City-Ost: Unmut bei Aurelis wächst – Masterplan kann zu einem teuren „Geschenk“ für die Stadt werden

Red. Politik & Wirtschaft [ - Uhr]

Mitte Januar 2013 bestätigte die Aurelis Real Estate GmbH & Co. KG, dass sie beim Verwaltungsgericht Düsseldorf eine so genannte „Untätigkeitsklage“ gegen die Stadt Mönchengladbach eingereicht hat.
Dazu und zu weiteren Aspekten des von Aurelis geplanten Fachmarktvorhabens auf dem Gelände des ehemaligen Mönchengladbacher Güterbahnhofes führten wir mit dem Leiter der Aurelis-Projektentwicklung Dipl.-Ing. Ralph Schneemann ein Redaktionsgespräch.

Am 06.09.2012 hatte Aurelis bei der Stadt Mönchengladbach eine Bauvoranfrage zur Errichtung eines Hornbach-Baumarktes auf ihrem Gelände eingereicht.

Spätestens drei Monate später, also am 06.12.2012, hätte Aurelis ein Bescheid zugestellt sein müssen. Dieser Bescheid hätte entweder eine Bebauungsgenehmigung (ohne dass mit dem Bauen hätte begonnen werden dürfen) oder eine (vorläufige) Ablehnung enthalten müssen.

Dieser Bescheid (Zurückstellung der Bauvoranfrage) wurde erst Mitte Januar dem Aurelis-Rechtsanwalt übergeben und damit Aurelis rechtsverbindlich zugestellt.

Vorangegangen war eine politische Diskussion an deren (vorläufigem) Ende der noch nicht endgültige und demnach auch vom Rat noch nicht als „Leitlinie“ verabschiedete Masterplan präjudizierend wirkte.

 

BZMG:

Herr Schneemann, die Planungen von Aurelis, auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofes an der Breitenbachstraße wurden bekanntlich durch einen Aufstellungsbeschluss für einen neuen Bebauungsplan durchkreuzt.

Wie lange laufen Ihre Planungen schon?

Ralph Schneemann:

Schon seit 2002.

Seit Dezember 2011 liegt das gesamte Planungspaket schon bei der Verwaltung, also sowohl der Bebauungsplan mit der zugehörigen Entwurfsbegründung und dem Umweltbericht, das konzeptionelle Verkehrsgutachten, das Lärmgutachten, die Verträglichkeitsuntersuchung für die Fachmärkte sowie die Ausbaupläne für die Breitenbachstraße.

Damit es nicht mit dem Gutachten für die mfi-Arcaden kollidiert, haben wir denselben Gutachter beauftragt, den auch mfi beauftragt hat. Der ist zu der Erkenntnis gekommen, dass weder der Hornbachmarkt noch Decathlon für die Stadt und das Umland schädliche Auswirkungen haben würden. Zumal Hornbach nur etwa 800 qm zentrenrelevante Sortimente hat.

Unser Unmut richtet sich auch ein stückweit dagegen, dass wir der Stadt ein vollständiges Paket vorgelegt haben, womit nichts passiert. Seinerzeit waren wir damit einverstanden, abzuwarten, bis im März 2012 der Satzungsbeschluss für das Handels- und Dienstleistungszentrum in der City gefasst wurde.

Und genau in diese Phase fielen die Überlegungen zum Masterplan und die politischen Überlegungen entfernten sich von den zuvor gültigen Vereinbarungen. .

BZMG:

Das heißt, der Masterplan kommt Ihnen in die Quere.

Schneemann:

Das kann man so sagen. Der Masterplan berücksichtigt nun mal nicht die ursprüngliche Planung, die in diesem Bereich die Agglomeration von Fachmärkten zum Ziel hatte.

BZMG:

Wie ist denn der aktuelle Stand in Ihrer Angelegenheit?

Schneemann:

Über die Tatsache, dass am 06. November der Aufstellungsbeschluss getroffen wurde und dass wir den Zurückstellungsbescheid erhalten haben hinaus, ist nichts weiter geschehen.

Offiziell liegt uns der Bescheid seit dem 17. Januar 2013 vor. Er wurde an diesem Tag unserem Anwalt von einem Mitarbeiter der Stadtverwaltung übergeben.

Wir werden dieses Schreiben analysieren und hoffen, dass es wieder zu einem Dialog mit Verwaltung und Politik kommen wird.

BZMG:

Das dürfte wohl erst dann geschehen, wenn der Masterplan vom Rat verabschiedet ist.

Schneemann:

Sollte der Masterplan im März als Grundlage für die weiteren Bauleitplanverfahren beschlossen werden – im Konjunktiv gesprochen – ist unschwer zu erkennen, dass dieser Plan sowohl von der Nutzung als auch von der baulichen Ausprägung her von unserem abweicht.

BZMG:

Eine Vorentscheidung scheint ja am 6. November 2012 schon im Bauausschuss getroffen worden zu sein, indem ein Bebauungsplanverfahren auf den Weg gebracht wurde, was auf hochwertige Büro- und Dienstleistungsnutzung abstellt.

Dazu haben Sie eine vollkommen andere Position…

Schneemann:

Ja, und die haben wir mehrfach kommuniziert. Wir haben zusätzlich das renommierte Berliner Consultingunternehmen Bulwien Gesa AG, das im Übrigen auch die Stadt berät, mit einer Überprüfung unserer Einschätzungen beauftragt.

Bulwien Gesa bestätigte, dass die von den Masterplanern vorgesehene Realisierung vonBüroflächen auf dem 7,3 Hektar großen Areal der Aurelis nicht tragfähig ist. Natürlich kann man in kleinerem Maße Büros ansiedeln, aber dazu bietet sich eher die Lürriper Straße an.

Im Übrigen gibt es ja mit Roller-Möbelmarkt, Praktiker/Max Bahr-Baumarkt, Media-Elektronikmarkt, Schossau (Elektrofachmarkt), Adler Modemarkt usw. schon eine ausgeprägte Fachmarktagglomeration in der City-Ost, so dass mit dem Baumarkt Hornbach und dem Sportartikelfachmarkt Decathlon nur noch der letzte Baustein hinzugefügt würde.

Damit hätte Mönchengladbach als eine von ganz wenigen Städte einen innenstadtgeprägten Fachmarktstandort und würde damit vermeiden, dass sich die Fachmärkte an den Außenrändern in Autobahnnähe ansiedeln, wie es in den letzten zwanzig Jahren Gang und Gäbe war.

BZMG:

Was kann Aurelis und was wird Aurelis tun? Denn es könnte über zwei Jahre zu einer Hängepartie werden…

Schneemann:

… es sei denn, die anhängige Bauvoranfrage wird vom Gericht so beschieden, dass der Bau des Hornbachmarktes rechtens ist.

Zunächst haben wir eine Untätigkeitsklage eingereicht, weil die Dreimonatsfrist vom Zeitpunkt unserer Bauvoranfrage an nicht eingehalten wurde. In drei bis vier Monaten wird es den ersten Gerichtstermin geben, an dem das Gericht  sich äußern wird.

Nach wie vor sind wir an einer einvernehmlichen Lösung interessiert. So könnten wir uns auch vorstellen, sowohl den Fachmarktstandort zu stärken als auch Büros zu ermöglichen. Das jedoch erfordert die Mitwirkung von Politik, Verwaltung und der Masterplaner.

BZMG:

Nach derzeitiger Einschätzung dürfte es recht schwierig sein, die Masterplaner und Teile der Poltik von dem heeren Ziel des großzügigen Grünzuges zu einer anderen Lösung zu bewegen.

Schneemann:

Da will ich nicht widersprechen.

Sehen Sie, wir sind nicht darauf aus, uns zu streiten, aber wir brauchen eine tragfähige Lösung. Und wir müssen unsere unternehmerischen Interessen wahren. Denn schließlich haben wir über Jahre erheblich in das Gelände investiert.

Normalerweise beräumen wir Grundstücke im Zuge der Vorbereitung von Baumaßnahmen.

In diesem Fall hatte uns die Stadtverwaltung darauf hingewiesen, dass zum einen die Altlastenproblematik im Bereich des ehemaligen Gaswerkes zu klären sei, dass die Problematik des Fremdgrundstückes gelöst werden müsse und dass wir uns über den Ausbau der Breitenbachstraße zu verständigen hätten.

Dann könne es im Verfahren weitergehen.

Alle drei Punkte haben wir gelöst. Die bestehende Altlast ist zwischenzeitlich saniert worden. Das Fremdgrundstück haben wir angekauft und den bestehenden Erbbaurechtsvertrag notariell unter Zahlung einer Vergütung aufgelöst.

Zudem haben wir alle aufstehenden Gebäude abgebrochen und das Gelände für eine mögliche Bebauung vorbereitet.

Da seit 2002 ein gültiger Beschluss zum Fachmarktzentrum bestand, war für uns nach Erledigung dieser drei Punkte klar, dass wir im Projekt fortfahren konnten.

BZMG:

Und wie weit ist Ihr Planungsstatus aktuell?

Schneemann:

Wir könnten innerhalb von sechs Wochen einen Bauantrag auf den Tisch legen, da wir mit Hornbach einen unterschriftsreifen Mietvertrag verhandelt haben. Hornbach hat nach wie vor ein sehr großes Interesse, sich in der City-Ost anzusiedeln.

BZMG:

Wann ist bei Aurelis, salopp ausgedrückt, die Schmerzgrenze erreicht?

Schneemann:

Wir werden aufmerksam den Entscheidungsprozess zum Masterplan beobachten und sehen, wie am Ende der Ratsbeschluss dazu aussieht.

Natürlich führen wir auch weitere Gespräche mit der Verwaltung und der Politik mit dem Ziel, einen Interessensausgleich herbeizuführen.

BZMG:

… und wenn alles nicht fruchtet? Sie hätten dann ein teuer beräumtes Grundstück und könnten nicht bauen.

Schneemann:

Dann könnte, wie schon angedeutet, die Schadensersatzklage folgen.

BZMG:

Mit welcher Forderungshöhe und auf welcher Grundlage?

Schneemann:

Die Forderungen könnten im Bereich von rund 6,8 Millionen EURO liegen. Das wären zum einen die Investitionskosten, zum anderen aber auch die entgangenen Mieteinnahmen für den Hornbach-Baumarkt über einen Zeitraum von 15 Jahren.

Ich betone aber nochmal: Wir sind nicht an einer Schadensersatzklage interessiert.

Ich bitte Sie zu berücksichtigen, dass wir als Projektentwickler vor allem daran interessiert sind, eine Fläche möglichst rentabel zu entwickeln. Wir wären die ersten, die an dieser Stelle einen Büro- und Dienstleistungspark errichten, wenn wir ein solches Projekt als machbar einstufen würden.

Jeder Immobilienfachmann wird Ihnen bestätigen, dass Büroflächen maximale Rendite versprechen, wenn diese auch vermietet werden können und eben daran haben wir unsere Zweifel.

Sofern die Kommune wirklich an dieses Projekt glaubt, sind wir auch gerne bereit, das Grundstück zu einem marktgerechten Preis zu veräußern. Damit wäre das Problem für uns auch gelöst.

Eine andere Variante wäre, daß die Stadt Mönchengladbach das Gelände erwirbt, um dann die Ziele des Masterplanes umzusetzen.

BZMG:

Herr Schneemann, danke für Ihren Besuch und das aufschlussreiche Gespräch.

 

2 Kommentare zu “City-Ost: Unmut bei Aurelis wächst – Masterplan kann zu einem teuren „Geschenk“ für die Stadt werden”
  1. Eine richtungsweisende Bau- und Verkehrspolitik hat in dieser Stadt jahrzehntelang gefehlt. Insoweit ist ein Masterplan als Korrektiv zu einer Kirchturmspolitik der Gefälligkeiten (nicht der Notwendigkeiten) in den Stadtbezirken nicht verkehrt.

    Ein gesundes Mißtrauen gegenüber den Masterplan-Sponsoren sollte sich allerdings der Stadtrat (alle Parteien) bewahren, sonst läuft sie Gefahr blind vor Begeisterung vor einen Masterkarren gespannt zu werden.

    Bürger gießen aus Liebe zu Gladbach gerne Blumen in Kübeln, allerdings hege ich doch große Zweifel, dass allein die Liebe zu Gladbach und zur Natur Sponsoren zu großzügigen Geldausgaben anregt.

    So wie der Masterplan nun zum Totschlag-Argument für Aurelis werden könnte, so kann der Masterplan auch zum blinden Ja-Sagertum werden.

    Selbst als Argument für den Bibliotheksneubau muss er nun her halten, rasch werden Fakten geschaffen – damit nicht weiter über Alternativen nachgedacht wird?

    Die roten und grünen Ampellichter tun sich mit ihrer starren Masterplanausrichtung keinen Gefallen.

  2. Auf 7,3 ha Büroflächen in der City-Ost? Wer soll die bevölkern? Auch in Gladbach schrumpft die Einwohnerzahl.

    Leerstände bei Büroflächen gibt es jetzt schon reichlich.

    Wie kommen die „Masterplaner“ auf solche Ideen? Liefern die auch die Mieter dazu?

    Was wird mit den anderen Märkten in der City-Ost?

    Dass Schossau und Mediamarkt dort sind, wurde doch von der Stadt gewollt. Werden die und die anderen Märkte enteignet und abgerissen oder wie soll das werden?

    Das nur, weil Masterplaner mal „Visionen“ entwickelt haben.

    Grünzug und Gladbachtal klingt gut. Wer bezahlt das?

    In unserer Stadt wird eher ein Baum gefällt, statt gepflegt, weil Grünpflege kostet. Parks und Grünflächen verkommen und verwildern, passend zum gesamten Stadtbild.

    Blumenkübel ohne Paten verschwinden und für die meisten Springbrunnen gilt dasselbe, falls sie nicht demontiert oder bepflanzt werden.

    Dafür gibt es jetzt eine Auferstehung des Gladbachs und noch mehr Grün. Könnte was hermachen – aber (passend zum Noch-Karneval): Wer soll das bezahlen, wer hat das bestellt.

    Oder ist da viel mehr dahinter? Ein Blick auf die Liste der Masterplan-Sponsoren könnte einen ins Grübeln bringen.

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