Literaten der Region: Albert Thelen
Andreas Rüdig [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Albert Thelen wurde am 28. September 1903 in Süchteln als Sohn des Buchhalters Louis Thelen und dessen Ehefrau Johanna Scheifes geboren. Seine Schulzeit verlebte er an der Volksschule (1909–1913) und an der Kaiser-Wilhelm-Schule (1913–1918).
Nach nur einem Jahr brach Thelen den Besuch des Gymnasiums in Viersen 1919 ab. Die Gründe für diesen ungewöhnlichen Schritt? Sie sind mir unbekannt. In der Folgezeit absolvierte der junge Mann in der Firma „Ling & Duhr“ in Süchteln bis 1922 eine Schlosserlehre.
Nach seiner Ausbildung bekam Thelen bei „Fa. W. Schäfer“ in Viersen eine Anstellung als technischer Zeichner. Doch schon im folgenden Jahr beendete er das Arbeitsverhältnis, um für ein Jahr die Textilfachschule in Krefeld zu besuchen.
Ab 1925 studierte Thelen dann Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte an der Universität Köln. Im darauffolgenden Jahr wechselte er an die Westfälische Wilhelms-Universität in Münster.
1928 lernte Thelen seine spätere Ehefrau Beatrice Bruckner kennen. Seinen Lebensunterhalt verdiente sich Thelen zwischen 1928 und 1931 als Arbeiter auf der Geflügelfarm seines älteren Bruders Josef.
In diesen Jahren bemühte sich Thelen immer wieder, selbst geschriebene Texte zu veröffentlichen. Ein erster Erfolg kam am 12. September 1929.
Er veröffentlichte Text „Versuch einer Deutung“ – es war ein Artikel über den Maler Hermann Schmitz in der Vereinigten Drei-Städte-Zeitung.
Die Jahre 1931 bis 1936 verbrachte Thelen zusammen mit Beatrice Bruckner auf der Mittelmeerinsel Mallorca. Über die Gründe für den Wohnortwechsel ist zumindest mir nichts bekannt. 1934 heiratete Thelen Bruckner in Barcelona.
Auf Mallorca begann er, unter dem Pseudonym Leopold Fabrizius Kritiken zu schreiben und zu veröffentlichen. Seine letzte Kritik unter diesem Namen schrieb Thelen am 28. April 1940. Als 1936 der Bürgerkrieg ausbrach, vertrieben die Falangisten das Paar nach Marseille. Von dort aus führte sie die Emigration nach Auressio, Tessin.
Thelen lernte den niederländischen Schriftsteller Hendrik Marsmann 1934 auf Mallorca kennen. Und war mit ihm bis zu dessen Tod befreundet. Zusammen mit Marsman übersetzte er die Paulus-Biografie des portugiesischen Dichters und Mystikers Teixeira de Pascoaes ins Niederländische.
Auch Pascoaes’ Werk Hieronymus (Hiëronymus. De dichter der vriendschap, 1939) übersetzten sie gemeinsam. In den Jahren 1937 bis 1939 lebten Marsman und seine Frau Rien zeitweise zusammen mit dem Ehepaar Thelen im Exil im Tessin. Als sie vom Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt erfuhren, schien ihnen der Aufenthalt in der Schweiz zu unsicher und sie flohen nach Bordeaux.
Thelen konnte Marsman nicht bewegen, mit ihm nach Portugal zu kommen. Thelen hatte eine Einladung von Pascoaes bekommen. Marsman flüchtete nach England. Unterwegs ging das Schiff unter; er ertrank, seine Frau konnte gerettet werden.
Der portugiesische Dichter Teixeira de Pascoaes beherbergte Thelen und seine Frau zwischen 1939 und 1947 auf seinem Weingut „São João de Gatão“ bei Amarante. Während der Zeit war Thelen überaus literarisch produktiv.
Einen Schwerpunkt seiner Arbeit bildete dabei sein Werk als Literat und Übersetzer.
1947 ließ sich Thelen für über sieben Jahre mit seiner Ehefrau in Amsterdam nieder. 1954 hielt sich Thelen kurz in Locarno in der Schweiz auf, nur um sich dann Ende des Jahres in Ascona niederzulassen.
Dort blieb er bis 1960. Bis 1973 hielt er sich in Blonay bei Vevey auf. In Ascona (Casa Rocca Vispa) wie in Blonay (La Colline) verwaltete Thelen Landgüter für eine niederländische Emigrantin, die in Mexiko lebte.
1962 wurde Thelen als „Verfolgter des Naziregimes“ anerkannt und ihm eine kleine Rente bewilligt. Es ist jedenfalls auffällig, daß Thelen lange Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg im Ausland lebte und er erst spät in seine niederrheinische Heimat zurückkehrte.
Als die von ihm verwalteten Güter 1973 verkauft wurden, ließ sich Thelen mit seiner Ehefrau bis 1986 in Lausanne-Vennes nieder. Mit Wirkung von 27. Dezember 1984 verlieh ihm das Land Nordrhein-Westfalen den Titel Professor.
Im Oktober 1986 kam Thelen zusammen mit seiner Ehefrau nach Viersen-Dülken ein.
Dort starb er dann im Alter von über 85 Jahren am 9. April 1989. Seine Ehefrau überlebte ihn um knapp drei Jahre († 19. Januar 1992).
„Nach dem Literaturwissenschaftler Jürgen Pütz ist Thelen bis heute „… der große Unbekannte der deutschen Literatur“, obwohl sein Roman „Die Insel des zweiten Gesichts“ als eines der großen literarischen Werke des 20. Jahrhunderts gilt. Mit einer unnachahmlichen sprachschöpferischen Fabulierlust verarbeitet er in diesem Roman die Jahre, in denen er auf Mallorca lebte,“ ordnet ihn die Internetenzyklopädie Wikipedia ein.
Von Thelen habe ich erstmals gehört, als ich begann, mit der Literaturszene von Mönchengladbach zu beschäftigen. Seinen Namen fand ich sinnigerweise in dem Wikipedia-Text über die Nachbarstadt Viersen.
Wohl um die leichte Veränderbarkeit (und damit auch Verfälschbarkeit) der Wikipedia-Texte wissend, hoffe ich doch, daß die Daten in dem Text über Thelen stimmen.
Die Thelen`sche Biographie wirkt sehr bewegt; aber allein schon wegen der vielen unterschiedlichen Stationen (und der damit unter Umständen verbundenen Sprachschwierigkeiten) wüßte ich nicht, wie ich sie auf ihre Richtigkeit und Korrektheit hin überprüfen sollte.
Wie bekannt ist Thelen in der allgemeinen und literarischen Öffentlichkeit? Wird er im Schulunterricht durchgenommen oder an Universitäten besprochen? Gibt es eine Albert-Thelen-Gesellschaft?
Inwieweit sind seine Bücher im (deutschen) Buchhandel überhaupt erhältlich? Fragen über Fragen, auf die ich keine Antwort weißt.
Dass Thelen in vielen Stadtbibliotheken vor Ort vertreten ist, zeigt mir ein Blick in Digibib, dem digitalen Suchsystem, das es mir erlaubt, den Bestand öffentlicher Büchereien nach bestimmten Stichworten zu durchsuchen.
Allein die Stadtbücherei Mönchengladbach weist beispielsweise 18 Einträge auf.
Wer sich also neugierig geworden ist und Thelen kennenlernen möchte, kann also vor Ort in „seiner“ Stadtbücherei nachfragen. Fündig wird er auf jede Fälle und kann sich dann bei Bedarf über den auswärtigen Leihverkehr auch Bücher besorgen, die gerade mal nicht vor Ort präsent sind.