Duale Berufsausbildung: Grenzüberschreitend in beiden Partnerstädten
Otto Rick [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Sandra Hoefer aus Hardt hat es geschafft. Nach drei Jahren hat sie die Prüfung zur Floristin geschafft. An und für sich nichts Besonderes.
Gut 1.000 Azubis gibt es jedes Jahr allein in Nordrhein-Westfalen, sagt Dirk Hohlmann von der Geschäftsführung des Landesverbandes im Deutschen Fachverband der Floristen. Und er wünschte sich, es gäbe noch mehr.
Die Neunzehnjährige aber ist eine Ausnahme. Sie besuchte das Citaverde-college in Roermond und schnupperte einen Tag pro Woche Praxisluft in einem Betrieb ihrer Heimatstadt Mönchengladbach.
Wie ihre deutschen Kolleginnen durchlief sie ein duales System. Nur eben auch etwas anders.
Sie besuchte vier Tage in der Woche die Schule und lernte einen Tag im Betrieb, während ihre Kollegin einen Tag die Berufsschule besuchte und sich die restliche Woche in der Gärtnerei auf ihren Beruf vorbereitete.
Auch eine Art von Städtepartnerschaft, könnte man sagen, wäre da nicht die Janosz-Korczak-Realschule in Waldniel. Hier hat Sandra „Nederlands“ gelernt.
Ihre Schule pflegte partnerschaftliche Beziehungen zu einer Mittelschule ganz im Norden der deutsch-niederländischen Grenze. Und die besuchte ihre Klasse in Groningen gegen Ende der Schulzeit.
„Meine Niederländisch-Lehrerin machte mich damals auf Citaverde, das Berufskolleg in der Provinz Limburg, aufmerksam. Dort konnte ich meine Niederländischkenntnisse vertiefen und gleichzeitig einen Beruf erlernen”, erklärt die junge Floristin.
„Ich habe mich hingesetzt, die Broschüre studiert, die mir meine Lehrerin gegeben hatte, und mich schließlich schriftlich beworben.” In richtigem Niederländisch natürlich, denn die Gladbacherin war eine der besten ihrer Klasse in Niederländisch.
„Ich wurde zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen, musste einen Test machen und war angenommen.”
„So eine Art Sehtest”, ergänzt ihre Mutter und bringt dann den Hund wieder zurück hinters Haus an der Louise-Guery-Straße.
Ihre Mutter war einverstanden und fuhr sie mit dem Auto täglich über die nahe Grenze in die Partnerstadt. Denn öffentliche Verkehrsmittel verkehrten nicht mehr zwischen Mönchengladbach und Roermond, 35 Jahre nachdem Burgemeester M. Custers und Oberbürgermeister Wilhelm Wachtendonck vertraglich vereinbart hatten, Partnerstädte zu sein.
Vier Mal die Woche 30 Kilometer hin und wieder zurück. Auf dem Stundenplan standen Niederländisch, Englisch, Mathematik, Sport, Biologie, Zeichnen und LLB; die drei Buchstaben stehen für leren, loopbaan und burgerschap.
„Eine Mischung aus Politik und Religion”, erklärt die junge Frau und trägt nach: „Economie habe ich vergessen, Wirtschaftslehre heißt das hier wohl.”
Jedes Jahr fielen für ein- bis zweihundert Euro Bücher an. „Wenn man sie gut erhalten zurückgibt, bekommt man noch Geld zurück”, weiß die Gladbacherin. In den Niederlanden zahlt man noch Lehrgeld, wie es früher in Deutschland hieß.
Während Azubis nach Tarif 410 EURO im ersten und 515 EURO im dritten Lehrjahr als monatliche Ausbildungsvergütung erhalten, musste Sandras Mutter für das dritte Lehrjahr, als ihre Tochter volljährig war, noch über tausend Euro Schulgeld überweisen.
Jedes Schuljahr machte die junge Frau ein zehnwöchiges Praktikum in der Firma, wo sie auch ihren wöchentlichen Praxis-Tag verbrachte. Sandra „liep stage”, wie es im Nachbarland üblich ist, allerdings bei drei Gladbacher Firmen.
Alles schön nach Absprache mit Citaverde und den Lehrplänen ihres Berufskollegs. Schließlich ist die Ausbildung zur Floristin über die Grenze hinweg anerkannt.
Mitte Juni kam ein Lehrer vom Berufskolleg Citaverde zum letzen Mal in die Gärtnerei Huff nach Venn. Diesmal um Sandra Hoefer als letzte die praktische Prüfung abzunehmen.
Sie hat alle Prüfungen bestanden. Mutter Elke ist zufrieden. In ihre Freude, dass alles so gut geklappt hat, mischt sich ein kleiner Wermutstropfen.
Ihre Tochter hat große Pläne. Schon bald will sie aufbrechen nach Ägypten, um Arabisch zu lernen. Für die ersten beiden Monate hat sie an einer Sprachschule in Kairo einen Arabisch-Kurs gebucht: „Wenn es mir dort gefällt, möchte ich ein Auslandsjahr bei einem Floristen in Hugharda am Roten Meer anschließen.”
[Fotos: nld]