Traditionelle Wehnachtsfeier des Arbeitslosenzentrums mit Besinnlichem, Nachdenklichem und Erheiterndem

Herbert Baumann [ - Uhr]

Bei ihr ist die Multiple Sklerose (MS) voll durchgeschlagen. Und sie ist ohne Hilfe hilflos. Die Mittvierzigerin ist mit ihrer Freundin und dem Rollator gekommen. „Ich war seit Jahren nicht mehr unter so vielen Menschen“, sagt die Frau, die ihren Namen nicht veröffentlicht sehen will.

Und sie genießt trotz ihrer starken Beeinträchtigung jede Minute der etwa vierstündigen Weihnachtsfeier im Forum des Krankenhauses Maria Hilf in Stadtmitte.

Rund 150 Menschen sind gekommen – Ältere mit kleiner Rente, Erwerbslose, ein paar junge Familien mit ihren Kindern und einige Migranten.

Viele kennen sich aus Begegnungen „beim Amt“ oder im Arbeitslosenzentrum (ALZ).

Die meisten sind seit Jahren ohne Job – und mittlerweile, angesichts ihres fortgeschrittenen Alters, auch gar nicht mehr vermittelbar, wie man das vielfach Neudeutsch ausdrückt.

Wieder hat das Arbeitslosenzentrum zur vorweihnachtlichen Feier eingeladen.

Und all das, was man für ein paar Stunden ohne Sorgen und Ängste braucht, ist da.

Der Kaffee, die Säfte, das Mineralwasser, der Teller mit den Dominosteinen und Printen, Obst, Tannengrün auf den Tischen, Deko-Tischtücher mit glänz-goldenen Sternen, ein riesiger, festlich geschmückter Tannenbaum.

Und viel Programm.

Detlef Heinen ist ein stattlicher Kerl, der kaum noch gehen kann. Ohne Gehstöcke läuft gar nichts: „Ich bin zum ersten Mal hier und freue mich sehr, dass das Zentrum so etwas für Menschen mit wenig Kohle macht.“

Hier fühle er sich wieder als Mensch. Er freue sich auf die Unterhaltung, die Gespräche mit Menschen, die wie er so oft ausgegrenzt würden.

Karl Sasserath, der Leiter des ALZ, hat da die Besucher längst begrüßt.

„Wir möchten, dass sie ein paar schöne Stunden verbringen“, sagt er und bittet anschließend um ein Gedenken an Jürgen Bahr.

Der langjährige Berater im ALZ ist jüngst im Alter von 66 Jahren gestorben.

Bahr war 30 Jahre für die Menschen da, die ihre Arbeit verloren hatten und eine neue Perspektive suchten. Beruflich wie gesellschaftlich.

Auch diesmal ist die Feier nicht ohne Sponsoren und die engagierte Mitarbeit des ALZ-Teams (Mitarbeiter wie Vorstand) möglich.

So spendiert – um nur ein paar Beispiele zu nennen – die Öko-Bäckerei Hans Oehmen die vollwertige Weckmann-Familie, Eltern, Junge und Mädchen – zum Reinbeißen.

Das festliche Essen mit Entenkeule und Rotkohl kommt von den Städtischen Kliniken („Eli“), und das Maria Hilf stellt das Forum kostenlos zur Verfügung.

Ob die Weihnachtsfeier auch Ende 2017 im Forum stattfinden kann, hängt ganz von der baulichen Entwicklung des Maria Hilf an der Viersener Straße ab.

Bekanntlich entsteht hier das komplette Klinikum neu, das Hospital an der Sandradstraße wird aufgegeben. Folglich auch das Forum.

Sasserath berichtete, dass es auch künftig eine Weihnachtsfeier für bedürftige Menschen geben wird.

So hat das „Eli“ sich bereit erklärt, geeignete Räume in Rheydt zur Verfügung zu stellen.

Sasserath weiter: „Ich bin auch heute am Rande unserer Feier gefragt worden, was aus unserem Zentrum wird. Ich kann ihnen sagen, dass wir weiter für sie da sind.“

Man werde sich nicht verunsichern lassen, und die bekannt-bewährten Angebote aus Beratung, Begegnung und Mittagstisch blieben uneingeschränkt bestehen.

Mit der Politik sei man im Gespräch und, so Sasserath, „wir werden uns einer Weiterentwicklung unserer Einrichtung nicht verschließen. Im Gegenteil, wir werden aktiv daran mitwirken.“

Laut politischer Mehrheit aus SPD/CDU soll das ALZ am bekannten Standort Lüpertzender Straße 69 verschwinden.

Eine räumliche Alternative hat Gladbachs politische Mehrheit aber noch nicht genannt.

Und dann durfte gestaunt und gelacht werden.

Der katholische Priester Manfred Riethdorf (im Bild mit Karl Sasserath) erzählte von den Weihnachtswünschen der Tiere und vom Kind in der Krippe, das uns alle froh machen will: „Es bringt uns die Liebe Gottes.“

Seine folgenden Zauberstücke faszinierten ebenso wie das von ihm kredenzte, nie versiegende „Wasser aus Indien“.

Fester Bestandteil des Programms ist die klassische Musik des Streichquartetts der Niederrheinischen Sinfoniker.

Es spielten Chisato Yamamoto (1. Violine), Regine Florack (2. Violine), Martin Börner (Viola) und Konrad Philipp (Violoncello). [im Bild v.l.)

Viel beklatscht wurde auch der Auftritt von Michael Backes – mal als Comedian, mal als Zauberer ließ „Schmitz-Backes“ keine Langeweile aufkommen.

Schmeichelnd meinte er, man solle das Arbeitslosenzentrum in „Nette-Menschen-Zentrum“ umbenennen.

Besinnlich-melancholisch wurde es im Saal, als die Sinfoniker die Mitsing-Lieder spielten, die das Publikum vorgeschlagen hatte. „O, Tannenbaum“ und „Ihr Kinderlein kommet“ durften da nicht fehlen.

Impressionen:

 

Bisher keine Kommentare

Ihr Kommentar