Interview mit Regierungspräsidentin Anne Lütkes zum HSP – Teil I: Kommunale Handlungsspielräume und Kontrolle

Red. Politik & Wirtschaft [ - Uhr]

Am 20.12.2012 genehmigte die Düsseldorfer Regierungs­präsi­dentin Anne Lütkes den von der Stadt Mönchengladbach vorgelegten Haus­haltssanierungsplan (HSP) u.a. mit der Maßgabe, dass – sollten sich Prog­nosen und Annahmen nicht realisieren lassen – die Stadt entsprechende Kompen­sationsmaßnahmen zu ergreifen habe.

Vor diesem Hintergrund sprachen wir mit der Regierungspräsidentin u.a. zum Spannungsfeld zwischen Kommunalaufsicht und kommunaler Selbstverwaltung, zum aktuell diskutierten Thema des Neubaues einer Zentralblbliothek, zu Konsolidierungsaspekten bei städtischen Gesellschaften und zur Frage der „freiwilligen Leistungen“.

Dementsprechend erscheint das Interview in diesem SPECIAL in vier Teilen.

BZMG:

Frau Lütkes, wo beginnt die Kompetenz der Kommunalaufsicht und wo die der kommunalen Selbstverwaltung.

Regierungspräsidentin Anne Lütkes:

Grundlegend ist der Artikel 28 des Grundgesetzes, der klare Selbstverwaltungsgarantien im Rahmen der Gesetze formuliert. Aus dem Zusammenhang heraus, dass Kommunen Bestandteil des Landes sind, folgt – und das ist völlig unstreitig – das Recht der Landesregierung, Aufsicht auszuüben. Und diese Aufsicht ist bei der Bezirksregierung angesiedelt.

Artikel 28 hat Verfassungsrang und ist ein sehr hohes Gut, aber in Ergänzung durch die Gemeindeordnung gibt es Regeln, wodurch die Kommunen auch Anspruch darauf haben, in ihren Aufgaben unterstützt zu werden. …

BZMG:

… und wie stellt sich das in Bezug zum Stärkungspakt dar?

Lütkes:

Wenn Sie den Stärkungspakt sehen, wo ja erhebliche Mittel des Landeshaushaltes, also Steueraufkommen in die Kommunen gelenkt werden, dann ist es z.B. bei diesem Punkt verständlich, dass der Gesetzgeber sagt, dass diese Mittel auch im Sinne des Stärkungspaktgesetzes verwandt werden.

Und deshalb installieren wir durch Gesetz eine begleitende Kontrolle, die ein Stück mehr ist als die allgemeine kommunale Finanzaufsicht.

Für die Stärkungspaktkommunen der ersten und zweiten Stufe gilt, dass sie neben ihren Haushalten, wie immer schon, nun auch Haushaltssanierungspläne, bei uns zur Genehmigung vorlegen müssen.

Diese Pläne müssen in sich schlüssig sein. Wir wollen nicht spekulieren, sondern seriös rechnen.

Das Risiko liegt in jedem Fall bei den Kommunen, die mit den von ihnen aufgestellten Haushaltssanierungsplänen so umzugehen haben, dass dieses Risiko minimiert bleibt. Ansonsten müssen sie Alternativen entwickeln. Wir sind die Wächter darüber.

Dabei ist sowohl vom Landes- als auch vom Verfassungsgesetzgeber gewollt, dass möglichst viel Freiheit in der Gestaltung des Gemeinwesens garantiert ist.

Da es keine Insolvenz der Kommunen gibt, müsste das Land im Zweifelsfalle einspringen und zahlen. Daher gibt es zu Recht diese begleitende Aufsicht.

BZMG:

War das Stärkungspaktgesetz der richtige Schritt?

Lütkes:

Das Stärkungspaktgesetz war aus meiner Sicht ein richtiger Schritt. So sahen es alle fünf Regierungspräsidentinnen und –präsidenten, übrigens unabhängig von den Parteifarben.

Auch wie das Gesetz auf den Weg gebracht wurde und wie es sich entwickelt hat, fanden wir sehr gut. Wir sind Verwaltung und waren zufrieden, dass auch unser Fachverstand aus der Kommunalaufsicht heraus gefragt war.

BZMG:

Nun gibt es ja in den Kommunen viel Fantasie, was man noch gerne hätte, und was man noch alles Tolles machen könnte. Das korrespondiert manchmal nicht mit dem, was Sie zum Umgang mit öffentlichen Geldern beschrieben haben.

In manchen Fällen hat man den Eindruck, dass nicht richtig vorbereitet, Alternativen nicht sachgerecht und unbeeinflußt von Interessen untersucht wurden. Wie sehen Sie das?

Lütkes:

Sie müssen sehen, dass das Stärkungspaktgesetz ein gutes Jahr alt ist. Alle haben sehr schnell gearbeitet.

Es ging darum, den Städten sehr schnell einen Weg aufzuzeigen, den sie beschreiten können.

Deshalb haben alle Städte auch sehr kurzfristig mit knappen Fristen Haushaltskonsolidierungspläne aufstellen müssen.

Insofern haben wir Verständnis dafür, dass manche Dinge noch nicht zu Ende entwickelt sind, wie beispielsweise Personalmanagementkonzepte. Das kann man auch nicht erwarten.

Wir haben im Rahmen des Gesetzes die Anforderungen nicht übertrieben. Nichtsdestotrotz gibt es in den Haushaltsverfügungen Punkte, die nicht nachgebessert, sondern noch entwickelt werden müssen. Das erwarten wir auch.

Von den Kommunen, war Wuppertal die schnellste, die auch in der Fortschreibung des HSP am schnellsten war.

Wuppertal zum Beispiel ist sehr weit mit seinen Konsolidierungsgedanken. Aber auch die anderen Kommunen der 1. und 2. Stufe sind auf einem guten Weg. 

Dennoch ganz klar: Die Städte müssen weiter entwickeln, die Pläne kontinuierlich fortschreiben, und uns diese aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung vorlegen.

Die jährlichen Ausschüttungen an die Kommunen werden nur dann geschehen, wenn die Pläne schlüssig bleiben.

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