Zum Braunkohleausschuss am 03.03.2017: BUND und NABU mit kritischer Stellungnahme zu Restseen statt Naturierung
Red. Natur, Umwelt & Energie [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
[02.03.2017] BUND und NABU sehen in der Auskohlung der Braunkohlevorräte im Rheinischen Revier einen erheblichen Eingriff in die Natur unter massiven Verlusten der natürlichen Landschaft und der natürlichen Kreisläufe:.
„Nach dem Auslaufen der Braunkohleförderung durch die letzten drei Großtagebaue, spätestens um 2045, werden drei große Restlöcher verbleiben.
Es wird prognostiziert, dass es mindestens 60 Jahre dauern wird, bis die verbliebenen Restlöcher erstmals mit Wasser gefüllt sind.
Die aus dieser Planung als Tagebaufolgelandschaft entstehenden drei Restseen wären die drei größten Seen NRWs – größer als jedes andere Gewässer in unserem Land.
Allein der Indesee soll die Größe des Tegernsees erreichen.
Der stabile (sog. „stationäre“) Endzustand des Grundwassers außerhalb der Restseen wird sich erst deutlich nach dem Jahr 2100 einstellen. Damit erstrecken sich Großtagebaue über Planungszeiträume von weit mehr als 150 Jahren und werden für die derzeit entscheidende Generation zu einer Verantwortungsaufgabe für die Zukunft.
Wasserhaltung in den Restseen
In der Nachbetriebszeit sollen die Tagebau-Restlöcher und die entleerten Grundwasserleiter durch Überleitungen von Flusswasser aus Rhein und Rur geflutet werden.
Dabei sind folgende unterschiedliche Pegelhöhen vom heute schon vorhandenen Restlochsee „Blausteinsee“ des ehemaligen Tagebaus Zukunft-West (+129m NHN) über den Inde-See (+92 m NHN) und Hambach-See (+65 m NHN) bzw. Garzweiler- See (+65 m NHN) bis hin zur abgesenkten Erft (kleiner +60m NHN) geplant.
Es ist fraglich, ob aufgrund der bergbaulich stark veränderten hydrogeologischen Verhältnisse diese vorgesehenen Pegelstände erreichbar sein werden, oder ob und in welchem Umfang zwischen den Seen ein Wasserverlust über den künstlich verdichteten Untergrund erfolgen wird.
Fraglich bleibt auch, ob die Verdichtung des „Blausteinsee“, dessen Pegel um 37 Meter über dem Inde-See liegen soll, der Wasserdruckdifferenz im Umfeld standhält und nicht permanent in erheblichem Umfang Wasser von dem nur wenige Kilometer entfernten Inde-See „abgezogen“ wird.
Das gilt in gleicher Weise für den Höhenunterschied von 27 Metern zwischen dem Inde-See und dem ebenfalls nur etwa sechs Kilometer entfernten Hambach-See. Hinzukommt, dass der nur 180 Meter tiefe Inde-See etwa zwei Jahrzehnte vor dem über 400 Meter tiefen Hambach-See befüllt werden soll. Auch dieser enorme Höhenunterschied der
Wasserstände auf Bodenniveau könnte erhebliche Probleme bereiten.
Ein erst spät auffälliger „Wasserschaden“ durch abziehendes Wasser ist dann kaum noch einem Verursacher zuzuordnen, falls dieser überhaupt noch greifbar ist. Wer trägt die Kosten für eine möglicherweise auf ewig notwendige Wasserzuführung oder Folgeschäden durch sinkenden Wasserspiegel? Diese Frage muss heute beantwortet werden, ehe wir unserer Nachfolgegeneration diese Altlast überlassen.
Verschlechterung der Wasserqualität durch Pyrit-Oxidation – Folgen für das Trinkwasser
Aufgrund der weitgehend leer gepumpten Grundwasserleiter werden mit Wegfall der derzeit großen Mengen nutzbaren Sümpfungswassers wasserwirtschaftliche Engpässe entstehen.
Wenngleich sich die chemische Qualität und Temperatur mancher natürlicher Gewässer durch Wegfall der Sümpfungswassereinleitungen verbessern wird, so könnten für den hydrologischen Abfluss Wassermengen fehlen, zumal, wenn an anderer Stelle für eine Befüllung der Restseen Wasser entnommen wird und im Zuge der Klimaerwärmung mit größeren Trockenphasen gerechnet werden muss.
Eine umfassende und transparente Darstellung in der Öffentlichkeit fehlt hierzu und ist auch den Berechnungen nicht zu entnehmen.
Das bergbaulich beeinflusste zukünftige Grundwasser wird als Trink- (und möglicherweise auch als Brauchwasser) nicht oder höchstens eingeschränkt nutzbar sein.
Im Abraum enthaltenes Eisensulfid (Pyrit) wird durch den Luftkontakt oxidiert.
Bei erneutem Kontakt mit dem Grundwasser entstehen saure, eisenhaltige und sulfatreiche (rostbraune) Grubenwässer, deren Qualität Trinkwasseranforderungen kaum standhalten dürften.
Im Lausitzer Braunkohlerevier sind durch dieses Phänomen etliche Restseen extrem versauert und biologisch tot.
Das Spreewasser ist durch sogenannten „Eisen-Ocker“ belastet und verfärbt.
Auch im Rheinischen Revier sind in einigen Brunnen die Folgen der Pyrit-Oxidation zu beobachten. Leider bleiben die Orte der Pyrit-Oxidation mit Auswirkungen auf die Entwicklung der Grundwasserbeschaffenheit nicht allein auf die Kippenmassive beschränkt, sondern umfassen auch die belüfteten Bereiche der Grundwasserleiter im Nebengebirge der Tagebaue.
Daher muss mittelfristig mit der Bildung saurer Kippen- und Grundwässer gerechnet werden.
Die Sulfatkonzentrationen werden vielerorts Werte oberhalb des Sulfat- Grenzwertes der Trinkwasserverordnung erreichen. In einigen Brunnen ist dies bereits heute zu beobachten.
Wer wird für eine Aufbereitung des durch die Folgen des Tagebaues veränderten Grundwassers bei erneuter Nutzung aufkommen? Oder überlassen wir dies in Jahrzehnten unserer Nachfolgegeneration als Altlast?
Rekultivierung und Renaturierung der Tagebaufläche
Der geplante Restsee ist aufgrund seiner enormen Tiefe vorrangig eine ökologische Wüste.
85 % der Gewässerfläche liegt über einer sehr tiefen Fläche (> 60 Meter Tiefe), die fast ohne ökologische Bedeutung sind.
Es ist bekannt, dass wegen der schlechten Umschichtung in so tiefen Seen und dem bekannten Oxidationsproblem, ab einer Tiefe von ca. 60 m das Seewasser praktisch sauerstofffrei ist. Hier können nur noch Bakterien leben.
Nur 15 % der Seefläche sind ufernahe und in Teilbereichen Flachwasserbereiche mit ökologischen Entwicklungsmöglichkeiten, die sich die Natur absehbar mit anderen Nutzungen und Nutzern teilen muss, wie z.B. Anglern, Fischereibetriebe, Wassersportlern, Seglern, Surfern und anderen Freizeiteinrichtungen.
Wurde dies alles bei dem Vorschlag der Seelösung dem Bürger transparent kommuniziert?
Aus Sicht des Naturschutzes würde eine, wie in ursprünglichen Plänen gedachte, vollständig rekultivierte Fläche mit einem hohen Anteil landwirtschaftlicher Nutzfläche und der Anlage von zwei kleinen Seen, die zusammen die 14 km Uferlänge des großen Sees erreichen könnten, der Natur ungleich mehr Entwicklungsmöglichkeiten bieten oder entstand das „größere öffentliche Interesse an einem Restsee“, das von der Bezirksregierung als Legitimation für eine Änderung des Braunkohlenplanes festgestellt wurde, auf Betreiben des Bergbautreibenden, der direkt nach dem Tagebau auftretenden oberflächennahen Grundwasserschäden aufgrund der Eisenoxidation im Boden fürchten muss und dem Bodenmassen zur Wiederverfüllung fehlen.
Es ist schon erstaunlich, dass fortschreitende Naturschutzerkenntnisse gegen bestehende Rahmenbetriebspläne wegen generationsüberschreitender Vereinbarungen nicht durchgesetzt werden durften, aber der Betreiber mit seinem Abschlussbetriebsplan diese generationsüberschreitenden Vereinbarungen kippen durfte.
Wir halten daher die Seelösung immer noch für die schlechtere Wahl, weil anders als von vielen Politikern und dem Betreiber propagiert, Naturfläche verloren geht.
Auch wenn man davon ausgeht, wie dem Landwirtschaftsgutachten zu entnehmen ist, dass die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe und die von der Landwirtschaft in Anspruch genommene Fläche schrumpfen könnte und man zusätzlich davon ausgeht, dass entgegen der Vision einer bekannten Stiftung, die Landwirtschaft nicht in Fischwirtschaft umsattelt, wird bei einem 1.120 ha großen Restsee (auch ohne die nicht nachhaltige Vision „Wohnen auf dem See) der Natur und der naturnahen Erholung wesentlicher Renaturierungsraum (Herstellung der Verhältnisse vor dem Tagebau) genommen und lediglich ein minimaler Bruchteil der ökologischen Zerstörung durch den Tagebau „geheilt“.
In Verantwortung für unsere Nachfolgegeneration lehnen wir die Planung der Seelösung oder von Teilbereichen solange ab, bis zumindest die Abwicklung der Spätfolgen des Bergbaues auf allen Ebenen, Grundwasser, Oberflächenwasser, Flächenverteilung, Biotopstabilisierungen und Biotoperneuerungen geklärt ist.
Dies erfordert im Vorfeld transparente Aufarbeitung und die Festlegung eines angestrebten ökologischen Zustandes nach abgeschlossener Renaturierung (auch nach 150 Jahren).
Eine Verjährungsfrist “Jahrzehnte alter Altlasten“, wie sie im Rahmenbetriebsplan 2, für Maßnahmen ausdem Rahmenbetriebsplan 1 schon heute vollzogen wird, muss bei derart langfristigen Projekten so gut wiemöglich ausgeschlossen werden.
Durch Herstellen der Seelösung in Salamitaktik, hier in Form der Herstellung einer Flachwasserzone mit Erstbefüllung durch Sümpfungswasser, darf diese ökologische Forderung nicht verwässert werden.
Die Herstellung eines Flachgewässers mit Sümpfungswasser (ohne die bei natürlichen Oberflächengewässern typischen chemischen Eigenschaften und Temperaturen), wenn dies eine ökologische Maßnahme darstellen sollte, muss abgelehnt werden, weil es sich schon wegen der Befüllung nicht um Renaturierung handelt.
Ob ein „Sümpfungs“gewässer naturtypische Aspekte im Laufe der Zeit in ausreichendem Maß entwickeln kann und wie dies erreicht wird, bliebe durch ein gezieltes Monitoring zu überprüfen.“
3.
Der vom Morken schrieb am 6.03.2017 um 00:12 Uhr:
@ Findus
Wen wollen Sie bei der nächsten Landtagswahl nicht wählen? Alle?
Wenn es hart auf hart kommt, nicken alle. Sitzen doch auch aus allen Parteien Herrschaften in zig Aufsichtsräten bei RWE und seinen zig Firmen.
Seinerzeit haben auch die Grünen Garzweiler II zugestimmt. Heißt, Bärbel Höhn sei über den Tisch gezogen worden.
Tja, so es stimmt, sehr dumm gelaufen, wenn auch nicht wirklich zu entschuldgen.
Man hätte doch mal Leute fragen können, die was davon verstehen.
Wasser für’s Volk? Angeblich soll es Oberflächenwasser aus dem Rhein richten. Lecker!
Das ist doch was anderes als unser hervorragendes Grundwasser, das zu den besten Deutschlands zählt, das dank Tagebau ohnehin schon dran glauben muss.
Schon heute hat der Rhein oft nicht genug Wasser, was aber von RWE-Experten bestritten wird.
Die wollen sparen und die Bürger sollen bitte zusehen, wie sie zurecht kommen.
Wie schon von mir beschrieben – die und sicher auch uns wird es nicht mehr stören, es sei denn wir werden alle so alte wie Methusalem, was eher unwahrscheinlich ist.
2.
Der vom Morken schrieb am 6.03.2017 um 00:01 Uhr:
Restsee. Das klingt fast schon niedlich. Vor allem harmlos. Bei Restseen, die den Chiemsee an Größe und vor allem Tiefe (bis zu 400 Metern!) überbieten werden.
RWE will Geld sparen und statt Renaturierung Seen volllaufen lassen will – oder anders und vermutlich richtiger: in Jahrzehnten volltröpfeln lassen.
Ganz nach dem Motto: nach uns die Sintflut, sollen sich nachfolgende Generationen mit den Folgen rumschlagen und vor allem für diese zahlen müssen!
Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern. Getreu diesem Spruch können auch Fachleute aller Art und RWE beteuern, dass alles wunderbar funktionieren wird. Ist das nicht der Fall, wird nicht einer von denen zur Rechenschaft gezogen werden können, da Tod nun mal die beste Form der Verhinderung ist.
Denn, bis die Seen mal voll sind vergehen 40 bis 60 Jahre und länger.
Garzweiler wird erst ab 2045 volllaufen. Ganz natürlich, dass bis dahin die heute Verantwortlichen nicht mehr leben werden.
Unfassbar vor allem, dass Politiker solchen Wahnsinn unterstützen und auch noch allen Ernstes glauben (was bekanntlich nicht wissen bedeutet) der Nachwelt etwas Tolles zu hinterlassen.
RWE spart hunderte Millionen und alle Risiken liegen (AKWs lassen grüßen) beim Bürger.
Gewinne realisieren, Verluste und Kosten sozialisieren.
Schließlich soll jeder was davon haben – und sei es nur Probleme und Kosten.
1.
Findus schrieb am 3.03.2017 um 13:56 Uhr:
Den Klimawandel haben die „Erfinder“ der Restseenlösung bestimmt nicht im Fokus gehabt.
Es ist nämlich mehr als unwahrscheinlich, dass Wasser aus dem Rhein für die Füllung der Restseen herangezogen werden kann.
Die Gletscher, die den Rhein bisher mit Wasser füllen, werden in wenigen Jahren nicht mehr vorhanden sein.
Dann wird auch der Pegel des Rheins stark nach unten tendieren. Für die Entnahme von Restwasser ist dann kein Raum mehr.
Mit welchem Wasser will man die denn die Naturschutzgebiete feucht halten, die heutzutage bereits von zugeleitetem Sümpfungswasser abhängig sind?
Und wer sorgt dafür, dass die Menschen um die Restseen herum trinkbares Wasser zum Leben erhalten?
Die Manager von RWE können dank Ihrer Boni und Riesengehälter anderswo hinziehen. Wir dürfen hier versäuertes Wasser genießen.
Die Sache mit den Restseen wird sich als riesengroßer Planungsfehler herausstellen.
Nur schade, dass man die Verursacher dann nicht mehr haftbar machen kann.
Aber man kann ja wenigstens bei der kommenden Landtagswahl diejenigen nicht wählen, die weiterhin zur Braunkohlenförderung stehen.