Ehrenamt und Umgang mit Flüchtlinge als zentrale Themen des Neujahrsempfangs im Bezirk Ost • Extremismus zwar erwähnt, aber nur „am Rande“
Red. Neuwerk [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Noch nachdenklicher, noch sorgfältiger als gewohnt wählte Bezirksvorsteher Hermann-Josef Krichel-Mäurer beim Neujahrsempfang des Bezirks Ost in der Aula der Hans-Jonas-Gesamtschule Neuwerk seine Worte.
„Die Tradition des Neujahrsempfangs in einem Bezirk nimmt ab, einzig in Ost wird dies noch gepflegt“, meinte der Bezirksvorsteher gleich zu Beginn und führte aus, dass ihm diese Tradition nicht nur als Gelegenheit zur Zusammenkunft engagierter Menschen, sondern auch persönlich als Dank für ihr Engagement wichtig ist.
Zwei Themen standen im Mittelpunkt dieses Empfangs: Ehrenamt und Umgang mit Flüchtlingen.
Über 400 Vereine und Institutionen mit Haupt- und ehrenamtlichen Kräften setzen sich in Neuwerk, Volksgarten und Giesenkirchen für den Zusammenhalt und Heimat ein, bringen dorthin Unterstützung, wo sie benötigt wird.
„Die Ehrungen sind kein Ranking, keine Bestenliste, sie stehen stellvertretend für die, die ehrenamtlich vieles leisten“, betont Krichel-Mäurer, der in diesem Jahr auf drei Personen aufmerksam (gemacht) wurde: Paul Breuer, Robert Dressen und Brigitte Kolb wurden in diesem Jahr für Ihr langjähriges Engagement ausgezeichnet.
Paul Breuer ist seit über 65 Jahre Mitglied der Kolpingfamilie in Giesenkirchen, in deren Vorstand er über 50 Jahre wirkte, davon 10 Jahre als Vorsitzender. Als Initiator eines Projektes erzielte er mittels Altkleidersammlung hohe Erlöse, mit denen u.a. vielen Menschen in Indien geholfen werden konnte.
Robert Dressen wurde schon in seiner Jugendzeit in der katholischen Pfarre Lürrip „ehrenamtlich sozialisiert“. Seine sportliche Liebe gehört seit Jahrzehnten dem Handball. Sein Einsatz in der Handballerabteilung der Turnerschaft Lürrip ist herausragend.
Brigitte Kolb ist in Neuwerk als Mitglied im Pfarrgemeinderat und im Kirchenvorstand bekannt, hatte auch einige Jahre den Vorsitz der KfD inne. In besonderem Maße schlägt ihr Herz für die Aktion Freizeit behinderter Jugendlicher, der sie seit 5 Jahren auch vorsteht.
Für das musikalische Rahmenprogramm sorgten in diesem Jahr die St. Barbara Bigband und die Tonartisten. Beide sorgten in der trefflichen Auswahl Ihrer Stücke für einen stimmigen Rahmen.
Dabei schien die Ankündigung der Tonartisten gewagt: Mit Gospel, italienischer Musik des 16. Jahrhunderts und Queen wollten sie ihr breites Repertoire zeigen.
Wenn einem Chor dieser Spagat gelingt, dann Dank eines hervorragenden Chorleiters. Den Tonartisten jedenfalls gelingt dieses Kunststück, davon zeugte der lang anhaltende Applaus.
Beim zweiten, inhaltlich schweren Thema des Neujahrsempfangs fand Bezirksvorsteher Krichel-Mäurer Unterstützung bei religiösen Vertretern.
„Ein Bündnis von Nachbarn, Kirchen und Sozialverbänden zur Unterstützung und Integration der Flüchtlinge bildete sich in Giesenkirchen“, weiß Krichel-Mäurer zu berichten. Ähnliches streben derzeit die evangelische und katholische Pfarre in Neuwerk an.
Sorgen dürften nicht nur dem Bezirksvorsteher die Zunahme von Extremismus, gleich ob religiöser oder politischer Art, bereiten. Gleichwohl gibt es weder einzig wahre Antworten, wie es auch nicht den einzig wahren Glauben gibt.
Die Chance einer differenzierten Betrachtung der Lage ergriff der Bezirksvorsteher bei der Erwähnung seiner ablehnenden Haltung gegen die derzeitigen rechtsextremen Demonstrationen (das Wort PEGIDA vermied er) nicht.
Gleichwohl täte eine differenzierte Betrachtung in der Suche nach einer Antwort auf die Frage „Was treibt diese Menschen URSÄCHLICH auf die Straße?“ gut.
So bleibt dem aufmerksamen Zuhörer nur ein Eindruck, der sich derzeit insgesamt im Umgang der Parteien mit diesen Demonstrationen verfestigt: Appelle der Politiker als getarnte Hilf- und Ratlosigkeit.
Darüber können auch keine Solidaritätsbekundungen bei emotional erschütternden Ereignissen hinweg täuschen – weder die von Politikern, gleich ob auf kommunaler, Landes- oder Bundesebene, noch die von Bürgern.
Letztlich ist jeder Charlie gefragt, wie er denn im Alltag mit Anfeindungen unter dem Deckmantel der Religion oder des Rechtsextremismus umgeht.
Letztlich ist auch jeder Kommunalpolitiker gefragt, die seit Jahren geduldeten Zustände in Flüchlingsunterkünften wie am Bockersend zu beseitigen ohne sich in Diskussionen und Fingerzeige auf fehlende Unterstützung der Landes- und Bundesregierung zu verlieren. Schließlich schließt das eine das andere nicht aus.
Leider auch an dieser Stelle keine weiteren Hinweise des Bezirksvorstehers auf die weitere Vorgehensweise, gleichwohl es in jüngster Zeit politische Aktivitäten gab. Gut, dass er an dieser Stelle das Wort den religiösen Vertretern überließ.
Bereichernd an dieser Stelle der Beitrag des Hodscha (Anmerkung: Hodscha ist ein islamischer Religionsgelehrter) Seyyid Arslan des islamischen Kulturzentrums und das gemeinsam mit den beiden Pfarrern Biste und Hüttenberger vorgetragene Friedensgebet.
Für den leichten Abschluss nach dieser schweren Kost sorgte dann noch einmal ein gemeinsamer musikalischer Vortrag der St. Barbara Bigband und der Tonartisten.