Protest von Sozialverbänden und Opposition zeigt Wirkung: Nahles hebt Sozialhilfe-Kürzungen für behinderte Menschen auf
Hauptredaktion [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Für Erwachsene in der Grundsicherung gilt normalerweise die Regelbedarfsstufe I mit 100 Prozent der Leistungen, für Ehe- und Lebenspartner die Stufe II, in der 90 Prozent der Grundsicherung gezahlt werden. 2011 waren die Regelbedarfsstufen neu gefasst worden.
Seitdem galt für volljährige Behinderte, die nicht im eigenen Haushalt leben, die 20-Prozent-Kürzung in der Regelbedarfsstufe III (319.20 Euro). Diese Praxis wurde von Behindertenverbänden wie dem VdK vielfach als Diskriminierung kritisiert.
Die Richter am Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hatten die widerrechtlich dieser Kürzungspraxis bestätigt und damit argumentiert, die 20-Prozent-Kürzung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz und die UN-Behindertenkonvention.
Trotz der oftmals schwierigen finanziellen Lage der Familien weigerte sich die CDU/SPD geführte Bundesregierung, über Monate hinweg die Urteile des Bundessozialgerichts umzusetzen.
Die Familien sind doppelt benachteiligt, da die Eltern wegen der Behinderung ihrer erwachsenen Kinder häufig ihren Beruf nur eingeschränkt ausüben können.
Deshalb brachten erst vor kurzem die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Die Fraktion der Linken und die PiPa-Gruppe einen gemeinsamen Antrag in den Rat der Stadt Mönchengladbach ein, worin sie forderten, sich in Mönchengladbach an der Handhabung in Bonn, wo erwerbsunfähige Behinderte, die im Haushalt der Eltern leben, Leistungen nach der Regelstufe I der SGB XII erhalten (399 Euro), zu orientieren.
Diese Forderung scheiterte an der Mehrheit aus CDU/SPD (GroKo) im Rat der Stadt Mönchengladbach.
Dazu Karl Sasserath, Fraktionssprecher der Grünen in Mönchengladbach: „Ich freue mich, dass das Arbeits- und Sozialministerium nun die Richtigkeit unseres Antrages im Nachhinein bestätigt und einlenkt hat.
Diese überfällige Kehrtwende zeigt, es ist widerrechtlich, Menschen mit Behinderungen, die voll erwerbsgemindert sind und beispielsweise bei ihren Eltern, oder in einer Wohngemeinschaft leben, die Grundsicherung pauschal zu kürzen.“
Nachdem der öffentliche Druck gegen die diese zweifelhafte Praxis nicht abebbte, sieht sich Bundessozialministerin Andrea Nahles (SPD) jetzt gezwungen die Blockadehaltung ihres Ministeriums aufzugehen und die widerrechtliche Kürzung aufzuheben.
Damit erhalten behinderte Menschen, die im Erwachsenenalter bei ihren Eltern wohnen bleiben, künftig jeden Monat rund 90 Euro mehr Sozialhilfe als bisher.
Das Bundessozialgericht hatte das eindeutig so entschieden.
Auch jetzt noch setzt die CDU/SPD-geführte Bundesregierung nicht die Urteile des BSG in einer entsprechenden Gesetzesänderung des SGB XII um, wonach Menschen mit Behinderung im Haushalt der Eltern etc. die Regelstufe 1 zusteht.
Die Personen werden weiterhin in der Regelstufe 3 belassen.
Aber die Ministerin sieht sich auf Grund des Drucks und der Zunahme der Klagen gezwungen, die finanzielle Differenz zwischen der Stufe I und Stufe III zu gewähren – ohne die erforderliche Rechtssicherheit zu schaffen.
Dies soll erst im Jahre 2017, wenn die Regelsätze neu konzipiert werden sollen, geschehen.
„Es kann nicht sein, dass bei Erwachsenen, die voll erwerbsgemindert sind und die zum Beispiel noch bei ihren Eltern wohnen, automatisch angenommen wird, sie trügen nicht zur Haushaltsführung bei. Auf Grundlage dieser Annahme werden sie aber auch weiterhin der Regelbedarfsstufe 3 zugeordnet. Das muss sich ändern! Ob die Bundesregierung die Benachteiligung dieser Personengruppe wirklich dauerhaft beheben möchte, werden wir weiterhin aufmerksam verfolgen“, sagt Anita Parker, Vorstandssprecherin von Bündnis 90/Die Grünen des Kreisverbandes Mönchengladbach.