Garzweiler II: Der Anfang vom Ende? • UPDATE vom 18.01.2017: 90.000 EURO für CDU-Politiker Gregor Golland
Red. Politik & Wirtschaft [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
[28.03.2014] Wie heute bekannt wurde, wird der Tagebau Garzweiler II verkleinert. Etwa ein Viertel des vorgesehenen Abbaugebietes wird den Braunkohlebaggern nicht zum Opfer fallen.
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft stellte heute gemeinsam mit Umweltminister Johannes Remmel, den Fraktionsvorsitzenden Reiner Priggen (B90/Die Grünen) und Norbert Römer (SPD) in einer Pressekonferenz die Vereinbarung vor.
Das bedeutet für Holzweiler bei Erkelenz, Dackweiler und einen einzelnen Hof kein Abbaggern und für rd. 1.350 Menschen den Erhalt ihrer Heimat.
Die Umsiedlung von Kuckum, Keyenberg und Beverath, die sich bereits im vorgerückten Planungsstadium befinden, wird dagegen umgesetzt.
Bis mindestens 2030 wird in Garzweiler II noch Braunkohle gefördert. Das Ende des Braunkohletagebaus, das bisher für ca. 2045 geplant war, scheint damit endgültig besiegelt.
Auch wenn RWE, wie der Konzern erklärte: „An seinen bisherigen Planungen zur Fortführung des Tagebaus Garzweiler II festhält“, ist die Spekulation aus dem vergangenen Jahr noch nicht ganz vergessen.
Damals machten sogar Mutmaßungen von einem vorzeitigen Aus von Garzweiler II in 2017 oder 2018 die Runde.
RWE und Vertreter aus der Region wie z.B. Erkelenz müssen nun, angesichts der neuen Situation Gespräche aufnehmen.
Der Essener Energieversorger zeigte sich offiziell wenig erfreut von dem Beschluss und bestätigte seinen Willen am Festhalten der bisherigen Planungen zur Fortführung des Tagebaus Garzweiler II.
Bis 2045 sollen dort nach RWE-Angaben 1,2 Milliarden Tonnen Braunkohle abgebaut werden.
RWE-Vorstandsvorsitzender Peter Terium hält es für falsch die Abbaugrenzen für Garzweiler II zu beschränken.
RWE sieht die Braunkohleförderung als Garant für preisgünstige Stromerzeugung und Versorgungssicherheit und gibt an, dass durch sie 35.000 Arbeitsplätze in NRW gesichert und Aufträge in Milliardenhöhe an die heimische Wirtschaft vergeben würden.
Ob und in wieweit RWE dieser Beschluss, der das Ende des Braunkohletagebaus für 2030 vorsieht, sogar entgegen kommt, wird kaum an die Öffentlichkeit dringen.
Tatsache ist, dass RWE bereits für 2013 die Dividende auf nur noch einen Euro je Aktie kürzte, was einer Halbierung entsprach, für die kommenden Jahre Nullrunden bei den Gehältern und den Abbau von 3.000 Stellen vor allem in der Kraftwerkssparte ankündigte.
Der BUND, einer der stärksten Gegner und Kritiker des Tagebaus, zeigte sich zwar erfreut über die aktuelle Entscheidung, schränkte aber bedauernd ein, dass immer noch rd. 1.400 Menschen infolge Umsiedlung ihre Heimat wegen eines, wie BUND-Landeschef Holger Sticht es formulierte, „schon aus heutiger Sicht komplett überflüssigen Tagebaus“ verlieren werden.
Der Braunkohletagebau steht seit Jahrzehnten wegen seines hohen Ausstoßes an Kohlendioxid und Zerstörung der Natur in der Kritik.
In der Politik wird die Entscheidung erwartungsgemäß von CDU und FDP als falsch kritisiert, weil sie die Versorgungssicherheit gefährde und CDU-Landeschef Armin Laschet sieht gar zehntausende Arbeitsplätze in NRW in Gefahr.
Zufrieden zeigen sich hingegen die Grünen, da mit dieser Entscheidung der Koalition erstmals bereits genehmigte Tagebauflächen verkleinert werden und die Menschen von Holzweiler und Dackweiler nicht dem Braunkolebagger weichen müssen, sondern ihre Heimat behalten werden.
Die SPD sieht Arbeitsplätze bis weit über das nächste Jahrzehnt hinaus gesichert, denn bis in die 2020er Jahre könnten noch jährlich rd. 100 Millionen Tonnen Kohle abgebaut werden. Für die SPD ist klar, dass man sich auf den auslaufenden Braunkohlebergbau vorbereite.
Auch der Vorsitzende der Bürgerinitiative „Stop-Rheinbraun“, Hans-Josef Dederichs, wertet die Entscheidung als großen Erfolg und richtig.
Nicht auszuschließen ist, dass der Zeitpunkt der Entscheidung/Bekanntgabe auch in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Kommunalwahl am 25.05.2014 zu sehen ist.
Die Vereinbarung im Wortlaut:
„Die Landesregierung sieht bis 2030 weiterhin die energiewirtschaftliche Notwendigkeit, Braunkohle in den Tagebauen des rheinischen Reviers abzubauen.
Dies erfordert im Gebiet des Tagebaus Garzweiler II die Umsiedlung der Ortschaften des dritten Umsiedlungsabschnitts.
In der Sitzung des Braunkohlenausschusses am 28.4.2014 wird die Landesregierung die energiewirtschaftliche Notwendigkeit im Einzelnen darlegen und begründen.
Gleichzeitig wird die Landesregierung für die Perspektiven nach 2030 – auf der Basis des Koalitionsvertrages und der dort genannten energie- und klimapolitischen Ziele – eine neue Leitentscheidung zur Braunkohlepolitik herbeiführen.
Dazu sollen zeitnah Gespräche mit dem Unternehmen RWE, den Vertreterinnen und Vertretern der Region und anderen Beteiligten begonnen, die energiepolitischen Entwicklungen seit der letzten Leitentscheidung und aktuelle energiepolitische Entscheidungen auf Bundes- und europäischer Ebene einbezogen werden.
Ziel ist, den Prozess bis Mitte 2015 abzuschließen.
Inhalt der Leitentscheidung sollen – ausgehend vom Koalitionsvertrag – vor allem Festlegungen zur Absenkung der Kohlefördermengen im rheinischen Revier, zur Absenkung der absoluten CO2-Emissionen aus der Braunkohleverstromung, zur Effizienzsteigerung der Braunkohleverstromung und zur Entwicklung des Kraftwerksparks sowie zum Ausbau regenerativer Erzeugungskapazitäten im rheinischen Revier sein.
Politisches Ziel der neuen Leitentscheidung ist es, dass nach dem 3. Umsiedlungs-abschnitt kein weiteres Umsiedlungsplanverfahren mehr durchgeführt werden muss.
Im Ergebnis ist dann auch der Braunkohlenplan Garzweiler II (vom 31.3.1995) entsprechend zu ändern, um die Abbaugrenzen anzupassen.“
3.
Rademacher schrieb am 30.01.2017 um 15:45 Uhr:
Liebe Radaktion!
Wo kann ich mich bewerben? Können Sie mir eine Adresse oder Telefonnummer geben?
Bin sehr interessiert und bestimmt auch fleißig. So einen Zweitjob wollte ich schon immer mal haben.
2.
Der vom Morken schrieb am 25.01.2017 um 22:39 Uhr:
CDU-Landtagsabgeordneter Gregor Golland ist Vorzeige-Lobbyist.
Er ist dafür, dass die Tagebaue weiterlaufen sollen (bis 2040 bzw. 2045) und Umsiedlungen per Gesetz erleichtert werden.
Wer den folgenden Strukturwandel zu zahlen hat weiß Herr Golland auch schon: das Land und die Steuerzahler.
So einfach und klar kann Politik sein.
Sein Engagement wundert nicht, denn er ist nicht nur seit 2004 Politiker (damals Kreistag Rhein-Erft), sondern auch noch Teilzeit-Mitarbeiter von RWE. Ein sehr gut bezahlter obendrein. Für zwischen 90.000 und 120.000 Euro arbeitet er dort. Wie das geht?
Das erklärt er gerne:
Ich arbeite einfach mehr als der Normalverdiener. Ich mache beide Jobs gut, sonst hätte ich sie nicht.
Das ist doch plausibel oder? Etwa nicht?
Jetzt mal nur kein Neid all‘ ihr Luschen, die ihr schon mit einem Job fast überfordert seid. Nehmt euch lieber ein Beispiel am bienenfleißigen Herrn Abgeordneten.
Jammern doch so viele, dass sie ohne Zweitjob nicht über die Runden kommen. Also nur mal ein bisschen mehr anstrengen so wie der Herr Golland, dann klappt das auch und dann gibt‘s dafür auch mehr Geld statt bei 450 Euro-Zweitjobs!
Leistung muss sich lohnen – wie beim Herrn Golland, der das seit 2004 lebt und beweist.
Seine Meinung, warum das so ist:
„Ich arbeite einfach mehr als der Normalverdiener. Ich mache beide Jobs gut, sonst hätte ich sie nicht.“
Wenn das keine klare Aussage ist. Unter mangelndem Selbstbewusstsein leidet Herr Golland offensichtlich nicht.
Kann man hier bei abgeordnetenwatch nachlesen:
https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/2017-01-18/kohle-fuer-kohle-interessenkonflikt-eines-abgeordneten
1.
Prima Klima schrieb am 29.03.2014 um 20:29 Uhr:
„Bis mindestens 2030 wird in Garzweiler II noch Braunkohle gefördert.“
Bis dahin sind es noch 16 Jahre Energiepolitik mit mindestens drei neuen Landtagen und 4 neuen Bundestagen.
Neben diesen ungewissen politischen Konstellationen mahnt auch der Rückblick auf die vergangenen 16 Jahre zur Zurückhaltung bei Prognosen:
1998 – Die rotgrüne Koalition beschließt den Kernenergie-Ausstieg.
2001 – Den KKW Betreibern werden verbindliche Reststrommengen zugestanden. Nachdem diese erzeugt sind, müssen die Kraftwerke stillgelegt werden. RWE erhält ein zusätzliches Erzeugungskontingent und verzichtet dafür auf Klage gegen das Bundesland Rheinland-Pfalz wegen Widerrufs der rechtsgültigen Betriebsgenehmigung für das KKW Mülheim-Kärlich.
2010 – Die Bundesregierung beschließt im September in ihrem Energiekonzept 2050 die Laufzeiten der Kernkraftwerke um durchschnittlich 12 Jahre zu verlängern.
2011 – Am 09. Juni verkündet die Bundeskanzlerin die sog. „Energiewende“ mit dem Fernziel, in 2050 80% der in Deutschland erzeugten elektrischen Energie aus regenerativen Quellen zu gewinnen. Der Bundestag beschließt den vollständigen Ausstieg aus der Kernenergie bis spätestens 2022. Die 8 zum Zeitpunkt des Fukushima-Unglücks zufällig außer Betrieb befindlichen Kernkraftwerke bleiben abgeschaltet.
Das Parlament nimmt damit die weniger als ein Jahr zuvor verkündete Laufzeitverlängerung wieder zurück.
Gegenwärtig wächst gesamtgesellschaftlich die Erkenntnis, dass nicht erst das Ziel 2050 der „Energiewende“ sondern auch bereits die auf dem Weg dorthin definierten Zwischenschritte nicht bezahlbar und zumindest im gesetzten Zeitrahmen technisch nicht realisierbar sein werden.
Der Zickzackkurs der jüngeren Vergangenheit lehrt uns, dass wahrscheinlich auch in den nächsten 16 Jahren bis 2030 beim Thema Energieversorgung vieles passieren wird, das wir heute noch gar nicht „auf dem Schirm haben“.
„Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.“
Dieser bekannte Aphorismus wird Niels Bohr zugeschrieben. Er erhielt 1922 den Nobelpreis für Physik für sein Atommodell, das das Fundament für die späteren Arbeiten zur Energiegewinnung durch Kernspaltung legte.