Vis-à-vis mit … den Parteivorsitzenden zum Thema „Bürgerbeteiligung“ [mit O-Tönen]
Red. Politik & Wirtschaft [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Ein beliebter Politiker-Ausspruch lautet: „Wir müssen die Bürger mitnehmen“. Über das Wohin und Wie schweigen sich die meisten aus. Eines wurde in den Interviews jedoch deutlich: am liebsten in die eigene Partei oder nur über diese.
Erkennbar war durchaus, dass man sich bewusst ist, dass dies nicht gelingt.
Denn viele Bürger haben die Erfahrung gemacht, dass manche Parteien bei konkreten Problemen „vor der Haustür“ auf Grund interner Zwänge schlichtweg versagen.
Das liegt nicht selten daran, dass Parteiakteure sich durch „selbst-aktive“ und selbst-bewußte Bürger in ihrer Funktion als Rats- und/oder Ausschussmitglieder „bedroht“ fühlen.
Ein weiterer Aspekt ist, dass manche Politiker meinen, nur sie könnten komplexe Zusammenhänge verstehen und „normale“ Bürger wären „überfordert“.
Dass dies nicht der Fall ist, beweisen die vielen Bürgerinitiativen, die sich mit teilweise höherem persönlichen Einsatz und größerer Fachkompetenz als einige Politiker, für Themen interessieren und einsetzen, die über das „vor der Haustür“ hinaus gehen.
Insofern muss die Aussage von Dr. Krings, die Verwaltung dürfe Bürger nicht als „Bedrohung empfinden“ auch uneingeschränkt für die Kommunalpolitiker gelten.
In gleicher Weise bemerkenswert ist die Erkenntnis von Angela Tillmann, dass Bürgerbeteiligung arbeitsintensiv, zeitintensiv und nicht ohne Kosten zu realisieren sei.
Der Wunsch der Parteien, Bürgerbeteiligung über die Mitarbeit in Parteien realisieren zu wollen oder zu können, bleibt „fromm“, denn das „Mitmachen“ von Bürgern bei Parteiinitiativen bleibt auch weiterhin von dem „Makel“ behaftet, dass die Gefahr besteht, parteipolitisch „ vereinnahmt“ zu werden.
Hier eine Zusammenstellung der Positionierungen:
Sabine Cremer
Zum Thema Bürgerbeteiligung und „Runde Tische“ fordert Cremer eine paritätische Besetzung solcher Gremien, so dass alle Informationen „aus erster Hand“ gegeben werden. So könnten auch sinnvolle Netzwerke entstehen.
Die Äußerung eines Mönchengladbacher Ratsmitgliedes, man dürfe die Bürger nicht überfordern, hält Cremer für arrogant; das würde bedeuten, dass die Bürger grundsätzlich dümmer seien, als die Politiker…
[audio:11-08-27-vis-a-vis-cremer-04-buergerbeteiligung.mp3] [ca. 3 Min]
Erich Oberem
Bekannt ist, dass Oberem kein Freund einer institutionalisierten Bürgerbeteiligung und mancher Bürgerinitiativen ist. Dass dies im Interview zum Ausdruck kommt daher auch nicht weiter verwunderlich.
Oberem sieht Bürgerbeteiligung vornehmlich in der Form, dass sich Bürger an die Politiker wenden, diese die Vorstellungen aufnehmen und nach Möglichkeit in die Politik hineintragen.
Dass „manche Medien“ die Bürgerinitiativen (wie beispielsweise „gegen Giesenkirchen 2015“) unterstützen, scheint demnach auch nicht in seinem Sinne gewesen zu sein.
[audio:11-08-15-vis-a-vis-oberem-04-buergerbeteiligung.mp3] [ca. 12 Min]
Dr. Günter Krings
Rückblickend auf das Thema „Methangas-Anlage Wanlo“ wird es nach Ansicht von Dr. Krings zunehmend wichtiger, die Bürger frühzeitiger einzubinden und nicht erst dann, wenn Entscheidungen schon gefallen sind.
Es dürfe nicht sein, dass die Verwaltung die Bürger „als Bedrohung“ empfinde.
Die Verbesserung der Bürgerbeteiligung in formellen Verfahren müsse optimiert werden. Hier gebe es auf Länder-, aber auch Bundesebene, politische Planungen, einerseits die Bürgerbeteiligung zu stärkenund andererseits die formellen Verfahren zu beschleunigen. Das müsse kein Widerspruch sein.
Neben den punktuellen Bürgerinitiativen plädiert Krings für die Beteiligung von Bürgern in und über die Parteien und beschreibt, wie das in der Mönchengladbacher CDU praktiziert werde.
Auf die Frage nach einer möglichen „Überforderung“ der Bürger bei Sachthemen, meinte Krings abschließend, dass die Politik manchmal die Bürger eher unterfordere, weil Bürger oft eher langfristiger denken würden als Politiker.
[audio:11-08-23-vis-a-vis-krings-04-buergerbeteiligung.mp3] [ca. 7 Min]Uli Laubach
„Eine moderne Gesellschaft kommt ohne Bürgerbeteiligung nicht mehr aus,“ sagt Uli Laubach.
Die Kommune sei gut beraten, den Sachverstand, das Wissen und die lokale Eingebundenheit der Bürger zu nutzen. Durch die neuen Medien könne sich der interessierte Bürger auf den gleichen Informationsstand bringen und in der fachlichen Qualität sogar „besser“ sein, als mancher, der beispielsweise in Ausschüssen sitzt.
Bürger möchten beteiligt werden und nicht nur regelmäßig ihre Kreuzchen machen.
U.a. verweist Laubach darauf, dass auch die Wanloer dafür gesorgt hätten, dass dort keine Müllverbrennungsanlage gebaut, und damit höhere Müllgebühren verhindert worden seien.
Mit Bezug zum Kooperationsvertrag verweist Laubach auf das Vorhaben, in einem Bezirk einen Bürgerhaushalt zu erproben. Der Äußerung eines namhaften Mönchengladbacher Politikers, Bürgerhaushalt sei „ein fake“ erteilt Laubach eine Abfuhr.
Zu sagen – wie es ein Ratsmitglied getan hat – dass man die Bürger nicht „überfordern“ dürfe, bezeichnet Laubach als „völligen Unsinn“:
[audio:11-08-10-vis-a-vis-laubach-04-buergerbeteiligung.mp3] [ca. 5 Min]Andreas Terhaag
„Die beste Bürgerbeteiligung“ sieht Terhaag in den Parteien. Meist sei es nur ein Anliegen, das den Bürger interessiert und nicht die Bürgerbeteiligung in Gänze. In einem solchen Fall würde er sich parteilich engagieren.
Die Aussage eines Mönchengladbacher Kommunalpolitikers (nicht der FDP) „man dürfe die Bürger nicht überfordern“, versucht Terhaag mit dem Ineinandergreifen vieler Aspekte zu erklären. Dies könne nur dann deutlich werden, wenn man sich „im Tagesgeschäft“ befinde.
Im Gegensatz zu den Bürgern, die sich vornehmlich über die Presse informieren, nutzen die Rats- und Ausschussmitglieder beispielsweise auch das Ratsinformationssystem, um sich zu informieren und ein gesamtes Bild zu erhalten.
Damit sei jedoch nicht gewährleistet, dass die Politiker, die über eine Sache abstimmen, wirklich wissen, worüber sie abstimmen. Vielmehr seien es die Fachleute in den Fraktionen, die die Fraktionsmitglieder informieren und auch mit Hintergrundinformationen versorgen, woraus sich dann ein Votum der Fraktionsmitglieder ergeben würde.
Man müsse sich auf die Sprecher und die Fachleute verlassen und wissen „die machen das Richtige“.
[audio:11-09-15-vis-a-vis-terhaag-04-buergerbeteiligung.mp3] [ca. 7 Min]Angela Tillmann
Die SPD-Vorsitzende stellt sich Bürgerbeteiligung „kleinteilig“ vor, die einerseits mehr von den Parteien, andererseits aber auch von Seiten der Verwaltung initiiert werden müsste. Dies auch unabhängig davon, ob „Vorlagen“ existieren, an denen man sich „abarbeiten“ würde.
Dies besonders bei Themen, die die Bürger unmittelbar betreffen, also in deren unmittelbarem Bezirk. Wichtig sei ihr, dass diese Beteiligung Auswirkungen habe. Auch wenn sich Bürger-Vorstellungen nicht umsetzen lassen können, müsse das „zurückgespiegelt“ werden.
Das „Mitmachen“ von Bürgern bei Parteiinitiativen stoße auf Hemmungen, eben weil die Gefahr gesehen werde, parteipolitisch „eingenommen“ zu werden.
Bürgerbeteiligung sei jedoch auch arbeitsintensiv, zeitintensiv und nicht ohne Kosten zu realisieren.
Zum Ausspruch eines Mönchengladbacher Ratsherrn zur Frage nach Bürgerbeteiligung ‚wir dürfen die Bürger nicht überfordern’, meinte Tillmann, dass ein solcher Ausspruch diskussionswürdig sei. In gleicher Weise könnten auch Ratsmitglieder überfordert sein.
Tillmann meinte weiter, dass auch Politiker zunächst einmal Bürger seien, die erst im Laufe der Zeit auf gewissen Gebieten Kenntnisse erwerben.
Sicherlich gebe es komplexe Themen, die schwierig zu vermitteln seien, wenn es aber Bürger gebe, die sich interessieren, müsse man das darin enthaltene Potenzial erkennen und nutzen.
[audio:11-09-07-vis-a-vis-tillmann-04-buergerbeteiligung.mp3] [ca. 8 Min]