Die Initiative „Neue Brücke Bettrather Straße“: Ein ganz persönliches Zwischen-Resümee

Susanne Jud [ - Uhr]

Mitte September 2017 hörte ich, dass die Brücke Bettrather Straße abgerissen werden müsse. Klar, dass ich dachte: Ein schlechter Scherz! Blödsinn!

Seit vielen Monaten war die Brücke über die Hermann-Piecq-Anlage bereits für den Auto- und Busverkehr gesperrt und das darunter liegende Gewölbe mit Netzen gesichert.

Als die Bundestagswahl am 24. September 2017 bevorstand, geriet ich beim Besuch des Wochenmarktes auf dem Alten Markt am 23. September in den Wahlkampf. Kalt-Akquise einer Partei sozusagen.

Geistesgegenwärtig fragte ich nach der Haltung zur Brücke Bettrather Straße.

Natürlich wolle man möglichst die Brücke für Fußgänger und Fahrradfahrer erhalten, wurde ich beruhigt.

Ich schlug trotzdem gleich eine Alternative vor, wie sie in den Niederlanden weit verbreitet ist, mit Ortsangabe einer mir bekannten Brücke in der Nähe, nur 25 Autominuten entfernt.

Ich machte direkt klar: Es geht um den Weg, nicht um das Bauwerk, denn als Bewohnerin der Bettrather Straße weiß ich, wer alles auf gerade diese Brücke angewiesen ist.

Wie überrascht war ich, von „meinem Wahlkämpfer“ bereits am 26. September im Bau-und Planungsausschuss zu hören, es sei gar nicht wichtig, über welche Brücke die Leute gingen, die Viersener Straße sei schließlich nur wenige hundert Meter entfernt.

Nach der Wahl werden die Interessen der Wähler offensichtlich mit Füßen getreten.

In einem unscheinbaren Nebensatz seitens der Stadtverwaltung hörte ich, welchen großen Vorteil das Verschwinden der Brücke Bettrather Straße hätte: Der Ausbau der Hermann-Piecq-Anlage auf vier Spuren wäre dann möglich.

Ich konnte nicht fassen, dass tatsächlich einstimmig beschlossen wurde, die Brücke Bettrather Straße ersatzlos abzureißen, und zwar SOFORT nach der Ertüchtigung der Brücke Viersener Straße!

Die Einlassung, die Stadt solle den Bau einer reinen Fußgänger- und Fahrradbrücke nur verfolgen, falls Fördermittel zur Verfügung stünden, klang für mich wie blanker Hohn.

Jeder weiß: Wenn ich Fördermittel in Anspruch nehmen will, muss ich zunächst in Vorleistung gehen. Erstens muss ich wissen, was ich will.

Dafür muss ich die Kosten kennen, und zwar belastbar. Dann kann ich sondieren, welche Töpfe in Anspruch genommen werden könnten.

Anstatt in dieser Richtung zu agieren, verwendete die Stadt MG sehr viel Mühe und Arbeitszeit darauf, betroffene Anwohner davon zu überzeugen, als Fußgänger die inakzeptable Ausweichroute entlang der Hauptverkehrsstraße zu benutzen und schrieb von einem „kleinen Umweg“.

Wie viele Gleichgesinnte ich inzwischen an meiner Seite weiß, konnte ich damals nicht im Traum abschätzen.

Es begann mit meiner Freundin Gudrun Grimpe-Christen, die sich als sehr erfahren in der Kommunalpolitik erwies. Sie ist wie ich Betroffene.

Dennoch hätte ich verzweifelt schon bald aufgegeben, da nicht jeder Betroffene , der sich uns anschließen wollte, frei agieren kann.

Doch dann kam Julija! Julija Keisele ist die Inhaberin des Friseursalons „Haarwerk by Julija“ in der Bettrather Straße 4 und nahm von sich aus Kontakt zu mir auf, da ihre Kundschaft befürchtete, einen weiten Umweg zu Fuß  bewältigen zu müssen.

Im Übrigen mache man sich mal klar: Wenn die Stadt an ihrem Weg festhielte, würde direkt vor dem Salon eine üble Sackgasse entstehen.

Und das in Sichtweite der geplanten „Maria-Hilf-Terrassen“!

Die Gewinner des städtebaulichen Wettbewerbs vom November 2017 machten – so wie alle vier Mitbewerber ebenfalls- deutlich, dass eine Brücke Bettrather Straße für das neue Wohngebiet von entscheidender Bedeutung sei.

Es gehe natürlich um die Erreichbarkeit des Bunten Gartens von der Stadtseite aus, so schreibt es das Gewinnerteam aus Kopenhagen eindeutig.

Glücklicherweise gab es Gladbacher, die die Architekten über den geplanten Wegfall der Brücke informierten, die Stadt hatte jedenfalls davon abgesehen.

Auch auf Drängen verschiedener Besucher der Planungswerkstatt im Haus Zoar kamen die Organisatoren dem Wunsch nicht nach, schematisch auf die Richtungen „Wasserturm“ und „Bunter Garten“ hinzuweisen. An der Hermann-Piecq-Anlage sollte die Orientierungskarte enden.

Als wir drei uns Mitte Januar 2018 an den Bezirksvorsteher Nord, Herbert Pauls, wandten, um uns mit ihm und Anwohnern zusammenzusetzen, gestaltete sich die Terminfindung  als nicht so einfach.

Schließlich standen zwei Termine im März zur Verfügung, von denen wir den 8. März 2018  18.00 Uhr wählten.

Inzwischen hatten wir nicht nur die nächsten Nachbarn über die Brücke und das Treffen unterrichtet, sondern mit Flyern und Plakaten öffentlich darauf aufmerksam gemacht  sowie die örtliche Presse unterrichtet und schließlich die „Initiative Neue Brücke Bettrather Straße“ ins Leben gerufen.

Mehr als 120 Besucher kamen ins Haus der Regionen und entpuppten sich zum Teil als äußerst gut unterrichtet und sachkundig.

Da trotz der öffentlich in unserer Informationsveranstaltung vorgetragenen Sorgen und Ängste der Anwohner und Betroffenen die entscheidenden Mitglieder des Bau- und Planungsausschusses zwar verbal etwas einlenkten, jedoch keinerlei Unterstützung zusagten, wuchs der Wunsch nach Protest und Unterschriftensammlungen in der betroffenen Bevölkerung.

Die Bürgerinitiative holte zwischenzeitlich selber Angebote für Fußgänger- und Fahrradbrücken ein, die die Breite der alten Brücke um 1,20 m übersteigen würden (Preisrahmen: 450 bis 550 Tausend Euro anstatt von der Stadt MG kommunizierte 2,2 Mio. Euro für die Reparatur).

Wertvolle und auch tatkräftige Unterstützung erfahren wir durch den Fahrradklub ADFC und durch die „Nachbarschaft der Oberstadt“, allen voran Wiltrud Spancken und Rudolf Küppers, Nachbarn von beiden Seiten der Brücke.

Jedoch hat sich auch die gesamte Opposition in der BV Nord klar für die Unterstützung der Initiative ausgesprochen und tut dies u.a., indem sie uns beim  Sammeln von Unterschriften mit unserer Postkarte „Stets eine Brücke Bettrather Straße, zumindest für Fußgänger und Fahrradfahrer“ unterstützt, sowohl „analog“ als auch „digital“ bei facebook.

Währenddessen wurden Betroffene durch das Angebot von „Tauen und Seilen“ statt Brücke in der BV Nord am 18. April 2018 von anderer Stelle verächtlich gemacht.

Im Juni 2018 versetzte ein Gerücht die Anwohner der Oberstadt erneut in große Aufregung. Zettel machten die Runde, auf denen eine Rampe zu erkennen war.

Diese autobahnähnliche Abfahrt der B57 führte offensichtlich von der Hohenzollernstraße auf Höhe der Kaiser-Friedrich-Halle aus aufwärts  an der Mozartstraße vorbei, direkt am Haus des Blinden- und Sehbehindertenvereins, weiter bergauf hinter der Lohmühle und am Mehrfamilienhaus Bettrather Straße 7 mit vielen Mietwohnungen, um oben auf die Viersener Straße (Höhe Brücke Viersener Straße) einzumünden.

Glücklicherweise bereitete die Pressestelle der Stadt Mönchengladbach dem aufwühlenden Gerücht sehr schnell ein Ende, wie die BZMG veröffentlichte.

Leider war einen Monat später aus zuverlässiger Quelle zu erfahren, dass auch diese Lösung doch noch im Gespräch sei.

Die Nachbarschaft der Oberstadt, und zwar dies- und jenseits der Brücke Bettrather Straße, ist über die Malaise noch besser vernetzt und verschweißt und veranstaltete am 2. Juni 2018 mit bekanntermaßen riesigem Erfolg den „Kaffeeklatsch in der Oberstadt“.

Natürlich war die Initiative Neue Brücke Bettrather Straße auch mit dabei, sowie der ADFC und auch der Förderverein Netzwerk Bunter Garten.

Hier starteten wir die Postkartenaktion „Stets eine Brücke Bettrather Straße, zumindest für Fahrradfahrer und Fußgänger“, die mich seither jeden Tag erfreut und mir Mut macht, denn es fanden bislang über 1.200 Postkarten den Weg in den Briefkasten der Initiative.

Die sympathische Aktion wird weitergehen und bei passender Gelegenheit bringen wir unserem Oberbürgermeister die Post persönlich ins Rathaus Abtei, denn mit der Weiterleitung haben uns die Unterzeichner ausdrücklich beauftragt.

Die größte Unterstützung erfuhr ich allerdings durch meinen Mann, der bereits im Herbst zu mir sagte: „Ich glaube, Du kriegst das mit der Brücke schon hin!“

Inzwischen hat die Stadt Mönchengladbach aufgrund des unerwarteten Widerstands aus der Mitte der Bürgerschaft die genaue Überprüfung des alten Bauwerks veranlasst.

Hierzu wurden bei Kernbohrungen Proben entnommen.

 

Vielleicht erfahren wir noch im September, was zu tun ist, um die Brücke für Fußgänger und Fahrradfahrer zu erhalten.

Herr Pauls, der Bezirksvorsteher Nord, hat mir versprochen, uns umgehend über Neuigkeiten zu informieren.

 

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