Methangas-Anlage Wanlo: Gemeinde Jüchen stellt weitere kritische Fragen – Grüne stufen NVV als „persona non grata“ ein

Hauptredaktion [ - Uhr]

00Unter TOP 3 der Tagesordnung der heutigen Sitzung des Jüchener Gemeinderates stand die Abstimmung einer sechsseitigen Stellungnahme der Gemeinde Jüchen zum Bebauungsplan und zur Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Mönchengladbach, zu der Mönchengladbach der Gemeinde Jüchen eine Fristverlängerung eingeräumt hatte (PDF öffnet nach Klick auf das Bild).

Darin finden sich teilweise mehr als kritische Anmerkungen zum Vorhaben von NVV und Mönchengladbacher Politikern. Hier eine Auswahl:

  • Auswahl des aktuell geplanten Standortes aufgrund schon „vorhandener Vorbelastungen“
  • Ganz offensichtlich unrichtige Unterstellung der NVV, die Gemeinde Jüchen habe andere Standorte abgelehnt
  • Fragen zur Verarbeitung anderer „Inputstoffe“ als Mais und Gülle
  • Verkehrliche Planungen, bei denen mehrere Aspekte unterstellt wurden, die unzutreffend seien
  • Fragen des Immissionsschutzes (u.a. Geruchsbelästigung auch durch Kompostieranlage)

Dass Bürgermeister Zillikens den Projektleiter Rutten der NVV und einen Vertreter des planenden Ingenieurbüros eingeladen hatte, ohne dass die Ratsmitglieder darüber informiert waren, sorgte für Irritationen und teilweise auch Unmut.

Zwischenzeitlich soll der Nutzungsvertrag zwischen NVV und RWE Power bezüglich der Nutzung von RWE-Straßen bei der Gemeindeverwaltung Jüchen vorliegen. Zu diesem Vertrag wollte Gerolf Hommel (FWG Jüchen) wissen, wie lange dieser Vertrag gelte und dieser auch den Transport anderere Materialien als Mais einschließe.

Rutten erklärte dazu, dass dieser Vertrag nur bis 2015 laufe.

Rutten betonte, dass es sich nicht um eine Biogasanlage der NVV handele, sondern um eine Anlage der Biogas-Gesellschaft, an der zu 50% „Landwirte aus der Region“ beteiligt seien.

Auf die Verbindlichkeit von Zusagen der NVV zu den Transportstrecken angesprochen, verwies Rutten auf die „Monitoringkommission“. Rutten wörtlich: „Wenn Sie es wünschen, werde ich dafür sorgen, dass jemand aus Jüchen in diese Kommission kommt.“

Hinsichtlich des Vertrages zwischen NVV und RWE-Power ergänzte BM Zillikens, dass in diesem Vertrag nicht festgelegt sei, was transportiert werden darf.

Zur Frage der in der Anlage zu verarbeitenden Stoffe beschrieb Rutten, dass im Laufe des Verfahrens klar geworden sei, dass es sinnvoll sei, auch Grünschnitt „in kleinen Mengen“ beizufügen. Es ginge hierbei um „sauberen“ Grünschnitt beispielsweise von den Rasenflächen der Borussia und von Golfanlagen.

Auf Hommels Frage, ob die „als verbindlich“ festzulegenden Fahrtrouten der Anlieferfahrzeuge auch für den Abtransport der Gärreste gelten würden, erklärte Rutten: „… für den Abtransport der Gärreste werden die gleichen Wege genommen.“ Auch diese seien festgeschrieben und vorgegeben.

Dass im Liefervertrag mit den Landwirten explizit steht, dass ausschließlich die Landwirte selbst und nicht die Betreibergesellschaft für den Abtransport der Gärreste (und auch die  Kosten dafür) verantwortlich sind, erwähnte Rutten nicht.

Auch nicht, dass weder die NVV noch die Biogas-Gesellschaft irgendeinen Einfluss darauf hat, welche Fahrtrouten die abholenden Landwirte nehmen.

Er stellte lediglich die Vermutung an, dass Landwirte, die ja alle Gesellschafter der Betreibergesellschaft seien, schon deswegen Interesse daran hätten die Verkehrswege einzuhalten.

Dass diese Aussage kaum überzeugen konnte, zeigten die Fragen von Dr. Tessmann, ob es zutreffe, dass Mais auch aus dem Gebiet Kaarst komme, und wie es um die NVV-Planung stehe, die eine Straße berücksichtige, die noch nicht einmal im Landestraßenbedarfsplan enthaltene sei und frühestens 2018 zur Verfügung stehe.

Rutten erklärte dazu, die L 354n sei nicht in den Verkehrsplanungen enthalten.

Nicht aufklären konnten Rutten oder Bürgermeister Zillikens, wieso die L 354n in den Plänen, die in Wickrath auslagen, als Transportstrecke eingezeichnet seien, wo sie Dr. Tessmann gesehen habe.

Zillikens konnte dies nicht sehen, weil der Gemeinde Jüchen lediglich eine grobe Gebietsübersicht zur Verfügung gestellt wurde, der keinerlei Streckendetails zu entnehmen waren.

Rutten meinte, dass die NVV bereit sei, „alles“ in einem ‚Städtebaulichen Vertrag’ mit der Gemeinde Jüchen“ zu regeln.

Fraglich erscheint es jedoch, ob ein solcher Vertrag nach §11 des Bundesbaugesetzes (BBauG) überhaupt geschlossen werden kann, da Jüchen nicht „Herr des Planungsverfahrens“ für die Methangas-Anlage ist.

Als „persona non grata“ bezeichnet der Jüchener Grünensprecher Thomas Dederichs die NVV in der heutigen Sitzung des Jüchener Gemeinderates. Dass dies keine Effekthascherei war und er vielen Ratsmitgliedern aus dem Herzen sprach, zeigte der spontane Applaus aller Ratsmitglieder, der seinen dezidierten Ausführungen folgte.

Dederichs befasst sich mit der Angelegenheit „Methangas-Anlage“ in Wanlo seit mehr als 3 Jahren. Dederichs wörtlich:

„Mich macht der erste Satz in der Begründung des Bebauungsplanes wütend und traurig. Wenn ich hier lese, dass der gewählte Standort zwischen Mönchengladbach-Wanlo  und Jüchen-Hochneukirch zur Errichtung einer Biogasanlage sich anbietet, weil dieser Bereich bereits durch die Kompostieranlage, die Windkraftanlagen und die Bundesautobahn aktuell stark vorbelastet ist, dann macht es mich wütend.

Wütend weil dieser Bereich mein Zuhause ist. Dieser Bereich ist mein Zuhause, wo ich geboren worden bin, wo ich groß wurde, wo meine Kinder groß werden und dieser Bereich wird gewählt von unserem Nachbarn, der sagt, dieser ist geeignet, weil er schon vorbelastet ist.“

An Rutten gewandt erklärte Dederichs, er (Rutten) könne „hundertmal sagen“, dass die NVV nur zu 50% an der Gesellschaft beteiligt sei. Die NVV sei der Initiator dieser Anlage und die Landwirte seien nur Partner geworden weil die NVV sie brauche.

Dieser Standort sei nicht geeignet und sei von der NVV nur gewählt worden, weil er wirtschaftlich der einfachste Standort wäre.

Noch deutlicher wurde Dederichs hinsichtlich NVV-Lieferverträgen und Konzessionen: „Ich sage jetzt etwas, was ich so ernst meine, wie ich es zum Ausdruck bringe. Für mich persönlich und für Bündnis 90/Die Grünen wird die NVV im diplomatischen Sinne persona non grata.

Wir werden in Zukunft über Dinge im wirtschaftlichen Sinne verhandeln, die um ein Vielfaches über den kleinen Bereich einer Biogasanlage hinaus gehen.

Wir werden über Konzessionsverträge verhandeln, wir werden über andere Bereiche verhandeln und wir werden am Ende jeder Einzelne Entscheidungen treffen müssen, wo er zukünftig seinen Strom, sein Wasser und Gas beziehen wird. Ich habe meine Entscheidung schon getroffen.

Ich werde mein Gas und meinen Strom woanders beziehen, und werde mich mit allen meinen politischen Möglichkeiten dafür einsetzen, wenn es einen Anbieter gibt, der eins zu eins das Gleiche bietet, dass die Persona non grata sicherlich nicht mehr der Vertragspartner werden wird.“

Dederichs forderte die NVV „als Initiator für den Standort Wanlo“ auf, „diesen Standort nicht weiter zu verfolgen“

Erkennbar war, dass auch SPD-Sprecher Dr. Tessmann noch Antworten auf einige kritische Fragen haben möchte. Daran scheint auch ein Gespräch mit seinem Mönchengladbacher Amtskollegen und Genossen Lothar Beine nichts geändert zu haben.

Dass Dr. Tessmann Punkte in die Diskussion einbrachte, die für einige Ratsmitglieder, insbesondere CDU-Sprecher Esser, vollkommen unbekannt waren, trug nicht zum ansonsten guten Klima der politischen Debatte bei. War aber darin begründet, dass sich Dr. Tessmann die Unterlagen und vor allem Pläne in Wickrath angesehen hatte und die Pläne offensichtlich von denen, die der Gemeinde Jüchen zur Verfügung stehen, abzuweichen scheinen.

Insgesamt fanden sich alle im Gemeinderat Jüchen vertretenen Fraktionen im Stellungnahme-Entwurf der Verwaltung wieder und stimmten diesem zu.

4 Kommentare zu “Methangas-Anlage Wanlo: Gemeinde Jüchen stellt weitere kritische Fragen – Grüne stufen NVV als „persona non grata“ ein”
  1. Worfür hält uns eigentlich Herr Rutten? Wenn ich hier lese:

    „Rutten betonte, dass es sich nicht um eine Biogasanlage der NVV handele, sondern um eine Anlage der Biogas-Gesellschaft, an der zu 50% „Landwirte aus der Region“ beteiligt seien.“

    Ach, Herr Rutten! Wer ist denn diese Biogas-Gesellschaft? Wo gehen denn später die Gewinne unter? Von den erträumten Einnahmen wird die Stadt MG nämlich nicht viel oder gar nichts sehen.

    Steht nicht hinter allem die gute alte NVV? Ist da nicht alles ein- und dasselbe, immer nur mit anderen Etiketten?

    Oder ist die ganze Sache inzwischen schon so peinlich, dass die NVV nicht mehr namentlich im Zusammenhang mit dieser wunderbaren Geldvermehrungsanlage genannt werden will? Biogas-Anlage Wanlo = einer der Goldesel der NVV.

    Da heute schon Sprüche zitiert wurden. Hier noch einer: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert! Ob das so sein wird, werden wir noch sehen.

    Wenn das Beispiel von Herrn Dederichs aus Hochneukirch Schule macht, bekommt die NVV, egal ob sie nun mit der Biogasanlage zu tun haben will oder nicht, die Auswirkungen ihrer ingnoraten und arroganten Geschäfspolitik noch zu spüren.

    Hoffentlich erinnern sich in ein paar Jahren auch die Wähler, dass es Zeit für einen Wechsel ist – nur, da wird es schwieriger, da die Auswahl leider sehr beschränkt und die Begeisterung für diesen subventionierten Methanunsinn durch alle Farben (sogar die Grünen!) groß ist.

    Schade!

  2. Jüchen zeigt klare Kante, sagt der Stadt Mönchengladbach erfrischend offen: „Ihr arbeitet mit unwahren Behauptungen“.

    Nun sollte die politische Mehrheit ihre Kraft einsetzen, dieses Schandthema aus der Welt zu schaffen.

    Wieviel Image will der politisch besetzte Aufsichtsrat der Stadttochter NVV noch weiter verspielen?

    Ein „weiter so“ würde unserem Ansehen bundesweit schaden, die Glaubwürdigkeit der NVV ist kaum mehr reparabel.

    Die beteiligten Bauern werden zu Verlierern dieses Dramas degradiert.

    Wem sind sie da bloß aufgesessen? Nicht wahr Herr Rutten und Konsorten.

  3. Kompliment an Herrn Dederichs: Endlich redet auch ein Grüner mal Tacheles.

    Er bringt es auf den Punkt: Wenn ein Konzern meint, sich gegen seine Kunden stellen zu wollen, stellen die sich gegen ihn.

    Die NVV hat nur eigene Produkte, die Kunden haben viele (zur Auswahl).

    Wenn das Schule macht, wird sich das NVV-Management die Frage stellen, ob es da nicht auf das falsche Pferd (Biogas-Anlage Wanlo) setzt, oder gesetzt wurde.

    Also, runter vom Pferd, bevor noch mehr Geld „verbrannt“ – äh: „vergast“ oder „vergährt“ wird.

  4. da kriegen herr beine & co es noch mal schriftlich, dass sich jüchen nicht gegen den standort güdderath und andere ausgesprochen hat.

    kann es jetzt noch einen zweifel geben, dass die nvv mit gezinkten karten gespielt hat, als sie lauthals verkündete, jüchen sei dagegen gewesen?

    hier greift das, was meine mutter mir schon in meinen jungen jahren versucht hat, mir klar zu machen: „es ist nichts so fein gesponnen, es kommt alles ans licht der sonnen“.

    wie wahr!

    und noch etwas ist wahr: „wenn du nichts weißt, musst du glauben!“

    oder andersrum: „wer glaubt, braucht nix zu wissen!“

    nun, liebe biosgas-promoters, merkt ihr was?

    und einen wahren spruch habe ich noch: „wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, auch wenn er mal die wahrheit spricht!“

    der spruch gilt übrigens auch in unserem westlichen nachbarland: „een leugenaar wordt niet geloofd, al zweert hij bij zijn ziel en hoofd“ (oder so ähnlich).

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