Schulentwicklungsplanung 2010 • Teil VI: Die Gesamtschulen [mit O-Ton Ulrich Elsen]

Red. Schule, Studium & Arbeitswelt [ - Uhr]

Aufgrund der NRW-Schulgesetz­gebung können erst ab 2011/12 mehr Gesamtschulplätze geschaffen werden. Eine Entscheidung kann also erst im Sommer 2010 getroffen werden, wobei auch die schulpolitische Weichenstellung nach der NRW-Wahl im Mai 2010 zu berücksichtigen sein wird. Eine weitere Gesamtschule kann derzeit nur streitig (also gerichtlich) durchgesetzt werden.

Wegen zunehmend leerer Schulgebäude sind Neubauten und Erweiterungsbauten nicht zu empfehlen (kurios: aktuell wird für die Hauptschule Neuwerk neu gebaut), also bleibt nur die Erhöhung der Regelzügigkeiten an den bestehenden 5 Gesamtschulen oder die Umwidmung geeigneter Standorte.

Die Schulverwaltung rät dringend davon ab, einen der Realschulstandorte in Frage zu stellen. Eine Reduzierung würde einen großen Bereich der Stadt ohne eigenständiges Realschulangebot zurücklassen und Lenkungsmaßnahmen erschweren.

Mehrmals weist Dr. Fischer auf die Gefahr der Beeinträchtigung des Systems Realschule und „die hohe Nachfrage nach Realschulplätzen“ als Indiz für den Elternwillen hin.

Trotzdem macht sich Dr. Fischer die Mühe und benennt zwei Realschulstandorte:

  • Die Geschwister-Scholl-Realschule: ungeeignet, es fehlt der Platz für eine Oberstufe.
  • Realschule Wickrath: geeignet unter Einbeziehung des Gebäudes der Gemeinschaftshauptschule Wickrath, deren Auflösung beschlossen ist.

Über die Möglichkeiten der Umwandlung eines bestehenden Gymnasiums lesen Sie in Teil V dieser BZMG-Reihe.

gesamtschuleDr. Fischer empfiehlt für eine 6. Gesamtschule einen Bereich zu wählen, wo die Schülerzahlen noch stabil sind und wo die Zahl der Verweisungen von Gesamtschulen besonders hoch ist. In Rheydt gibt es mit Mülfort und Espenstrasse zwei zentrumsnahe Gesamtschulen, in Mönchengladbach nur eine (Volksgarten).

Fischer empfielht den Politikern daher vorrangig Mönchengladbach-Mitte zu betrachten. Als Standort für eine 6. Gesamtschule käme die Katholische Hauptschule Stadtmitte und die Gemeinschaftshauptschule Aachener Straße in Betracht.

Dazu müssten allerdings beide Schulen aufgelöst bzw. verlagert werden.

Ungeachtet der anstehenden Neustrukturierung der Schullandschaft durch die  „Ampel-Mehrheit“ und der nicht zu leugnenden Tatsache, dass noch weitere  Hauptschulstandorte aufgegeben werden müssen, gehen in der Zwischenzeit die Ausgaben für Neubauten weiter.

Ob das hinreichend geprüft und aufgrund der Schulsituation angemessen ist?

Lesen Sie auch dazu diesen BZMG-Bericht über aktuelle Bauplanungen an einer Hauptschule.

Eine zusammenhängende Darstellung der Folgen müsste die Politik beim Dezernenten erst einmal einfordern.

Bleibt die Erhöhung der Regelzügigkeit an einer bestehenden Gesamtschule zu betrachten:

Die Gesamtschule Neuwerk liegt ebenso wie die Gesamtschulen Hardt und Volksgarten im „Planungsbereich“ Nord.

Um die Gesamtschule Hardt zu erweitern, müsste die Gemeinschaftsgrundschule Hardt verlagert werden. Dies ist ohne Investitionen nicht möglich.

Die Möglichkeit einer Dependance in Rheindahlen, um die jährlich hohen Abweisungen der Gesamtschule Hardt zu entschärfen, stellt Dr. Fischer nicht dar. Aus dem Umfeld der Gesamtschule Hardt ist bekannt, dass viele SchülerInnen aus Rheindahlen kommen … und dass Hardt alljährlich die höchste Abweisungszahl hat.

Wie überall fehlt bei der Betrachtung von Einzugsgebieten in Fischers „Konzepten“ die Darstellung der Schülerströme.

Das Gymnasium Rheindahlen kämpft jährlich um die zum Erhalt notwendige 3-Zügigkeit.

Für die Hauptschule Rheindahlen werden 36 SchülerInnen im Schuljahr 2014/15 prognostiziert, was noch exakt für zwei Eingangsklassen reicht.

Wen wundert’s also, dass eine Gesamtschul-Elterninitiative diesen Standort für eine 6. Gesamtschule für geeignet hält?

Eine Erweiterung der Gesamtschule Neuwerk ginge auf Dauer und ohne Baumaßnahmen nur durch Auflösung oder Verlagerung der im gleichen Schulzentrum beheimateten Katholischen Hauptschule Neuwerk. Dies wurde in „weiser“ politischer Voraussicht verhindert.

Laut Raumkonzeptbeschluss vom 17.12.2008 soll jedenfalls dauerhaft der Bedarf einer 4-zügigen Gesamtschule mit 2-zügiger Oberstufe und einer 2-zügigen Hauptschule im Ganztagsbetrieb im Schulzentrum Neuwerk sicher gestellt sein.

Eine Ausweitung der Gesamtschule Volksgarten ginge zu Lasten der benachbarten Realschule. Entweder müsste die Regelzügigkeit der Realschule Volksgarten reduziert oder diese müsste auslaufend aufgelöst werden.

Wie viele Schüler werden jährlich von der Gesamtschule wegen Platzmangel an die Realschule verwiesen?

Wie würden sich die Eltern, die von Anfang an eine Realschule wünschen, dann orientieren?

Planungsbereich Süd:

Auch hier gilt: Eine Erhöhung der Regelzügigkeit der Gesamtschule Mülfort ginge zu Lasten der benachbarten Realschule. Eine Alternative wäre die auslaufende Auflösung der Gemeinschaftshauptschule Dohr, um den höheren Raumbedarf zu decken.

Die Gesamtschule Espenstrasse kann nur durch Nutzung des Schulgebäudes Bäumchesweg (Gemeinschaftsgrundschule Heyden, auslaufend ab 09/10) von 5 auf 6 Züge erweitert werden. Dazu sind Investitionen notwendig.

Den Willen hierzu hat die Ratsmehrheit bekundet.

Neuwerks ehemaliger Bezirksvorsteher Norbert Post (MdL, CDU) hat am Beispiel Neuwerk allenfalls deutlich seine Ablehnung zu „6-zügigen Lernfabriken“ bekundet.

Wie der Schulausschussvorsitzende Ulrich Elsen die Chancen zur kurzfristigen Erhöhung der Gesamtschulplätze einschätzt und Post’s Aussagen bewertet, hören Sie hier:

[audio:09-12-10-06-gesamtschulen-mono.mp3]

Übrigens kennen beide, Interviewpartner Elsen als Gesamtschullehrer in Mülfort und Norbert Post als ehemaliger Hardter Gesamtschullehrer den Alltag an Gesamtschulen.

Zum Schluss seines Konzeptes verweist Dr. Fischer auf die stadtplanerischen Überlegungen „Entwicklung der Stadt von innen nach außen“ und zieht den Rückschluss, dass außenliegende Schulstandorte wie Giesenkirchen, Wickrath oder Rheindahlen künftig verstärkt Schüler aus der Innenstadt gewinnen müssen.

Wie sollen bei dieser Argumentation über das Schuljahr 2014/15 hinaus die Randgebiete mit weiterführenden Schulen versorgt werden, wenn dort nur ein bestimmtes Schülerklientel gemäß der Empfehlung Hauptschule, Realschule oder Gymnasium zugelassen ist? (siehe auch BZMG-Bericht hierzu)

Gar nicht, denn Erhebungen über die geografische Verteilung der Gesamtschulanmeldungen und -abweisungen im aktuellen Schuljahr belegen lt. Dr. Fischer, dass Eltern ihre Kinder auch hinsichtlich der Gesamtschulen eher wohnortnah anmelden, eine Wanderungsbewegung von den Zentren in die Außengebiete nicht nachweisbar, damit eher unwahrscheinlich und jedenfalls planerisch für ein Genehmigungsverfahren einer 6. Gesamtschule nicht darstellbar ist.

Die erwähnte Erhebung liegt dem Konzept leider nicht bei.

„Wir sind deutlich im Prozess des Schülerrückgangs. In den nächsten 3 – 4 Jahren sind stabile Ströme, ab 2014 knicken die Zahlen weiter ein“ meinte Dr. Fischer bei der Präsentation seines Konzeptes und riet den Politikern, nicht nur die kurzfristige Ruhephase zu nutzen, sondern auch den Bestand ab 2014 zu sichern.

Ja, aber wie? Sollen vielleicht die Gesamtschulen die Klassenstärken nochmals verkleinern, damit die Zahl der Verweisungen auf die anderen Schulformen stabil bleibt?

Spätestens an dieser Stelle gilt es Fischers Einschätzungen zum Elternwillen kritisch zu  hinterfragen. Dies finden Sie in Teil VII dieser Reihe.

Nicht nur Grundschulen, auch weiterführende Schulen werden schließen.

Die Frage ist nur, ob gesteuert oder ungesteuert und ob Außengebiete wie Giesenkirchen, Wickrath oder Rheindahlen auch weiterhin mit einer weiterführenden Schulform versorgt werden sollen oder nicht.

Auch hier ist die „Gestaltungskraft“ der Mönchengladbacher Schulpolitiker gefragt.

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