Keine überhöhten Nachzahlungszinsen an Finanzamt zahlen
Dr. Stephanie Thomas [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Laut Bundesfinanzhof bestehen starke Zweifel, dass sechs Prozent Zinsen auf Nachzahlungen an das Finanzamt angemessen sind. Steuerzahler sollten alle Zinsfestsetzungen kritisch prüfen und im Zweifelsfall Einspruch einlegen.
Steuerliche Außenprüfungen haben für Steuerzahler nicht selten unangenehme Konsequenzen. Stößt das Finanzamt auf Unregelmäßigkeiten, flattert schnell ein saftiger Nachzahlungsbescheid ins Haus.
Gerade Unternehmen müssen je nach Fall hohe Summen schultern.
Neben den ausstehenden Steuern erhebt der Fiskus zusätzlich Zinsen von bislang sechs Prozent jährlich.
In einem aktuellen Beschluss hat der Bundesfinanzhof starke Zweifel an der Angemessenheit der Höhe des Zinssatzes erklärt (BFH, Az. IX B 21/18).
Die Vollziehung des angefochtenen Zinsbescheides wurde daher ausgesetzt.
Über die Frage, ob der gesetzliche Zinssatz verfassungsgemäß ist, muss nun das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entscheiden.
Den Richtern liegen in der Sache zwei Beschwerden vor.
Betroffene Steuerzahler sollten gegen Zinsbescheide ohne Vorläufigkeitsvermerk unbedingt Einspruch einlegen.
So sichern sie sich bei einem steuerzahlerfreundlichen BVerfG-Urteil ihren Anspruch auf eine Rückerstattung.
Für den Fiskus geht es um viel Geld. Laut Bundesfinanzministerium haben Betriebsprüfer im Jahr 2016 bundesweit Mehreinnahmen von rund 14 Mrd. Euro eingetrieben.
Insofern ist der Nachzahlungszinssatz von 0,5 Prozent monatlich oder sechs Prozent jährlich für den Staat eine lukrative Einnahmequelle.
Die Sache hat nur einen Haken: Der Zinssatz, der in gleicher Höhe auch für Steuererstattungen gilt, stammt noch aus der Zeit des „Wirtschaftswunders“.
Damals lehnte der Gesetzgeber die Verzinsung an geltende Anlage- und Darlehenszinssätze an.
In der aktuellen Niedrigzinsphase liegt der Satz nach Ansicht der BFH-Richter viel zu hoch. Der Zinssatz wird sich zukünftig wohl stärker an den aktuellen Marktzinsen orientieren müssen.
Eine Entscheidung des BVerfG wird noch für 2018 erwartet.
Die Finanzverwaltung hat auf das neue BFH-Urteil reagiert und ordnet die Aussetzung der Vollziehung aller Zinsbescheide unter bestimmten Voraussetzungen an. Grundlage ist ein neues Schreiben des Bundesfinanzministeriums (Az. IV A 3 – S 0465/18/10005-01).
Die Anweisung gilt grundsätzlich für Verzinsungszeiträume ab dem 1.4.2015. Unter Umständen ist auch eine Aussetzung für davor liegende Zeiträume möglich.
Dazu müssen Steuerzahler genau begründen, warum eine Zinszahlung für sie eine „unbillige Härte“ darstellt und sie demnach ein „besonderes berechtigtes Interesse“ an einer Aussetzung haben.
Betroffene sollten prinzipiell einen fachlichen Berater zu Rate ziehen.
Er sollte eine Bewertung der Erfolgsaussichten vornehmen und dafür sorgen, dass die Antragsgründe auf rechtlich sicherem Boden stehen.
Der vom Fiskus verfügte Zinszahlungsstopp gilt für alle Steuerarten. Voraussetzung ist, dass noch kein abschließender Steuerbescheid vorliegt und Steuerzahler die notwendigen Schritte einleiten.
Zunächst müssen Betroffene die Zinsfestsetzung anfechten.
Dazu ist ein schriftlicher Einspruch erforderlich. In dem Schreiben sollte unbedingt ein Verweis auf das genannte BFH-Verfahren erfolgen.
Damit ist es jedoch noch nicht getan. Steuerzahler müssen in einem weiteren Schritt ein Ruhen des Verfahrens beantragen.
Dazu genügt ein entsprechender Antrag in dem Einspruch, wobei allerdings auf die strittige Rechtsfrage hingewiesen werden muss. Hier sollten Antragsteller die beim BVerfG anhängigen Verfahren aufführen (Az. 1 BvR 2237/14 und Az. 1 BvR 2422/17).
Darüber hinaus sollten Steuerzahler eine Aussetzung der Vollziehung der Zinsfestsetzung beantragen. Nur so ist gewährleistet, dass Firmen den Zinsbetrag zum festgesetzten Zeitpunkt nicht doch noch zahlen müssen.
Ein Verweis auf die anhängigen BVerfG-Verfahren sollte nicht fehlen.
Was tun, wenn Steuerzinsen bereits gezahlt wurden?
Auch in diesem Fall kann ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung helfen. Die Finanzbehörde erstattet dann den gezahlten Betrag zurück.
Autorin: Dr. Stephanie Thomas: Rechtsanwältin, Steuerberaterin und Fachanwältin für Steuerrecht der Kanzlei WWS in Mönchengladbach
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