„Hopp oder Top – Die FDP vor einem Schicksalswahlkampf?“ – Bundesvorsitzender der Jungliberalen fordert Teamarbeit im Parteipräsidium [mit O-Ton]
Red. Politik & Wirtschaft [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Zu dieser Frage hatte der FDP-Ortsverband West den Bundesvorsitzenden der Jungliberalen (Julis), Lasse Becker, zum Dreikönigsessen ins Restaurant Herrenhaus am Wickrather Schloss eingeladen (im Bild mit Achim Wyen).
Traditionsgemäß verlässt die FDP West alljährlich die lokalpolitische Ebene, um mit Bundes- oder Landespolitikern zu landes- und bundespolitischen Themen zu diskutieren.
Ortsverbandsvorsitzender Achim Wyen kündigte Becker mit dem Hinweis an, dass dieser einen besonderen Blickwinkel auf die aktuellen politischen Ereignisse habe.
Der 30-jährige Lasse Becker wurde 2001 als damals jüngster Kommunalpolitiker in den Kreistag des Landkreises Kassel gewählt. Seit 2010 ist er Bundesvorsitzender der Julis und damit auch Mitglied im Bundesvorstand der FDP. Darüber hinaus ist er Mitglied der FDP-Programmkommission.
Zum Thema des Abends zitierte Wyen aus der Stuttgarter Zeitung, in der Becker gemeint hatte, dass es für die Zukunft der FDP schädlich sei, „sich selbst ins Knie zu schießen“.
Stattdessen solle man die positiven Aspekte der FDP-Politik herausstellen, meinte Wyen und nannte als Beispiele die Abschaffung der Wehrpflicht, Schuldenbremse auf EU-Ebene, Einführung einer Pflegezusatzversicherung, die Abschaffung der Praxisgebühr und die Beteiligung des Bundes an den Kosten für die Grundsicherung.
Lase Becker brauchte nur ganz wenige Augenblicke seiner 30-minütigen frei vorgetragenen Rede, um seine Zuhörer für seine Positionierungen zur Bundespolitik im Grundsätzlichen und einer FDP-Politik im Speziellen zu interessieren.
Dabei vertrat er die Auffassung, dass die FDP die einzige Partei sei, für die Freiheit und Freiheitsliebe ein zentraler Faktor sei. Das Programm der Grünen wäre gespickt mit dem Wort „müssen“ und tauge allenfalls als grüne „Hausordnung im Wohnblock“.
Insgesamt hatte sein Vortrag das Credo, dass die Freidemokraten in der Bundesspitze sich mehr auf die Inhalte als auf parteiinterne Gegnerschaften konzentrieren sollten.
In einem Schwerpunkt seiner Rede ging Becker auf die so genannte „Generationengerechtigtkeit“ ein und meinte dazu, dass es maßgeblich den Julis und den jungen FDP-Bundestagsabgeordneten zu verdanken sei, dass es nicht erst in späteren Jahren, sondern schon 2014 zu einem ausgeglichenen Bundeshaushalt komme.
Ein weiteres Themenfeld für Julis sei die Vorratsdatenspeicherung und damit verbunden auch die Diksussion um die Videoüberwachung, die nicht alle 80 Millionen Bürger unter einen Generalverdacht stellen dürfe.
Er wolle sich nicht durch Videoüberwachung nachträglich ansehen müssen, wie ein Anschlag abgelaufen sei, sondern forderte, dass der Verfassungsschutz so aufgestellt werde, dass Ereignisse wie die NSU-Morde nicht mehr passieren.
In der Bildungspolitik unterstützt Becker die föderalen Strukturen, weil durch unklare Finanzierungszuständigkeiten ein „Schwarze-Peter-Spiel“ einsetze, so dass am Ende nicht wirklich etwas Positives erreicht werde.
Zum Abschluss seiner Rede prognostizierte er, dass die Europa-Politik auch im Bundestagswahlkampf ein wichtiges Thema werde, auch weil niemand vorhersagen könne, wie die Krise letztendlich bewältigt werden könne. Seine Kernforderungen lauteten, dass in allen EU-Ländern die Schuldenbremse verbindlich eingeführt werde, und dass es zu einem echten Föderalismus kommt, bei dem auch Wettbewerb zwischen den Ländern zugelassen werde.
Auf die Fragestellung des Abends „Hop oder Top – Die FDP vor einem Schicksalswahlkampf?“ ging Becker erst in der späteren Diskussion konkreter ein.
„Wenn jemand meint, dass alles schon verloren ist, sage ich nein“, lautete Beckers erste Teilantwort, wenn man das Ganze ernst nehmen solle, meine er ja.
Dies habe die NRW-Wahl gezeigt. Und es werde auch die bevorstehende Landtagswahl in Niedersachsen zeigen, gab Becker sich optimistisch.
Aus der Misere werde die FDP nicht herauskommen, wenn sie die ganze Zeit nur über sich selbst rede. Das sei das Kernproblem.
Für Becker müsse sich beim kommenden FDP-Bundesparteitag jedes Präsidiumsmitglied fragen, beginnend bei Rösler, ob man nicht in den letzten zwei Jahren als Team versagt habe.
Es gehe weniger um das Schicksal der FDP, sondern mehr um das Schicksal jedes einzelnen Präsidumsmitgliedes.
Auf die Frage eines Mönchengladbacher FDP-Mitgliedes, ob das Wahlergebnis in Niedersachsen für die FDP – unabhängig von der Prozent-Zahl – dann trotz oder wegen Herrn Rösler entstanden sei, beschrieb Becker eine Wahlkampftour in der Nähe von Osnabrück.
Dort habe es den meisten Applaus für Phillip Rösler gegeben.
Ihm (Becker) sei vollkommen egal, wie das Schicksal von Rösler aussieht, ebenso, welche Zukunftshoffnungen Rainer Brüderle hat, oder auf welchem „Ego-Trip“ Dirk Niebel unterwegs sei. Becker möchte mit einem starken Team liberale Politik umsetzen.
Becker: „Zu Personalfragen werde ich bis zum 20. Januar um 18:00 Uhr nichts sagen“. Gleichwohl gebe es für den 21.01.2013 Gesprächsvorbereitungen mit Journalisten.
„Die, die das Klima vergiften, müssen anschließend auch die Konsequenzen daraus ziehen“, so Becker weiter.
Dafür, dass Becker „nichts auf Umfragen“ und „Beliebtheitswerte von Politikern“ gibt, gab er durch die ausführliche Beschreibung von drei Umfragen, die für die FDP in der Niedersachsenwahl sämtlich 5% prognostizierten, dennoch Optimismus Raum.
Die FDP habe, teilweise selbst verschuldet, an Kontur verloren meinte er abschließend und führte als Beispiel an, dass FDP-Bundesgesundheitsminister Bahr wegen der gleichzeitig geführten Personaldebatte innerhalb der FDP für die Abschaffung der Praxisgebühr „nicht gefeiert werden konnte“.
Dies sei eine Unverschämtheit der handelnden Akteure gewesen.
[audio: 13-01-12-dreikoenigstreffen-diskussion.mp3][ca. 17 Min]