integration leisten wollen.
Am 22.10.2015 traf sich das Forum zum dritten Mal, um nun, kurz bevor die Unterkunft bezogen wird, konkrete Aktivitäten anzustoßen und abzustimmen.
Im Focus stehen dabei zunächst die Themen Begrüßung, Begleitung, Bewegung, Deutschunterricht.
Begrüßung: Es ist geplant, die Flüchtlinge in paar Tage nach ihrer Ankunft mit Tee und Plätzchen zu begrüßen und so ein schlichtes Signal der Herzlichkeit auszusenden.
Einige Wochen danach wird ein größeres Willkommensfest zu veranstaltet – wenn man weiß, für welche Nationalitäten, Kulturen und sozialen Konstellationen das Fest sein wird.
Begleitung in und durch den deutschen Alltag wird eine weitere Arbeitsgruppe unterstützen. Das startet mit dem Zurechtfinden im Stadtteil, der Benutzung der Infrastruktur, Einkauf und Arztbesuch, bis hin zu Behördengängen.
Ein Patenschaftsmodell ist angedacht, bei dem eine enge und langfristige Begleitung für Einzelne von Einzelnen ein sehr persönliche Form der Integration lebt.
Deutschkurse werden über die Philippus-Akademie, das evangelische Erwachsenen-Bildungswerk Nordrhein, organisiert, die zunächst im November ein Training für die Ehrenamtler abhält, um sie auf ihre Aufgaben vorzubereiten.
Die in Dohr bestehenden und zusätzliche Sportangebote, bei denen Flüchtlinge mitmachen können, koordiniert eine vierte Gruppe.
Dabei bieten sich vor allem kostenlose Aktivitäten im Außengelände an, zumal die Sporthalle neben der Schule voraussichtlich noch etwas länger als Puffer- und Notaufnahmefläche belegt sein wird.
Auf längere Sicht hat das „Forum Flüchtlingshilfe Dohr“ dann vor, kreative, völkerverständigende und integrierende Aktivitäten auf die Beine zu stellen, wie Nähen, Basteln, Singen, Kochen.
Solche Aktivitäten werden dann auch außerhalb der Alten Schule stattfinden, in Räumlichkeiten der karitativen Organisationen in der näheren Umgebung.
Das „Forum Flüchtlingshilfe Dohr“ ist eine Initiative der evangelischen Gemeinde mit den Dohrer Bürgern und Unterstützung der Stadt MG.
Hier engagieren sich Mitglieder von Feuerwehr und Bürgerverein, Sportler, Kirchenleute, Studenten und Nachbarn konstruktiv.
Die Runde am 22.10.2015 diskutierte offen die Chancen und möglichen Schwierigkeiten, und kam immer zu dem zurück, wozu man sich getroffen hatte: Was können WIR tun?
Die „Alte Schule Dohr“ – Ja, das wird eine besonders gute Form des Umgangs mit Menschen, die Schutz bei uns suchen.
Kontakt und Mitarbeit:
Pfarrer Christian Sandner
Christian.sandner@kirche-rheydt.de
Foto: Wilhelmine Wulff | pixelio.de
2.
Kerstin Königs schrieb am 2.11.2015 um 21:56 Uhr:
@ Klaus Heimbucher
Ich verstehe durchaus was Sie meinen, sehe das trotzdem nicht ganz so einfach.
Menschen in eine Gemeinschaft aufnehmen ist eine Sache, so diese auf Dauer mit Beschäftigungen wie: Nähen, Basteln, Singen, Kochen, zufrieden sind.
Es ist auch bekannt, dass diese Bereitschaft größer ist, je weniger ein Ort, Stadtteil etc. mit zu vielen Menschen überfordert wird. Also das Verhältnis passt oder ausgewogen ist.
Das Hauptproblem ist das Finanzielle. Nicht nur in Dohr müssen die Flüchtlinge Geld zum Leben erhalten, sondern in ganz Deutschland.
Nicht nur in Dohr brauchen diese Menschen Arbeit, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können.
Bis es soweit ist, wird es in den meisten Fällen noch Jahre dauern.
Wenn es dann soweit ist, müssen Arbeitsplätze existieren. Spätestens an dieser Stelle ist das Boot tatsächlich längst voll, denn es gibt jetzt schon nicht genug Arbeit für alle in Deutschland. Das ist eine Tatsache.
Nicht mal mit den aufgehübschten Zahlen der Agentur für Arbeit werden wir eine Entspannung am Arbeitsmarkt bekommen.
Wie wird dieses Dilemma gelöst? Wie kann es Deutschland in finanzieller Hinsicht schaffen 4 Millionen Menschen ein bis 5 Jahre und länger zu finanzieren?
Die von Ihnen genannte Zahl ist ja nicht so unwahrscheinlich. Offiziell sind bisher 800.000 Flüchtlinge nach Deutschland gekommen.
Wenn nur die doppelte oder dreifache Menge nachziehen möchte, sind wir bei der von Ihnen genannten Zahl. Wie soll das gehen?
Wichtig ist auch, dass den Menschen die Möglichkeit offen gehalten wird, wieder zurück in ihre Heimatländer gehen zu können.
Ich bin mir recht sicher, dass das auch viele möchten, denn viele sind in einem Alter in dem sie nicht mehr mal eben Deutsch lernen und sich hier in einer für sie anderen Kultur eingewöhnen können. Das stelle ich mir nicht einfach vor.
Syrien z.B. braucht seine Bürger ganz sicher, wenn dort endlich wieder stabile Verhältnisse herrschen.
Die Sorgen der Menschen drehen sich meist um Angst vor zu vielen fremden Menschen, Terror und einer zunehmenden Islamisierung und um die finanzielle Seite inklusive der Frage der Verteilung von Arbeit.
Die finanzielle Belastung sehe ich auch kritisch. Nicht nur in einem Karnevalslied lautet eine Textzeile: Wer soll das bezahlen?
Auch solche Fragen müssen erlaubt sein. Nur behaupten Deutschland ist ein reiches Land, bringt uns nicht weiter.
1.
Klaus Heimbucher schrieb am 2.11.2015 um 08:45 Uhr:
Wenn ich das mal hochrechne wären das 4 Millionen Vertriebene, die wir bei der Quote aufnehmen könnten, die die Menschen aus Dohr bereit sind aufzunehmen.
Das sollte den Leuten in den Ohren klingen, die schon bei 800.000 schreien das Boot wäre voll.