Uneinigkeit beim Sozialticket – Kreis Viersen: „JA“, Krefeld: „NEIN“, Stadt Viersen: „Mal sehen, was die anderen machen“, Mönchengladbach: „???“

Red. Politik & Wirtschaft [ - Uhr]

11-09-24-sozialticket-umgebungskarte-cDer Kreis Viersen will testweise ein Sozialticket einführen. Der Aufsichtsrat der Verkehrsgesellschaft Kreis Viersen (VKV) hat sich einstimmig dafür ausgesprochen, am Pilotprojekt des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) vom 1.11.2011 bis 31.12.2012 teilzunehmen.

Das Ticket ermöglicht Sozialhilfeempfängern, im Geltungsbereich der Preisstufe A monatlich für 29,90 Euro den Öffentlichen Personen-Nah-Verkehr (ÖPNV) nutzen zu können. Die Preisstufe A entspricht meist dem jeweiligen Stadtgebiet.

Dadurch ergibt sich für den Berechtigten eine Ersparnis um rund die Hälfte gegenüber einem vergleichbaren Fahrschein.

Knackpunkt ist bei den Aufgabenträgern im VRR-Gebiet, dass die ohnehin klammen Kommunen mit Einführung eines Sozialtickets weiter in die roten Zahlen rutschen könnten.

Die Verkehrsgesellschaft Kreis Viersen sieht diese Gefahr nur bedingt, da die Sozialstruktur im ländlichen Raum nicht mit Großstädten wie Dortmund vergleichbar ist – wo man vor zwei Jahren Defizite mit einem Sozialticket eingefahren hatte. Im Kreis Viersen gibt es knapp 31.000 Berechtigte, für die ein Sozialticket in Frage kommt.

„Die Pilotphase würde uns wichtige Erkenntnisse bringen. Danach können wir immer noch diskutieren, ob wir mit dem Sozialticket in den Regelbetrieb gehen“, sagt VKV-Geschäftsführer Anton-Günther Bielefeld.

Die VRR-Pilotphase wird gutachterlich begleitet. Im Herbst 2012 könnte der Kreis Viersen mit Blick auf das Nutzungsverhalten der Sozialhilfeempfänger festlegen, das Sozialticket einzuführen – oder auch nicht.

Dadurch dürfte sich auch der „Druck“ auf die Stadt Viersen und mittelbar auch auf Mönchengladbach erhöhen, weil sich der Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Viersen nicht entscheiden konnte.

Krefeld wird sich hingegen nicht am Pilotprojekt des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) zur Einführung des Sozialtickets beteiligen, wie aus der Seidenstadt zu erfahren war. Das entscheidende Argument: Angesichts leerer Kassen seien zusätzliche Kosten nicht akzeptabel.

„Wer über die Mittel verfügt, bei den Pinguinen und der Straßenmodenschau als Sponsor aufzutreten, der verkraftet auch das Sozialticket“, wird SPD-Fraktionssprecher Ulrich Hahnen zitiert.

Mit einem entschiedenen „Mal sehen, was die anderen machen!“ hatte der Haupt- und Finanzausschuss in seiner Sitzung am 12.09.2011 sich nicht festlegen und warten wollen, wie Krefeld und Mönchengladbach sich entscheiden würden.

Nachdem der Krefelder Rat sich gegen die Stimmen von SPD, Grünen und DIE LINKE gegen die Beteiligung an der Pilotierung ausgesprochen hat (Mehrheit aus CDU, FDP und UWG), sind die Viersener Politiker auch nicht schlauer und die Verwirrung im Kreis eher noch größer.

Auch weil im Kreisgebiet neben

  • SWK MOBIL GmbH (SWK MOBIL)
  • Busverkehr Rheinland GmbH (BVR)
  • Regionalverkehr Niederrhein GmbH (RVN)

auch die Niederrheinische Versorgungs- und Verkehrs AG (NVV AG) und die Niederrheinwerke Viersen mobil GmbH (NWV m) ÖPNV betreiben, dürfte sich die Entscheidung nicht gerade einfacher gestalten.

Die Städte Mönchengladbach und Viersen hatten die Kommunalholding Niederrhein GmbH (NKH) gegründet und kommunale Aufgaben wie den Nahverkehr in dieser Gesellschaft gebündelt.

Die NVV mobil und aktiv GmbH ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Niederrhein Kommunalholding, die aus Fusionierung der Niederrheinische Versorgung und Verkehr AG (NVV AG) mit den Niederrheinwerke Viersen hervorging.

Die Tochtergesellschaft ist u.a. für den Verkehrsbetrieb in Mönchengladbach verantwortlich. Des Weiteren besitzt die NVV Linienkonzessionen im Rhein-Kreis Neuss und im Kreis Viersen.

Gleich, welche Entscheidung in Mönchengladbach gefällt wird, wird nicht nur auf den VRR, sondern auch auf die beteiligten Verkehrsunternehmen der Region erheblicher Koordinierungsbedarf zukommen.

Denn die Nutzung des Sozialtickets endet aufgrund der Tarifstruktur des VRR-Tarifsystems nicht an den jeweiligen Stadt- oder Kreisgrenzen.

11-09-24-sozialticket-kempen-krefeld-cWas passiert, wenn ein Berechtigter in Kempen, Grefrath oder Tönisvorst ein Ticket erwirbt und mit dem ÖPN nach Krefeld fahren möchte?

Man wird sehen, wie VRR, die ÖPNV-Unternehmen und die Politiker der jeweiligen „Verkehrsträger“ mit diesen und weiteren „Grenzfahrern“ umzugehen gedenken.

Ein Kommentar zu “Uneinigkeit beim Sozialticket – Kreis Viersen: „JA“, Krefeld: „NEIN“, Stadt Viersen: „Mal sehen, was die anderen machen“, Mönchengladbach: „???“”
  1. Neuss wird ebenfalls probeweise das Sozialticket einführen.

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