Gesamtbewertung der Gegner der Flughafen-Kapazitätserweiterung: „Flughafengesellschaft bleibt Nachweis für Notwendigkeit schuldig“ [mit PDF-Download]
Bernhard Wilms [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
[20.02.2017] In einer sechstätigen Beratung hatte sich die Bezirksregierung Düsseldorf mit den etwa 40.000 Einwendungen gegen die Kapazitätserweiterung des Flughafens Düsseldorf zu befassen
Nach Meinung der am Widerstand beteiligten Städte und Bürgerinitiativen hat sich an mehreren Punkten gezeigt, dass der Antrag nicht genehmigungsfähig ist.
Die Unterzeichner einer gemeinsamen Erklärung (weiter unten in diesem Artikel) fordern deshalb den Verkehrsminister auf, den Antrag abzulehnen.
Hierzu gehören die Stadt Meerbusch, die Stadt Ratingen, die Stadt Kaarst sowie die Initiativen „Bürger gegen Fluglärm e.V.“, „Ratingen gegen Fluglärm e.V.“, „Kaarster gegen Fluglärm e.V.“, der „Heimat- und Bürgerverein Lohausen-Stockum e.V.“, die „Arbeitsgemeinschaft Leben in Lohausen“, „Gegen Fluglärm MG-Ost“, die Siedlergemeinschaft Düsseldorf-Nord und das Mülheimer Netzwerk gegen Fluglärm
Nach Beratung der Einzeleinwendungen kommen die Unterzeichner zu dem Schluss, dass keine überzeugenden Gründe für eine Erweiterung der Kapazitäten vorliegen, außer reine Profitinteressen des Flughafens.
Dazu der Vorsitzende des Vereins „Kaarster gegen Fluglärm e.V.“ Werner Kindsmüller: „Es liegt nicht einmal eine Verkehrsprognose vor, in der der Flughafen den behaupteten Mehrbedarf zu begründen versucht. Es ist auch klargeworden, dass der Flughafen einen hinsichtlich der maximalen Flugbewegungen bewusst unbestimmten Antrag vorgelegt hat und zugleich die Auswirkungen ‚klein rechnet‘“.
Experten hätten nachgewiesen, dass ein Flugbetrieb mit 60 Bewegungen pro Stunde unweigerlich zu weiteren Verspätungen in der Nacht führen müsse, da die technische Kapazität im Zweibahnbetrieb bei maximal 60 Starts und Landungen in der Stunde limitiert sei.
Hier die Gesamtbewertung der Unterzeichner vom 20.02.2017 im einzelnen.
„Auch nach mehr als 60 Stunden Beratungszeit ist es dem Flughafen nicht gelungen, die starken Bedenken der Anwohner gegen seine Ausbau-Pläne auszuräumen.
Die Aussprache zu den mehr als 40.000 Einwendungen hat vielmehr die Kritik der Erweiterungsgegner verstärkt, dass mit der Genehmigung des Antrags eine erhebliche Ausweitung des Flugverkehrs in den Tagesstunden, aber auch in den Nachtstunden einhergehen würde.
Bereits heute ist die Situation der Anwohner durch die rücksichtslose Ausnutzung der bestehenden Betriebsgenehmigung unerträglich.
Dies gilt insbesondere für die Nachtstunden.
Durch eine extreme Zunahme der Verspätungen und die Sonderrechte der Home-Base-Carrier wird die Nachtruhe in den vergangenen Jahren immer stärker beeinträchtigt.
Der Flughafen konnte auch in den vergangenen Tagen den Nachweis nicht führen, dass es für die beantragte Kapazitätserweiterung einen verkehrswirtschaftlichen Bedarf gibt.
Im Ergebnis halten die Bürgerinitiativen der betroffenen Anwohner die Planrechtfertigung für nicht gegeben.
Tatsächlich hat sich der Verdacht verstärkt, dass es der Antragstellerin ausschließlich um Profitinteressen geht.
Die behaupteten ökonomischen Vorteile wurden widerlegt.
Ein öffentliches Interesse an einer Genehmigung der Kapazitätserweiterung besteht nicht. Vielmehr würde eine Genehmigung zu einer massiven zusätzlichen Belastung für die Anwohner und die Umwelt führen.
Eine Genehmigung ist mit dem Angerland-Vertrag nicht vereinbar.
Die Ersatzbahn ist eben gerade nicht mehr – wie auch vom OVG 2007 bestätigt – im Antrag des Flughafens dafür vorgesehen, in Spitzenzeiten über Tag den Verkehr durch die Freigabe der Ersatzbahn zu regulieren und Verspätungen zu verhindern.
Die beantragte Flexibilisierung soll vielmehr gerade verkehrs-steigernd genutzt werden und verlässt den vom OVG 2007 gesteckten Rahmen für die Nutzung in Spitzenzeiten von maximal 50% der Betriebswochenstunden.
1. Der Antrag ist nicht begründet:
Die Antragstellerin hat keine belastbare Prognose vorgelegt, die die behauptete tatsächliche Nachfrage nach zusätzlichen Flugbewegungen im behauptetem Umfang belegen kann.
Eine Verkehrsprognose, die den Bedarf nachvollziehbar darstellt, hat der Flughafen nicht vorgelegt.
Insofern sind auch die Auswirkungen auf die Lärmentwicklung und die Umwelt nicht bewertbar.
Dies ist ein gravierender Verfahrensfehler, der zur Ablehnung des Antrags führen muss!
2. Der Antrag ist nicht klar und eindeutig.
Die Antragstellerin weist darauf hin, dass sie keine Gesamtanzahl von Flugbewegungen beantragt habe, sondern Stunden-Eckwerte.
Zugleich hat der Flughafen beantragt, die heutige Obergrenze von 131.000 Flug-Bewegungen in den sechs verkehrsreichsten Monaten zu streichen.
Damit stünde dem Flughafen im Falle einer Genehmigung des Antrags eine Kapazität von 178.000 Slots für diesen Zeitraum und insgesamt 318.000 (heute: 256.000) für das Jahr zur Verfügung.
Es ist insofern irreführend für die Berechnung der künftigen Auswirkungen im Falle einer Genehmigung in den Fachgutachten den beliebig angenommenen Wert von 138.200 Flugbewegungen zugrunde zu legen.
Der Flughafen musste in den Erörterungen einräumen, dass er in Spitzenzeiten von einem Anstieg der Flugbewegungen von bis zu 30% ausgeht.
Insgesamt hat die Erörterung ergeben, dass aufgrund der fehlenden Verkehrsprognose eine realistische Abschätzung der Auswirkungen auf die Anwohner nicht möglich ist.
Die zusätzliche Belastung, insbesondere durch Lärm ist von den Gutachtern des Flughafens als zu gering angegeben.
Die Behauptung, die Genehmigung würde nicht zu mehr Nachtflugbewegungen führen, konnte nicht plausibel dargelegt werden.
Aufgrund der angestrebten Ausweitung der Flugbewegungen und der Begrenztheit der technischen Infrastruktur des Flughafens wird insbesondere das Verkehrsaufkommen in den abendlichen Spitzenstunden zu weiteren Verspätungen in den Nachtstunden führen.
3. Die Belastungen durch die Erweiterung sind fehlerhaft ermittelt
Da eine Verkehrsprognose fehlt, sind auch die Auswirkungen auf die Lärmentwicklung und die Umwelt nicht realistisch bewertbar.
Die lärmmedizinische Stellungnahme ist insofern unbrauchbar, weil sie die Zahl der Flugbewegungen zu gering ansetzt.
Tatsächlich würde es die Genehmigung des Antrags erlauben, die Zahl der Flugbewegungen von heute ca. 115.000 in den sechs verkehrsreichsten Monaten auf künftig 178.000 auszudehnen.
Die den Gutachten zugrunde gelegte Schwelle von 138.200 ist aufgrund der Angaben des Flughafens nicht nachvollziehbar.
Auf diese Weise sollen die Auswirkungen kleingerechnet werden.
Eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und eine Gesamtlärmbetrachtung lehnt der Flughafen ab.
Insofern ist die tatsächliche Belastung der Anwohner nicht ermittelbar.
Eine zusätzliche Belastung von Menschen in schutzwürdigen Einrichtungen, wie z.B. in Kindergärten, Schulen und Altenheime wird vom Flughafen bestritten.
Gleiches gilt für die Zunahme der Schadstoffbelastung durch die beantragte Erweiterung.
Die gesundheitlichen Auswirkungen erhöhter Immissionen werden nicht bewertet.
Dies gilt insbesondere auch für Feinstäube und Ultra-Feinstäube.
Eine solche Missachtung der Interessen der betroffenen Bürger ist nicht hinnehmbar!
4. Der Antrag ist nicht gerechtfertigt
Eine luftverkehrsrechtliche Planfeststellung ist dann gerechtfertigt, wenn sie im Einklang steht mit den öffentlichen Belangen und wenn sie zur Verfolgung dieser Ziele objektiv erforderlich ist.
Das öffentliche Interesse ist nicht dargelegt; die wiederholten Hinweise auf „die Gesetze des Marktes“ und die Interessen der Airlines, aus deren Interessenslage eine Erweiterung der Kapazitäten alternativlos sei, stellen betriebswirtschaftliche Interessen der Antragstellerin und von Fluggesellschaften dar, die aber nicht identisch sind mit dem öffentlichen Wohl und den Interessen der Bürger.
Es hat sich insofern der Eindruck bestätigt, dass der Antrag allein den Profitinteressen der Eigentümer des Flughafens Düsseldorf dient.
Ein angeblicher wirtschaftlicher Nutzen der Erweiterung wurde empirisch nicht nachgewiesen. Insgesamt hat der Flughafen nur positive Effekte berücksichtigt, die aber im Einzelnen nicht nachvollziehbar sind.
Die negativen Auswirkungen, insbesondere die steigenden Kosten durch Gesundheitsbelastung und Umweltschädigungen sowie die Beeinträchtigung der Existenz der Regionalflughäfen werden nicht berücksichtigt.
Eine gutachterliche Beurteilung der tatsächlichen Wohlstandseffekte wäre z.B. durch eine umfassende U-V-P möglich gewesen, die die Antragstellerin ebenso ablehnt, wie eine Gesamtlärmbetrachtung, die auch andere Emittenten einbezieht und die Gesamtbelastung auf die Anwohner ermittelt.
5. Eine Erweiterung ist aus verkehrswirtschaftlichen Gründen nicht erforderlich
Die Potenzial-Analyse des Flughafens besagt, dass auch am Ende des Prognose-Zeitraums 2030 in NRW ausreichende Kapazitäten für die von den Gutachtern des Flughafens angenommene wachsende Nachfrage vorhanden sind.
Für eine Ausweitung des mit 16% nur geringfügigen Geschäftsreiseverkehrs und der ca. 130 Interkontinentalflügen pro Woche existieren auch in den nächsten Jahren für den Flughafen Düsseldorf keine Restriktionen.
Das Gegenteil konnte der Flughafen nicht nachweisen.
Bezüglich der möglicherweise wachsenden Nachfrage nach Urlaubsflugverkehr in den nächsten Jahren bietet NRW mit seiner polyzentrischen Flughafenstruktur eine gute Voraussetzung, die allerdings im Falle einer Genehmigung des Antrags des Flughafens Düsseldorf gefährdet würde.
Großteil des heutigen und künftigen Bedarfes ist nicht an den Standort Düsseldorf gebunden.
Dies gilt insbesondere für Point-to-Point-Verkehre zu Urlaubs-Destinationen im Mittelmeerraum von außerhalb der Raumordnungsregion Düsseldorf.
Eine Kapazitätserweiterung des Flughafens Düsseldorf würde die ökonomische Existenz der NRW-Regionalflughäfen gefährden.
Es ist nicht sinnvoll, wie vom Flughafen Düsseldorf angestrebt, von Regionalflughäfen immer mehr dieser Urlaubsreisenden abzuwerben.
Es ist vielmehr vernünftig, die Nachfrage nach Urlaubsflügen auch künftig auf den bestehenden Regionalflughäfen wohnortnah befriedigen zu können.
Dem wirkt der Antrag im Ergebnis entgegen.
Insofern ist er verkehrswirtschaftlich und verkehrspolitisch schädlich.
Die Umlandstädte und die Bürgerinitiativen fordern deshalb die Genehmigungsbehörde, das Verkehrsministerium des Landes NRW, auf, den Antrag des Flughafens Düsseldorf abzulehnen.
Ersatzweise hat die Genehmigungsbehörde die Antragstellerin aufzufordern, einen neuen Antrag vorzulegen, in dem auf der Grundlage einer gerechtfertigten Verkehrsprognose eine seriöse Bewertung der Auswirkungen auf Mensch und Umwelt möglich ist.
In diesem Falle ist ein neues Auslegungs- und Beteiligungsverfahren erforderlich.“ (Zitat Ende)
Gesamtbewertung der Städte und Initiativen zum Download