Mitnahme von E-Scootern in Bussen: OLG Hamm weist Beschwerde des BSK zurück • Keine Entscheidung in der Sache • Richter sieht den Gesetzgeber gefordert [mit O-Tönen]
Hauptredaktion [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Entgegen anders lautenden Presseveröffentlichungen hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm nicht entschieden, dass die Verkehrsunternehmen keine E-Scooter in ihren Bussen und Bahnen mitnehmen müssen.
Vielmehr hat das Gericht aus formalrechtlichen Gründen die Beschwerde des Bundesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter (BSK) gegen eine Entscheidung des Landgerichts Dortmund zurückgewiesen. Das LG Dortmund hatte entschieden, dass BOGESTRA nicht gezungen werden könne, E-Scooter-Nutzer zu befördern.
Der BSK hatte als anerkannte Verbraucherschutzorganisation das Nahverkehrsunternehmen Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG (BOGESTRA) verklagt, weil es die Elektroscooter für Gehbehinderte nicht mehr mitnimmt.
Dieses Verhalten der BOGESTRA sei für Menschen mit Behinderungen, für die E-Scooter ein anerkanntes Hilfsmittel sei, für den Erhalt der Mobilität eine Diskriminierung und widerspreche u.a. der UN-Behindertenrechtskonvention.
In seiner etwa 20-minütigen Erläuterung der Rechtslage ging der berichterstattende Richter Ernst Klett (Bildmitte) auf mehrere Gesetze und Verordnungen den Bundes und der EU ein und bemerkte u.a., dass hinsichtlich der Beförderungspflicht zwischen der Mitnahme von Personen und „Sachen“ zu unterscheiden sei.
Medizinische Hilfsmittel, wie E-Scooter seien „Sachen“ und demnach nicht Bestandteil der Beförderungspflicht.
Dem widersprachen Manfred Liebich, BSK-Experte für Barrierefreiheit im öffentlichen Raum (links im Bild) und BSK-Anwalt Lars Rieck und betonten, dass Betroffene ohne ihre medizinischen Hilfsmittel ihre Rechte auf Beförderung im ÖPNV nicht wahrnehmen können.
Liebich: „Das ist diskriminierend“.
Richter Klett betonte, dass sich das Gericht zur Frage, ob die Mitnahme von E-Scooter gefährlich sei oder nicht bewusst nicht geäußert habe. Parallel seien ja auch auf gesetzgeberischer Ebene Aktivitäten im Gange und diese „Instanz“ sei die richtige.
Er könne die Position des BSK durchaus nachvollziehen, betonte aber es sei nicht Aufgabe von Gerichten, Regeln zu entwickeln. Dies sei Sache des Gesetzgebers.
Im anschließenden Interview mit unserer Zeitung analysierte Rechtsanwalt Rieck die vom OLG vertretende Rechtsauffassung.
Wie der BSK nach diesem Beschluss weiter vorgehen könne und werde, könne man erst nach Vorliegen der schriftlichen Begründungen in etwa 3 Wochen diskutieren.
[audio:17-03-03-Interview-Rieck-712_1060.mp3]Nicht unerwartet konnte Manfred Liebich die Entscheidung des 12. Senats des OLG Hamm nicht nachvollziehen.
Insbesondere bekräftigte er die BSK-Position, wonach medizinische Hilfsmittel, wie ein E-Scooter, untrennbar mit den Betroffenen zu sehen sind, also keine „Sachen“ seien und somit unter die Beförderungspflicht von ÖPNV-Unternehmen fallen.
[audio:17-03-03-Interview-liebich-712_1061.mp3]Unterstützung erhielten die Kläger von der BSK-Kontaktstelle Mönchengladbach und vom Leiter BSK-Landesvertretung Karl-Josef Günther (selbst unmittelbar betroffener E-Scooter-Fahrer), die mit einem Banner deutlich machten, dass Mobilität ein Menschenrecht sei.
Dass gegenüber dem ersten Verfahren am 30.10.2015 vor dem Landgericht Bochum erheblich weniger Betroffene als „Unterstützung“ teilnahmen, führte Günther u.a. darauf zurück, dass das OLG nur mit dem ÖPNV zu erreichen und damit der Weg für viele betroffene E-Scooter-Fahrer – auch aus der Region – zu beschwerlich sei.
Schließlich würden sich auch die Hammer Verkehrsbetriebe weigern, E-Scooter mitzunehmen.
Als durchaus rege kann auch das Interesse der Presse an diesem Verfahren bezeichnt werden. Örtliche Printmedien berichteten ebenso, wie die AKTUELLE STUNDE des Wdr und die Lokalzeiten.