„Bürger nicht als Bedrohung empfinden“ (Zitat) – Es sei denn sie kommen aus Wanlo?

Bernhard Wilms [ - Uhr]

buergerDieses Zitat war eine Aussage von Dr. Günter Krings (CDU) zum Thema Bürgerbeteiligung im „BZMG-vis-à-vis-Interview“ im letzten Monat. Das muss, wie Krings es auf die Verwaltung bezog, in gleicher Weise auch für die Politiker gelten.

Bedrohung geht in aller Regel mit Misstrauen einher.

Misstrauen gegenüber den Initiatoren, die alle Wanloer Bürger informierten und um deren Votum zu „Wall oder Wand“ gebeten hatten. Diesen wird nun „Stimmungsmache“ unterstellt.

Misstrauen, das aktuell die über 375 Wanloer Bürger erfahren, die sich namentlich und mit ihrer Unterschrift für eine der zur Wahl stehenden Immissionsschutzlösungen am Grubenrand ausgesprochen haben; davon 278 (= 74,1%) für den Wall am Grubenrand.

Dieses Misstrauen bestand jedoch nicht gegen einen willkürlich einberufenen „Runden Tisch“, der vermeintlich auf Initiative eines CDU-Politikers, des Bezirksvorstehers West, Arno Oellers, einberufen wurde, um über eine Lösung zu sprechen, die vornehmlich mit den Grundwasserproblemen von RWE Power zu tun hat.

Erst als die besagte Umfrage von fünf engagierten Wanloern abgeschlossen und das Ergebnis bekannt wurde, kamen leise Zweifel auf, die jedoch die Mehrheit der Politiker in der BV West nicht daran hinderte, sich für die Wand-Variante zu entscheiden. Dazu hatte die Aussage gereicht, dass 6 von 10 anonymen Teilnehmern am „Runden Tisch“ (= 60%) für die Wand-Variante votierten.

Erst die öffentliche Diskussion über mögliche Eigeninteressen einzelner „Tisch“-Teilnehmer brachten die Ampel-Partner dazu, sich näher mit dem Umfrageergebnis zu befassen. Mit dem Ergebnis, dass die Grundlage der Entscheidung in der BV West kritisch hinterfragt wurde.

Aktuell wurde die Entscheidung für eine Stellungnahme gegenüber RWE Power vertagt, vom Planungs- und Bauausschuss in den Hauptausschuss und von dort in den Rat „gschoben“.

Dass Dr. Jansen-Winkeln als Sprecher der Ampel in dieser Sache erklärte, die Ampel wolle noch eine Antwort von RWE Power hinsichtlich einer „Deadline“ für eine spätest notwendige Ratsentscheidung abwarten, ließ schon erahnen, dass die Ampel Zeit gewinnen wollte, um vielleicht doch noch eine eigene Umfrage durchführen zu können.

Während FDP und Grüne die Bürgerumfrage wohl akzeptiert hätten, war es vermutlich die SPD, die dem „Wanloer Braten“ misstraute. Denkbar wäre, dass dies noch Nach­wehen des „Methangas-Anlagen-Desasters“ sind, aus der SPD-Fraktionsvorsitzender Lothar Beine nicht gerade als „Sieger“ hervorgegangen war.

Innerhalb der Ampel hatte man offensichtlich Stillschweigen über eine weitere, jetzt „offizielle“ Befragung – auf welche Weise auch immer – vereinbart. Kein Wort dazu also im Hauptausschuss, auch nicht von Lothar Beine.

Bis … ja, bis er in den gestrigen Abendstunden über rp-online verkünden ließ: ,… Sollte der Baubeginn aber bis in den Dezember verschoben werden können, so Beine, würde der Auftrag an die Verwaltung gehen, eine offizielle städtische Umfrage in Wanlo zu machen.’ (Zitat Ende)

Warum Beine das nicht schon im Hauptausschuss gesagt hat, bleibt unklar.

Eine Erklärung kann sein, dass man sich darauf verständigt hatte, dass nur einer (in diesem Fall Dr. Jansen-Winkeln) „sprechen“ solle. Nun wäre es nicht das erste Mal, dass ein Sprecher aus einer anderen Ampel-Fraktion einen eigenen Wortbeitrag leistet, um zu pointieren.

Über den Sinn einer solchen neuerlichen Umfrage kann man nun trefflich streiten. In jedem Fall wird sich die Frage stellen „Cui bono? – Wem nutzt es?“

Pokern RWE (und Verwaltung?) in der Hoffnung, dass sich die Wanloer doch noch für die Wand entscheiden?

Befürchtet die Politik eine „Lex Wanlo“ und trachtet zu verhindern, dass Initiativen durch eigene Umfragen, mit Verweis auf Wanlo, auf die Berücksichtigung der Ergebnisse pochen könnten?

Umweltdezernent Bernd Kuckels (FDP) hatte am gestrigen Abend anlässlich der Infoveranstaltung der Grünen erklärt, dass, sollte es zu einer von der Politik veranlassten (erneuten) Umfrage in Wanlo kommen, auf Grund der Sitzungstermine des nächsten Ratszuges, erst in der Ratssitzung am 21.12.2011 eine Entscheidung getroffen werden kann.

Akzeptiert nämlich RWE Power diesen späteren Termin, geschieht das sicher auch in der Hoffnung auf ein Ergebnis zu ihren Gunsten.

Sie könnte weiter hoffen, Platz für dringend nötige Sümpfungsbrunnen zu gewinnen, die ansonsten an anderer Stelle in Wanlo platziert werden müssten; vielleicht sogar auf Grundstücken, deren Besitzer dies aber gar nicht wollen. Es wäre also eine Win-Win-Situation „der besonderen Art“.

RWE Power wird wohl auch in diesem Fall „pokern“, wie sie es mit der von der Verwaltung unterstützen, vermeintlich „guten Tat“ einer sieben Meter hohen Wand an der L354n, statt des Immissionsschutzwalls am Grubenrand, versucht hatte, diese den Wanloern als Vorteil zu verkaufen.

Dieses Thema (und damit der Platzgewinn aufrgund einer Lärmschutzwand an der L354n) war nun zunächst einmal vom (Runden) Tisch, bis die Idee mit der Wand am Grubenrand aufkam.

Das Pokern um den angestrebten Platzgewinn bleibt bestehen!

Und auch der Eindruck, dass einzelne Politiker Bürgern, besonders Wanloern, misstrauen, wenn sie initiativ werden.

Dabei erklären viele Politiker immer wieder, Bürger beteiligen zu wollen …

Wenn dies nicht geschieht, sondern der Eindruck von im wahrsten Sinne des Worte „Hinterzimmerpolitik“ gestärkt wird, dann dürfen sich Politiker nicht wundern, wenn sich Bürger selbst beteiligen, also sich einmischen.

Dass den Politikern damit das „Heft des Handelns“ aus der Hand genommen wird, ist ihnen natürlich nicht recht, denn schließlich „bedrohen“ Bürger damit die Autorität der „politischen Elite“.

Das führt zwangsläufig zu Misstrauen bei den Politikern und damit im vorliegenden Fall zu einer weiteren Umfrage, obwohl schon längst durchaus repräsentative Ergebnisse vorliegen – zumindest repräsentativer als das Ergebnis eines „Runden Tisches“ im Hinterzimmer, das von denselben Politikern akzeptiert und keinen Moment hinterfragt wurde …

Sollte es tatsächlich zu der „offiziellen städtischen Umfrage“ in Wanlo kommen, dürfte zum einen das Ergebnis kaum anders sein, als das „inoffizielle“, zum anderen, nach der derzeitigen „Klima-Lage“ in Wanlo, sich der Disput zwischen „Wall-Befürwortern“ und „Wand-Befürwortern“ eher noch – einem Wahlkampf ähnelnd – verschärfen.

Würde die Politik in der kommenden Sitzung des Rates dem aktuellen Umfragevotum Rechnung tragen und sich für die genehmigte Wall-Lösung aussprechen, würde dadurch nicht – wie von manchen befürchtet – eine „Lex-Wanlo“ entstehen und damit für andere „Streitfälle“ ein Präjudiz geschaffen, sondern dokumentiert, wie ernst die Politik bürgerschaftliches Engagement wirklich nimmt.

Egal, wie sich die Politik im Fall „Wand oder Wall am Grubenrand“ nun verhält, es wird immer wieder Bürger geben, die dem OB und den Politikern zu bestimmten Themen Unterschriftenlisten vorlegen und erwarten, dass Politik und Verwaltung sich damit befassen.

Da hilft auch nicht das Argument: “Da könnte ja jeder kommen!“. Denn: Es wird „jeder“ kommen!

Töricht ist, wer glaubt, dass durch eine erneute Umfrage eine Grundlage dafür geschaffen würde, in anderen Fällen sagen zu können „eine bürger-initiierte Umfrage haben wir schon bei der ‚Wall-oder-Wand-Frage’ nicht akzeptiert, also tun wir das auch in Zukunft nicht.“

Es wird Situationen geben – spätestens vor den nächsten Wahlen – in denen genau eine solche Intention „über den Haufen“ geworfen wird.

Und bleibt die Frage: Warum muss erst die Initiative von Bürgern die Politik zu einer (verspäteten) Initiative zur Befragung der Bürger „treiben“ … so sie denn jetzt überhaupt noch sinnvoll ist?

2 Kommentare zu “„Bürger nicht als Bedrohung empfinden“ (Zitat) – Es sei denn sie kommen aus Wanlo?”
  1. @ Dark Grey

    Interessant, interessant, was Sie da schreiben.

    Kommt mir alles sehr bekannt vor. Alles schon mal gehört. Vielleicht mit kleinen Variationen.

    Das Thema ist immer dasselbe, lediglich die Begleitmelodie unterschiedlich. Dafür aber selten harmonisch. Dissonanzen sind vorprogrammiert und unvermeidlich. Das meine ich nicht nur musikalisch, sondern auch psychologisch – eben Störgefühle erzeugend.

    Ja, das ist Power, RWE Power. Ein Konzern wie ein Krake. Beziehungen, Verflechtungen, Günstlinge, Nutznießer, Klüngel, Einfluss, ausgezeichnete politische und wirtschaftliche Verbindungen. Nicht zu vergessen die Kommunen, also Verwaltungen, Stadtwerke. Das ganze Repertoire.

    Die ziehen alle Register und spielen auf allen Klaviaturen. Virtuos und immer überaus freundlich und seriös daher kommend. Das wirkt. Offensichtlich auch bei Euch in Wanlo.

    Einige (oft nur eine/r ) haben den Nutzen, die meisten das Nachsehen.

    Für RWE, die es immer nur gut meinen, Geld in Form von Spenden, anderen Goodies und Wohltaten verteilen, rechnet sich das immer und die Kalkulation geht (fast) immer auf.

    Hin und wieder beißen die auch mal in einen sauren Apfel. Vor allem dann, wenn es zu öffentlich wird. Negative Presse – bloß nicht. Dann wird schon mal Verzicht geübt.

    Aufmüpfige Bürger? Bloß nicht hochkochen, nicht dran rühren – wenn sich das rumspricht, könnte das ansteckend wirken. Dann sind sich die Betroffenen womöglich einig. Nicht nur in einem Ort – überall am Tagebaurand. Das wäre für den voRWEggehenden Konzern mit dem ausgeprägten Hang zum Greenwashing fatal.

    Die lassen ihre Günstlinge und RWE-Befürworter vor Ort tätig werden, halten sich dezent im Hintergrund und warten.

    Ganz nach dem Motto „Teile und herrsche“. Meist geht die Gleichung auf.

    Lasst Euch nicht auseinander dividieren und für dumm verkaufen.

    Glückauf!

  2. Wanlo hat entschieden.

    In wie weit das alles notwendig sein musste, sei dahingestellt.

    Fakt ist, im Fall Wand-Wall Wall-Wand ist der Abgesang der Arie noch nicht geschrieben.

    Deadline, Ratszüge, runde Tische, „amtliche“ Umfragen…..

    Was soll das?

    Es soll ein Keil zwischen die, in der Methangasanlage eigentlich ziemlich vereinigten Wanloer getrieben werden.

    Das Fatale an der Sache ist, dass der Keil schon gut angesetzt ist.

    Gruppen, Grüppchen, Interessenvertreter…. mehrere Tische an denen sich unterhalten wird.

    Mehrere gedeckte Tische die es nicht zulassen, über den eigenen Tellerrand hinweg zu sehen.

    Wahnsinn was eigentlich abgeht und die lachenden Dritten sitzen definitiv nicht in Wanlo.

    Wand-Wall…… eigentlich eine Frage, die zu beantworten niemand sich wirklich auf die Fahne schreiben kann.

    Bauchgefühl…..Wall….. für Umweltschützer, für Wanderer, Radfahrer, Hundegassiführer

    Bauchgefühl…. Wand… für Landwirte, Grundbesitzer am Grubenrand etc.

    Technisch gesehen….. ein kleines Ding eigentlich.

    Ein kleiner Lufthauch, der zum Orkan hochstilisiert wird.

    In den nächsten 50(?) Jahren kommen ganz andere Probleme auf Wanlo zu.

    Lassen wir doch mal ganz persönliche Querelen aussen vor und konzentrieren uns auf das was kommt, auf das was man mit Wanlo macht.

    Fehlende und auch falsche Informationspolitik von Seiten RWE-Power und der Kommune.

    Berauschende Versprechungen über die Verursachereinbindung von Seiten der Stadt, verkündet vom Kämmerer, das sind Themen denen wir uns in Zukunft widmen müssen.

    Bleibt Wanlo zerstritten, aufgeteilt in die erwähnten Grüppchen, sind wir ausserstande, etwas zu erreichen. Wir werden einfach nicht für voll genommen.

    Wanlo darf nicht GEGEN etwas sein, sondern FÜR etwas…… ganz einfach FÜR WANLO

    Eine nicht unerhebliche Aktie an der gegenwärtigen Situation in unserem Ort hat (meiner Meinung nach) die Dorfinteressengemeinschaft. Nicht zwingend alle Mitglieder. Das will und kann ich nicht behaupten und das wäre unfair gegenüber Vielen die sich versuchen einzubringen.

    Aber ich denke mal, dass der Standpunkt der DIG grundsätzlich überdacht werden sollte.

    Ok, ich weiss dass ich jetzt auf viele Schlipse und viele Füße getreten bin, aber wenn wir uns in die Augen schauen, werden wir feststellen, dass eigentlich jeder das Beste für den Ort, das Beste für sich und seine Familie will.

    Ob es private oder kommerzielle Interessen sind.

    Ich frage jetzt einfach nach Wanlo hinein: „Wollen wir uns nicht an EINEN Tisch setzen und gemeinsam schauen wie wir das Bestmögliche für unsere Heimat erreichen können?“

    Einfach ohne Profilneurosen, einfach ohne Ablehnung der Meinung Anderer, einfach als Wanloer, einfach als Nachbarn.

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