115: Behördentelefon zeigt auch, wo Bürgern der Schuh drückt – Mönchengladbach macht (noch?) nicht mit

Red. Politik & Wirtschaft [ - Uhr]

bzmg-handyWelche Unterlagen benötige ich für die Kfz-Zulassung? Wo beantrage ich Elterngeld? Wie beantrage ich einen Parkausweis für Schwerbehinderte? Wo erhalte ich eine Lohnsteuerkarte?

Zum 01. März 2011 führte der Kreis Viersen die Servicenummer 115 ein. „Das ist ein Meilenstein in Richtung Bürgerfreundlichkeit und Serviceorientiertheit“, sagt Landrat Peter Ottmann.

Eine Premiere: Die Adresse Rathausmarkt 3 in Viersen setzt als erstes Haus im Kreis Viersen auf die Rufnummer 115.

Der Vorteil für die Nutzer liegt auf der Hand: Musste man sich zuvor zäh durchfragen, mehrfach zum Hörer greifen und in Warteschleifen verweilen, erledigt sich die Anfrage künftig mit der Rufwahl der besagten drei Ziffern – ohne Vorwahl.

Der Service gilt Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr.

„Wir haben im vergangenen Jahr die eingehenden Telefonanrufe gemessen und festgestellt, dass rund ein Drittel aller Anrufer nicht zum gewünschten Erfolg kamen“, sagt Kreisdirektor Dr. Andreas Coenen. Für den Kreis Viersen ein klares Signal, schleunigst zu handeln und auf 115 umzustellen – ein Service, den bereits viele Kommunen in Deutschland nutzen.

Dr. Coenen geht davon aus, dass ab 1.3.2011 über D115 weit mehr als die Hälfte aller telefonischen Fragen zur Zufriedenheit der Kunden beantwortet werden können. „Ansonsten erhält der Anrufer innerhalb von 24 Stunden eine Rückmeldung.“

Die Telefonzentrale des Kreises Viersen mit der bekannten Rufnummer 02162/390 wird dadurch aber nicht aufgelöst.

 Coenen: „Für die erste Zeit laufen beide Nummern parallel, bis die 115 so bekannt ist, dass sie die alte Rufnummer überflüssig macht.“

Nach gut zwei Jahren Erfahrung mit D115 in Deutschland können 115-Kommunen sicher sein: 8 von 10 Anrufe können beim ersten Kontakt abschließend beantwortet werden. Nach der Pilotphase kann D115 nun also in den Regelbetrieb übergehen.

„Die Abdeckung des D115-Services umfasst aktuell knapp 15 Millionen Einwohner in Deutschland“, sagt Roland Waubert de Puiseau vom Bundesinnenministerium.

Der Architekt des D115-Verbundsystems blickt zufrieden auf 30 kreisfreie Städte und Kreise, sieben Bundesländer sowie 21 Bundesbehörden, die „Ja“ zur Servicenummer sagen.

GeldDa der Kreis Viersen das Paket D115 nicht alleine stemmt, sondern sich über das Servicecenter bei der Stadt Dortmund einklinkt, rechnet sich die Umstellung auf Dauer sogar.

Ausgehend von 100 Anrufen pro Monat, fallen für das Jahr 2011 Kosten in Höhe von rund 2500 Euro an. Geld, das auf der anderen Seite wieder eingespart wird, beispielsweise durch die Entlastung der Telefonzentrale und komplizierte Beantwortungsvorgänge, die die jeweiligen Sachbearbeiter lange von ihrer eigentlichen Arbeit abhalten.

Dortmund telefoniert bereits seit Jahren mit 115, so dass diese Zusammenarbeit die wirtschaftlichste Lösung für den Kreis Viersen bietet.

Landrat Ottmann ist von der Servicequalität überzeugt. Daher sollen in absehbarer Zeit alle Leistungen der Kreisverwaltung über diesen Service angeboten werden können.

Nun hofft der Kreis Viersen, dass sich nach einem erfolgreichen Einstieg auf breiter Ebene auch die fünf Städte und vier Gemeinden im Kreisgebiet zu D115 durchringen. Bis dahin sollte die 115 auch flatrate-fähig und festnetz-fähig  sein – also für die Anrufer gebührenfrei.

„D115 macht sicher nur dann bei uns flächendeckend Sinn, wenn die Bürgerinnen und Bürger nicht nur die meisten, sondern alle Fragen beantwortet bekommen“, sagt Landrat Ottmann.

Ab dem 01.03.2011 bekommen Anrufer also binnen Sekunden Auskunft über Kfz-Wesen, Bußgeld oder Gewerbeangelegenheiten – um nur drei der wichtigsten zu nennen – , aber nicht zu Ausweisangelegenheiten oder Hundesteuer.

Auch hier ist der Kreis zuversichtlich, dem Bürger in absehbarer Zeit das komplette D115-Paket anbieten zu können.

logo-mgSteht diese Service-Nummer auch bald Mönchengladbach’s Bürgern zur Verfügung? Wohl kaum, wie die BZMG-Nachfrage beim städtischen Presseamt ergab.

Die Stadt MG hat in 2007 nach Evaluation der Anforderungskriterien und Gesprächen mit dem Städtetag und dem Innenministerium beschlossen, nicht als Pilotkommune an dem Projekt „Einheitliche Behördenrufnummer 115“ teilzunehmen, da bestimmte Kriterien nicht erfüllt waren.

Dazu gehörten u.a. organisatorische Gründe. Am Modellversuch sollten idealerweise Kommunen teilnehmen, die bereits über ein telefonisches Servicecenter verfügten.

Das war und ist in Mönchengladbach nicht der Fall.

Auch finanzielle Überlegungen haben eine Rolle gespielt. Der Eigenanteil der an dem Pilotversuch teilnehmenden Kommunen war zur damaligen Zeit noch nicht festgelegt.

Die finanzielle Situation der Stadt MG als Kommune, die unter Haushaltssicherung steht, konnte in diesem Zusammenhang nicht außer Acht gelassen werden.

Die Stadt Mönchengladbach verfolgt daher die Projektphase und will mögliche Ergebnisse und Anregungen zur Verbesserung des hiesigen Bürgerservices aufnehmen und je nach Möglichkeit umsetzen.

Vielleicht wird aus dieser eher unverbindlichen Absichtserklärung ja auch in Zusammenarbeit mit Vertretern von Parteien und Bürgerinitiativen mal etwas verbindliches.

Warum also nicht hierzu zu einem runden Tisch einladen, sich mit Bürgern über Erfahrungen und Probleme bei Anfragen an die Verwaltung austauschen, Ideen sammeln und gemeinsame Lösungswege erarbeiten?

Möglicherweise überrascht die Stadtverwaltung ja auch die Bürger mit Neuerungen. Die Frage ist nur, ob die Bürger auch positiv überrascht sein werden. Eine Bürgerbeteiligung könnte an dieser Stelle neue Maßstäbe setzen.

pfeil-rechts1 Umfassende Informationen zum Projekt des Behördentelefons 115: www.d115.de

Hintergründe zur Projektcharta D115

Das Projekt D115 hat der Bund im Frühjahr 2007 ins Leben gerufen. Vorbild waren beispielsweise die USA (Call 311 in New York), 101 in England oder 3939 Service Public France.

Mit der einheitlichen Behördenrufnummer wird unabhängig von Zuständigkeiten ein einfacher direkter telefonischer Zugang zu Auskünften über Leistungen der öffentlichen Verwaltung gewährleistet, heißt es in der Projektcharta.

Ziel ist, eine stärkere Ausrichtung öffentlicher Verwaltungen auf die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger und der Wirtschaft zu erzielen.

Durch D115 werden die Ämter bzw. Fachabteilungen entlastet. Die Anfrage wird gezielt gesteuert, Abläufe werden verbessert. Wer mit 115 wirbt, muss sicherstellen, dass 75 Prozent aller Anrufe innerhalb von 30 Sekunden angenommen werden.

Aktuell liegt die Quote bei 84 Prozent. Die Beantwortungsquote soll zu Beginn mindestens bei 55 Prozent liegen.

Andernfalls muss der Bürger binnen 24 Stunden eine kostenfreie Rückmeldung bekommen – je nach Wunsch per Mail, Fax oder Rückruf.

Die Servicestelle 115 vermittelt auf Wunsch Telefonate zum gewünschten Sachbearbeiter bzw. ins gewünschte Amt.

Die 115 ist behindertenfreundlich: Gehörlose können über einen internetfähigen Computer oder über ein Videotelefon in Gebärdensprache mit der Hotline kommunizieren.

Inzwischen haben deutschlandweit rund 1,9 Mio. Bürger die 115 gewählt.

Gegenwärtig werden in den Servicecentern 1200 Anrufe pro Tag aufgenommen.

Bei 115 nimmt NRW mit gut 48.000 Anrufen pro Monat eine Spitzenposition.

115-Tarife: Beim Festnetz überwiegend 7 Cent, maximal 14 Cent pro Anrufminute; beim Handy zwischen 17 und 20 Cent, maximal 29 Cent pro Anrufminute. Im Schnitt rufen zwei Drittel übers Festnetz, ein Drittel über Handy an.

[PM Kr Vie/bzmg]

2 Kommentare zu “115: Behördentelefon zeigt auch, wo Bürgern der Schuh drückt – Mönchengladbach macht (noch?) nicht mit”
  1. Bingo. Jetzt auch noch bei der Verwaltung Telefongebühren zahlen?

    Hier steht: Beim Festnetz überwiegend 7 Cent, maximal 14 Cent pro Anrufminute. Super!

    Gehts eigentlich noch? Die Nummer gegen Kummer können die gerne einführen.

    Warum soll ich dann aber mehr fürs anrufen zahlen als sonst?

    Geht schnelle oder richtige Auskunft nur gegen mehr Geld? Hallo??

  2. Wie die Pressestelle des Kreises Viersen am 12.09.2011 meldet, wird die Bürgerservice-Nummer 115 immer besser angenommen. Monatlich würden sich rund 200 Anrufer aus dem Kreis Viersen melden.

    Die Anfragen der Bürger reichen von Informationen über die Praxisgebühr, Beschwerdemöglichkeiten bei medizinischen Behandlungsfehlern, Bafög, Bildungskredite bis hin zu Anforderungen für Beglaubigungen.

    Von 8 bis 18 Uhr erhalten die Bürgerinnen und Bürger montags bis freitags kompetente Auskünfte über Leistungen der öffentlichen Verwaltung unabhängig von Zuständigkeiten: egal ob es sich um eine Bundes-, Landes oder kommunale Leistung handelt – die leicht zu merkende 115 ist ein direkter Anschluss zu Auskünften über Leistungen der öffentlichen
    Verwaltung.

    Voraussetzung: Die Behörden beteiligen sich an der einheitlichen Behördennummer.

    Der Kreis der Teilnehmer vergrößert sich stetig bundesweit um zahlreiche Gemeinden.

    Hierzu erklärt die IT-Beauftragte der Bundesregierung, Staatssekretärin Cornelia Rogall-Grothe: „Ich freue mich, dass sich zunehmend auch kleinere Kommunen für die 115
    entscheiden. Dies zeigt, dass die einheitliche Behördenrufnummer nicht nur für Großstädte, sondern auch für kleinere Kommunen attraktiv ist.“

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