Orffs „Carmina Burana“ mit Ballett im Stadttheater

Red. Theater [ - Uhr]

Ein ausverkauftes Haus bei der Premiere von  „Carmina Burana“ von Carl Orff. Dieses Mal nicht als Konzert im entsprechenden  Saal, sondern als Bühnen-Aufführung im Theatersaal des Hauses.

Das gesamte Ensemble, also Solisten, Chor und Orchester sowie das Ballett ist auf der Bühne!

Carmina Burana, das ist so etwas wie ein Erfolgsroman, ein Weltschlager, den Orff landete.

Die Texte entnahm Orff  einer Sammlung von ca. zweihundert Liedern und Gesängen aus dem Mittelalter. Diese wurden im Kloster Benediktbeuern  im bayerischen Alpenvorland entdeckt.

Die Texte und Gedichte sind ein buntes Gemisch,  verschieden nach Form und Art, sehr unterschiedlich im Inhalt und dichterischem Wert.

Die Sprache ist Mittellatein, Mittelhochdeutsch mit europäischen (Welschen) Einsprengseln.

Orff komponierte diese Texte in einer Form, die später für ihn das Aushängeschild wurde. Man sagte dazu, er arbeitet mit einem Gummistempel.

Zu diesem Werk gehören unter dem Titel  „Trionfi“ noch die „Catulli Carmina“ und die „Trionfo di Afrodite“ ,  beide werden sehr selten aufgeführt.

Die Musik ist streng, knapp, manchmal etwas primitiv wirkend, aber unglaublich einprägsam und wirkungsvoll.

Orff verlangt für die Aufführung  einen möglichst großen Chor, ein großes Sinfonieorchester mit reichlich Schlagwerk, 3 Solostimmen, Sopran, Tenor, Bariton, und Kinder (Knaben)Chor.

Hier entschied man sich nicht für eine rein konzertante, sondern für eine Aufführung mit Ballett.

Dieses ist die 3. Aufführung in den letzten Jahren in dieser Form  am Stadttheater.

Ein sehr interessanter Abend. Musikalisch interessanter als die Ballettdarstellung.

Alexander Steinitz führte das große Ensemble schwungvoll  und diszipliniert, mit deutlicher Zeichengebung, durch die Tücken der Partitur.

Das Orchester folgte blitzblank, aufmerksam und intensiv.

Der Chor, der mit großer Tongebung  auftrumpfte, konnte durch seine Stimmgewalt ansprechen, die Pianostellen, vor allem im „Kleinen“ Chor, gelangen nicht ganz einheitlich.

War das „Si puer cum puellula“  anders besetzt als in der Partitur vorgeschrieben?

Es klang sehr uneinheitlich. Aber das sind Kleinigkeiten, die sich bestimmt abschleifen werden.

Der  Kinderchor tat brav seine Pflicht. Hier stellt sich natürlich die Frage, warum kein Knabenchor aus Mönchengladbach verpflichtet wurde. Hier sind doch mehrere Ensembles, die das hätten singen können, z.B. der Knabenchor der Ev. Hauptkirche!

Trotz dieser Bemängelungen ein großer Abend durch den Chor, die Solisten und das Orchester.

Die Solisten sangen ganz vorzüglich die höchst unterschiedlichen Aufgaben.

Sophie Witte sang mit sehr gut geführter Stimme, abgerundeten, warmen Tönen in Tiefe und Mittellage, blühenden, schön angesetzten und klingenden Tönen in der Extremhöhe (D), eine bildschöne Leistung.

Frank Valentin, den wir am Haus in Baritonpartien hörten, dann als Counter Aufsehen erregte, machte den Schwan, eine scheußlich schwer zu singende Partie, hervorragend.

Tobias Scharfenberger, der früher an unserem Haus engagiert war, jetzt zurückgekehrt ist, einen Vermerk   „Gast“   fand ich nicht,  sang zu meinem Vergnügen die Baritonpartie.

Eine ganz tolle Leistung, bildschöne Stimme, große Musikalität, umwerfende stimmliche Darstellung bis in höchste Höhen und Falsett.

Das Ballett kam der Choreografie von Norbert Orth vorzüglich nach.

Jeder Tänzer des großen Ensembles wurde auch seinen solistischen Aufgaben in großer Form gerecht.

Man sah viel Bekanntes aus vorhergehenden Choreografien,  wunderschöne, bunte Kostüme, Luisa Spinatelli, viel Bewegung, Laufaktion, auf der Bühne, einige Hebungen, ein paar Sprünge, die der Choreografie des „Bolero“ sehr ähnelten, zum Schluss sogar eine Reminiszenz an Strawinskys „Sacre du Printemps“, als die Solotänzerin nach einer Hebung im Ensemble mit hochgereckten Armen, zu Boden ging. Auch das ist etwas was immer wieder gebracht wird.

Aber was passierte in den derben Saufszenen, warum hüpfte der gerupfte, schon in der Pfanne zumindest halbgar gebratene Schwan noch auf der Bühne herum?  Paolo Franco tanzte wie immer vorzüglich, seine Handbewegungen waren gewiss dem „Sterbenden Schwan“ von Maja Plissetzkaja übernommen?

Eine auf Text und Musik eingehende Choreografie müsste anders aussehen.

Beim Publikum kam der Abend toll an. Großer Jubel, Standing Ovations, langer Beifall für alle Beteiligten. Es wird gewiss ein Publikumsrenner.

Herbert Rommerskirchen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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