Gutachten: „Kanalprüfung NRW rechtswidrig“
Hauptredaktion [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Der wissenschaftliche/ juristische Dienst des Landtages von Nordrhein-Westfalen hatte hinsichtlich der Dichtheitsprüfung die rechtliche Begutachtung zu folgender Fragestellung durchzuführen:
„Ist die Vorschrift des § 61a Landeswassergesetz NRW, nach der private Abwasserkanäle bis spätestens Ende 2015 durch zugelassene Sachkundige auf Dichtheit zu prüfen sind, nach Inkrafttreten des Wasserhaushaltsgesetzes des Bundes mit der Kompetenzordnung des Grundgesetzes vereinbar?“
Der Parlamentarischen Beratungs- und Gutachterdienst des Landtags Nordrhein-Westfalen veröffentlichte am 03.02.2012 in der Landtagsinformation 15/181 das 30-seitige Gutachten.
Hier die Zusammenfassung:
„Der Bundesgesetzgeber hat von seiner neuen konkurrierenden Kompetenz für die Materie des Wasserhaushaltsrechts mit dem Erlass des WHG Gebrauch gemacht.
Dabei hat der Bundesgesetzgeber in § 61 Abs. 2 WHG bundeseinheitlich und bundesweit den Grundsatz der Selbstüberwachungspflicht für alle, d.h. auch private Abwasseranlagen (Hausanschlüsse) eingeführt.
Die Ausgestaltung der Selbstüberwachung ist durch entsprechende Verordnungsermächtigungen allein der Bundesebene vorbehalten. Hiervon hat der Bund allerdings noch keinen Gebrauch gemacht.
Die aus der Gesetzesbegründung abgeleitete Folgerung, dass deshalb bestehendes Landesrecht bis zum Erlass einer Rechtsverordnung des Bundes weiter gilt, ist rechtlich nicht haltbar.
Ob durch den Erlass des WHG und insbesondere durch § 61 Abs. 2 WHG eine Sperrwirkung gegenüber dem § 61a LWG NRW nach Art. 72 Abs.1 GG eingetreten ist, ist derzeit nicht mit abschließender Sicherheit feststellbar.
Dies insbesondere auch deshalb nicht, weil auf diesen Fall bezogene einschlägige Rechtsprechung noch aussteht.
Das Wasserhaushaltsrecht als Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung unterfällt zugleich der Abweichungsgesetzgebung des Art. 72 Abs. 3 GG.
Der Landesgesetzgeber NRW hat von einer Abweichungsbefugnis in Bezug auf § 61a LWG keinen Gebrauch gemacht.
Hinsichtlich der Dichtheitsprüfung steht einer Abweichungsbefugnis aber auch entgegen, dass es sich bei § 61a LWG um eine anlagenbezogene Regelung i.S. des Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 GG handelt.
Anlagebezogene Regelungen sind nach dieser Vorschrift abweichungsfest und damit einer Abweichungsgesetzgebung der Länder nicht zugänglich.
Auch aus diesem Grund stellt die Regelung des § 61 a LWG im Ergebnis einen Kompetenzverstoß dar, der letztlich zur Nichtigkeit der Vorschrift führt.
§ 61a LWG widerspricht schließlich einer bundesrechtlich eingeführten Grundsatzregelung, nämlich der Selbstüberwachung von Abwasseranlagen.
Bereits deshalb kann ein Kompetenzverstoß gegen Art. 74 S. 1 Nr. 32 GG (Wasserhaushalt) angenommen werden. Die Landesvorschrift widerspricht darüber hinaus weiteren Bundesregelungen des Wasserhaushalts- und Bodenschutzrechts, die bei den Normadressaten als gegenläufig ankommen.
Daher verstößt § 61a LWG auch gegen den Grundsatz der Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung und damit gegen das Rechtstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG.
Beide Verstöße dürften mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls zur Nichtigkeit der Norm führen.
Selbst wenn die zuvor angenommen Kompetenzverstöße nicht gegeben sein sollten, ist eine Gesetzeskollision von Bundes- und Landesrecht anzunehmen. Art. 31 GG „Bundesrecht bricht Landesrecht“ löst als Rechtsfolge ebenfalls eine Nichtigkeit des § 61a LWG aus.
Zugunsten von Gesetzen – und damit auch zugunsten des § 61a LWG – spricht grundsätzlich die Vermutung der Verfassungsmäßigkeit.
Die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes kann daher erst dann angenommen werden, wenn sie durch ein dazu berufenes Gericht rechtkräftig festgestellt worden ist.“
2.
Kerstin Königs schrieb am 1.03.2012 um 22:11 Uhr:
Vielen Dank an Herrn Blumberg für den Hinweis. Die Seite der BI ist sehr zu empfehlen!
1.
Hauptredaktion schrieb am 28.02.2012 um 21:34 Uhr:
Hierzu erreichte und eine eMail von Wilfried Blumberg von der BI „Alles dicht in Lindlar“ http://www.alles-dicht-in-lindlar.de/. Hier ein Auszug:
„Das Studium des Gutachtens ist empfehlenswert, jedoch nicht eindeutig und leicht zu verstehen. Da werden sich in Zukunft sicherlich noch viele Rechtsgelehrten mit beschäftigen müssen.
Nach Rücksprache mit Herrn RA … ist seine Meinung und die eines Kollegen von Haus & Grund einhellig, dass nun beide in den Landtag eingebrachten Gesetzentwürfe ihre Grundlage verlieren und wieder alles offen ist.
Wir werden sehr auf der Hut sein müssen, das weitere Vorgehen kritisch begleiten, wahrscheinlich noch einen langen steinigen Weg vor uns haben …“