Hans Jonas • Teil I: Gesamtschule Neuwerk trägt seinen Namen • Namensfindung und Namensgeber
Red. Neuwerk [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Zehn Jahre nach ihrer Gründung heißt die Gesamtschule Neuwerk jetzt Hans-Jonas-Gesamtschule Neuwerk. Sie ist damit die erste Gesamtschule in Mönchengladbach, die sich nach einer Persönlichkeit benannt hat und damit ihr Profil schärft.
Beim Jubiläumsfest am 18.07.2013 wurde die Umbenennung im Beisein der jüngsten Tochter des 1993 verstorbenen Philosophen, Gabrielle Jonas-Bloom, und Oberbürgermeister Norbert Bude feierlich vollzogen.
Der Wunsch, die Schule nach dem 1903 in Mönchengladbach geborenen jüdischen Philosophen zu benennen, hatte sich an der Schule im Laufe eines längeren und offenen Prozesses entwickelt. An diesem Prozess zur Namensfindung waren Eltern, Schüler und Lehrer gleichermaßen beteiligt, Politiker und Verwaltung wurden hinzugezogen.
Von diesem demokratischen und offenen Prozess zeigte sich die aus New York angereiste Gabrielle Jonas-Bloom tief beeindruckt. Sie lobte die dahinter steckende ernsthafte Auseinandersetzung mit Leben und Werk ihres Vaters und die damit verbundenen tiefen Gedankengänge der bei der Namensfindung beteiligten Schüler, Lehrer und Eltern.
Die am Ende einmütig getroffene Entscheidung in solch einem zeitaufwendigen und demokratischen Prozess fand sie großartig und vorbildlich. Sie freute sich sehr, dass der Name ihres Vaters dem von da Vinci oder Galilei vorgezogen wurde. „Mein Vater hätte diese Namenswahl mit Sicherheit großartig empfunden und wäre sehr stolz gewesen“, meinte sie hierzu befragt.
Auch Bezirksvorsteher Hermann-Josef Krichel-Mäurer lobte die Art und Weise der Namensfindung der Gesamtschule Neuwerk. Gerne erinnere er sich an den Pädagogischen Nachmittag zur Namensfindung, an kritische Diskussionen und Sichtweisen bei aller Begeisterung für Technik, die an dieser Schule herrsche.
„Der Prozess und die Methodik war einfach nur klasse und neu“, lobte auch er die Gesamtschule Neuwerk, die sich eine mathematisch-naturwissenschaftlich-technische Ausrichtung schon seit Jahren auf die Fahnen geschrieben hat.
Im Dezember vergangenen Jahres hat dann der Schul- und Bildungsausschuss des Stadtrates einstimmig die Umbenennung beschlossen, nachdem auch die Familie von Hans Jonas ihre Zustimmung gegeben hatte.
Hans Jonas, dem 1989 die Ehrenbürgerschaft seiner Geburtsstadt verliehen wurde, hat als Philosoph mit dem Werk „Das Prinzip Verantwortung“ weltweite Anerkennung gefunden.
In seinem 1979 erschienenen Buch formulierte er eine Ethik für den Menschen im technologischen Zeitalter. Dem naiven Fortschrittsglauben setzte Jonas darin seinen Imperativ entgegen:
„Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlungen verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden.“
Hans Jonas stammte aus einer jüdischen Familie, die 1869 aus dem westfälischen Borken in die aufstrebende Textilstadt Mönchengladbach gezogen war, hier eine Lederwarenhandlung gründete und nach dem Ersten Weltkrieg eine Textilfabrik mit 120 Leinen-Webstühlen an der Hofstraße betrieb.
Jonas, der 1921 am Stiftisch Humanistischen Gymnasium sein Abitur machte, anschließend unter anderem Philosophie und Kunstgeschichte studierte und 1928 in Marburg promovierte, arbeitete nie aktiv im väterlichen Betrieb. Er hatte kein Interesse an der Weberei, ihn reizten mehr die philosophischen Auseinandersetzungen mit bekannten Geistesgrößen dieser Zeit.
Derweil mussten sich die Angehörigen in Gladbach mit dem aufkommenden Naziterror auseinandersetzen: In den 30er Jahren wurde das Familienunternehmen erst arisiert, dann liquidiert und im Juli 1939 schließlich aus dem Handelsregister gelöscht.
Hans Jonas hatte Deutschland im Sommer 1933 verlassen, blieb ein Jahr in London um sich dann in Palästina eine neue Heimat aufzubauen. Nach Deutschland wollte er erst wieder als Soldat einer Befreiungsarmee zurückkehren.
Dieses Versprechen hielt er: Im Sommer 1945 besuchte er als alliierter Soldat seine Heimatstadt Mönchengladbach.
Hier erfuhr er dass seine Mutter Rosa 1941 aus dem Elternhaus an der Mozartstraße in Mönchengladbach verschleppt und 1942 im Konzentrationslager Theresienstadt ermordet worden war.
Im neugegründeten Staat Israel leistete der inzwischen 45-jährige eine kurze Militärdienstzeit ab, bevor er 1949 nach Kanada und 1955 schließlich nach New York übersiedelte.
1955 erhielt er einen Ruf an die New School for Social Research in New York als Professor und Ordinarius für Philosophie.
Als Jonas 1987 in Frankfurt mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurde, besuchte er auf Einladung der Stadt auch Mönchengladbach und schrieb ins Goldene Buch: „Tief bewegt vom Empfang durch meine Vaterstadt, 54 Jahre nach meiner Auswanderung – eine unerwartet festliche Wiederkehr.“
Im November 1989 wurde Hans Jonas im Haus Erholung die Urkunde über das ihm vom Rat der Stadt verliehene Ehrenbürgerrecht überreicht.
Am 5. Februar 1993 ist Jonas in New Rochelle bei New York gestorben.
In Mönchengladbach ist bisher der Hans-Jonas-Park auf dem Abteiberg nach ihm benannt.
Nun trägt auch eine weiterführende Schule seinen Namen.
Der Name Hans Jonas soll von der Steuergruppe der Schule, die z. B. auch Projektwochen koordiniert, in den nächsten Jahren mit Inhalt und Leben gefüllt werden.
Damit fließen neben der Förderung der MINT-Fächer verstärkt auch ethische Gesichtspunkte in das Schulprogramm ein.