Mehr Behinderte in Regelschulen – Verbände pochen auf UN-Konvention
Hauptredaktion [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Behinderte Kinder sollen nach der Forderung von Sozialverbänden und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nicht länger in Sonderschulen ausgegrenzt werden. Die Organisationen berufen sich dabei auf die seit Jahresbeginn auch für Deutschland verbindliche UN-Behindertenkonvention.
Danach sollen 90 Prozent aller behinderten Kinder zusammen mit Nichtbehinderten in normalen Schulen unterrichtet werden. „Der gemeinsame Schulbesuch darf nicht länger die Ausnahme sein, sondern muss zur Regel werden“, verlangte der Präsident des Sozialverbandes Deutschland (SoVD), Adolf Bauer, am Dienstag in Berlin.
Die Kultusminister hatten in der vergangenen Woche auf ihrer Konferenz in Stralsund eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit den Konsequenzen der nach zweijährigem Tauziehen auch von Deutschland unterzeichneten Konvention befassen soll.
Die GEW-Vizevorsitzende Marianne Demmer warnte die Kultusminister davor, die Arbeitsgruppe nur als eine „Pflichtübung“ zu betrachten und den Auftrag der UN-Konvention nicht ernst zu nehmen. Die Konvention stehe „im deutlichen Widerspruch zur selektiven deutschen Schultradition“ und fordere eine Gesellschaft ein, in der auch Behinderte von Anfang an dazugehörten, sagte Demmer der Deutschen Presse-Agentur dpa.
In Deutschland gibt es laut KMK-Statistik knapp eine halbe Million Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Dazu gehören körper-, lern- und auch geistig behinderte Kinder. Derzeit haben nur 15,7 Prozent von ihnen die Chance, eine Regelschule zu besuchen.
In fast allen Bundesländern sind derzeit Klagen von Eltern anhängig, die für ihr behindertes Kind einen Platz in einer regulären Schule einfordern. Bisher gibt es nur in Bremen einen Rechtsanspruch auf gemeinsamen Unterricht.
Demmer sagte: „Jedes Kind hat Anspruch auf die Aufnahme in die allgemeine Schule. Dabei müssen selbstverständlich behinderte Kinder die nötige individuelle Unterstützung bekommen“. Der SoVD-Präsident betonte, es gehe nicht darum, die Sonderschulen völlig abzuschaffen.
Aber wo immer es möglich sei, sollten behinderte Kinder Regelschulen besuchen. „Leistungsschwache Kinder werden in schwachen Gruppen noch schwächer“, sagte der Verbandsvorsitzende.
Mehr als zwei Drittel der Sonderschüler erreichten keinen Hauptschulabschluss. In Regelschulen aber würden diese Kinder gefordert und angespornt. Dazu müsse man Sonderpädagogen «aus den Sonderschulen raus- und in die normalen Schulen reinholen». Außerdem müssten Schulen barrierefrei und der Unterricht auf die einzelnen Schüler zugeschnitten werden, forderte Bauer. Auch nichtbehinderte Kinder könnten von einer solchen „inklusiven“ Pädagogik profitieren.