Petra Kammerevert (SPD): „Big Brother ist längst Realität“ – Europaparlament diskutiert über US Geheimdienstprogramm „Prism“
Hauptredaktion [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
„Das systematische Ausspionieren von EU-Bürgern durch die US-Regierung ist für das Europäische Parlament absolut inakzeptabel,“ erklärt die Düsseldorfer EU-Abgeordnete Petra Kammerevert (SPD).
Die skandalösen Enthüllungen der letzten Tage, wonach US-Behörden scheinbar problemlos auch auf die intimsten Daten von mehr als 500 Millionen Europäern zugreifen können, hatten die Europa-Parlamentarier daher am Dienstagmorgen kurzfristig als Thema auf die Tagesordnung des Plenums setzen lassen.
„Die nun ans Licht gekommene Praxis der Massenüberwachung von Millionen von Bürgern ist nach unserem Verständnis von Bürgerrechten und auch nach unserem geltenden Recht illegal, skandalös und inakzeptabel, aber wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs“, so die SPD-Europaabgeordnete Petra Kammerevert.
„Seien es SWIFT oder ACTA, die inneramerikanischen Diskussionen über SOPA und andere Gesetzesinitiativen, die Sammlung und massenweise Weitergabe von Fluggastdaten an staatliche Stellen oder nun das Prism-Programm: Die USA zeigen deutlich, dass der Schutz persönlicher Daten und der Schutz der Privatsphäre, egal ob von US-Bürgern oder von Nicht-US-Bürgern, ihnen nichts wert ist. I
n einem Rechtsstaat ist Datenschutz aber kein Luxus, sondern ein Grundrecht!
Es schlägt dem Fass endgültig den Boden aus, wenn der Chef des US-Geheimdienstes am Wochenende den Medien, die die Überwachung aufgedeckt und öffentlich gemacht haben, Rücksichtslosigkeit vorwirft. Dies zeigt auch, welches Verständnis von freier und unabhängiger Presse zumindest der Geheimdienstchef hat.
Aus meiner Sicht kann man der „Washington Post“ und dem britischen „Guardian“ nur danken, dass sie diese Machenschaften des amerikanischen Staates und – wie sich inzwischen herausgestellt hat, auch anderer Staaten, wie Kanada und Großbritannien – aufgedeckt haben. Dies ist genau die Aufgabe, die Medien in der Gesellschaft wahrzunehmen haben.“
Den Medienberichten zufolge werden jeden Monat 30 Milliarden Daten von Seiten der USA gesammelt.
„Es kann mir niemand glaubhaft machen, dass dem jeweils Einzelfallprüfungen auf der Basis konkreter und nachweisbarer Verdachtsmomente zugrunde liegen. Wenn hier wirklich Gerichte im Spiel sind, wie der Geheimdienstchef behauptet, dann handelt es sich ganz offensichtlich um eine Art von Generalvollmacht, der ein Generalverdacht gegen Alle und Jeden zugrunde liegt. Dies widerspricht jeglichem rechtsstaatlichen Verständnis, wie es zumindest in Europa vorherrschend ist,“ so Petra Kammerevert.
Dass große US-Unternehmen wie Google, Apple und Facebook hier scheinbar auch noch als bereitwillige Handlanger für die illegalen Praktiken der US-Regierung fungiert haben, ist ein zusätzlicher Skandal“, so Petra Kammerevert.
Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments fordern eine lückenlose Aufklärung und eine eindeutige Positionierung der EU-Kommission gegen illegale Bespitzelung bei dem EU-US-Ministertreffen am Freitag in Dublin.
Außerdem müsse geklärt werden, welche Sanktionen bei Verstößen gegen europäisches Recht gegen Firmen aber auch gegen Staaten denkbar sind.
Um ein wirklich glaubwürdiges Gegenwicht gegen US-amerikanischen Überwachungswahn aufbauen zu können, müsse die EU endlich eine eigene starke Position beim Thema Datenschutz entwickeln.
Dies betrifft u.a. das zwischen der EU und den USA auszuhandelnde Rahmenabkommen über den Zugang von Strafverfolgungsbehörden zu persönlichen Daten, aber vor allem auch die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen, für das die EU-Minister am Freitag ein entsprechendes Mandat an die Kommission erteilen sollen.
Aber auch bei der europäischen Datenschutzreform, die seit nunmehr 18 Monaten auf dem Tisch liegt, muss die EU endlich klar Farbe bekennen.
Petra Kammerevert: „Wir sehen einmal mehr ganz deutlich, wie schnell einfache Bürger in das Überwachungsnetz der US-amerikanischen Sicherheitsbehörden geraten können. Wir brauchen deshalb endlich starke europäische Datenschutzregeln, die EU-Bürger auch schützen, wenn sie US-Dienste nutzen. Insbesondere brauchen wir klare Regeln für den staatlichen Zugriff auf unsere Daten. Als Grundprinzip muss dabei gelten, dass dieser nur auf der Basis eindeutiger und nachweisbarer Verdachtsmomente in jedem Einzelfall und nach vorheriger richterlicher Prüfung und Genehmigung erfolgen darf. Ebenso muss der Rechtsschutz für Verdächtige klar und unmissverständlich geregelt sein.“
Die Versuche von Seiten einiger Mitgliedstaaten, aber auch von konservativen Europa-Parlamentariern, die relativ hohen Schutzprinzipien der von der Kommission vorgeschlagenen Datenschutzreform zu verwässern, ist daher für Petra Kammerevert nicht hinnehmbar.
„Auch die innereuropäische Diskussion über Vorratsdatenspeicherung, sollte im Lichte dieser Enthüllungen neu geführt werden. Das was wir gerade erleben ist ein Vorgeschmack darauf, was uns möglicherweise auch mit einer Vorratsdatenspeicherung in Europa bevorstehen könnte. Wir können uns nicht über das was die USA betreibt echauffieren und gleichzeitig so tun, als ob die Vorratsdatenspeicherung, die zu Recht vom Bundesverfassungsgericht gestoppt worden ist, einen gänzlich anderen Sachverhalt darstellt. Wir brauchen – das zeigt die aktuelle Entwicklung mehr als deutlich – mehr Datenschutz in Europa und nicht weniger!“ erklärt Petra Kammerevert abschließend.
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M. Angenendt schrieb am 16.06.2013 um 21:35 Uhr:
Mal sehen ob sich Big Brother USA durchsetzt wie schon so häufig!
Ein Blick zurück in die Vergangenheit lässt nichts Gutes ahnen. Bisher hat doch alles in dieser Richtung wunderbar geklappt.
Die USA brauchten sich nur mal kurz zu räuspern, schon sprangen und springen noch immer alle.
Tja, dieser Kommentar fällt nun sicher auch dank PRISM oder anderer unnetter Programme unangenehm auf.
An Frau Kammerevert vielen Dank für die mutigen, klaren Worte und viel Erfolg!