Perspektiven für Mönchenglad­bach – Teil VIII: vis-à-vis mit … Andreas Wurff: Fazit nach einem Jahr [mit O-Ton]

Red. Politik & Wirtschaft [ - Uhr]

wurffMitte 2010 führten wir ein erstes Interview mit dem damals neuen Technischen Beigeordneten Andreas Wurff. Themenschwerpunkte waren u.a. seine generellen Zukunftsvorstellungen für Mönchengladbach, Fragen der Bürgerbeteiligung, das neue Handels- und Dienstleistungszentrum und die Verkehrsentwicklungsplanung.

Anfang August 2011 sprachen wir mit dem Baudezernenten im Zuge der neuen BZMG-Reihe „Vis-á-Vis mit …“ über sein Fazit nach etwas mehr als zwölf Monaten.

Mönchengladbachs Alleinstellungsmerkmale

In 2010 hatte Wurff empfohlen, dass Mönchengladbach nicht in Konkurrenz zur Metropole Düsseldorf treten solle. Diese Einschätzung habe weiterhin bestand, erklärt Wurff aktuell.

Mönchengladbach habe eigene Qualitäten, die es gelte weiterzuentwickeln. Eine sei „die Stadt im Grünen“.

In diesem Zusammenhang sprachen wir auch über das am Abteiberg geplante neue Hotel, zu dessen Ansiedlung sich der Hotel- und Gaststättenverband kritisch geäußert hatte und die Frage, was Mönchengladbach aus touristischer Sicht zu bieten habe.

Wurff zeigte einige Ansätze auf, wie Mönchengladbach auch unter touristischen Aspekten attraktiver werden könnte. Als Beispiel nannte er u.a. die Aufwertung der Mönchengladbacher Altstadt und hier die Verbindung von Gastronomie, Kunst und Kultur.

[audio:11-08-03-interview-wurff-01-alleistellungsmerkmale-touristik.mp3] [ca. 7 Min]

Masterplan und Gestaltungsbeirat

Ein aktuelles Thema ist der Masterplan, der vom Verein „MG 3.0“ der Stadt geschenkt werden soll. Wurff sieht in einem Masterplan die Chance, die Prioritäten der Stadtentwicklung klarer zu definieren und politische Verantwortlichkeiten deutlicher zu machen.

Es dürfe nicht erwartet werden, dass ein Masterplan Mönchengladbach völlig anders sehe, als es momentan ist oder gar eine neue Struktur „überstülpen“ würde. Vielmehr erwarte er Zieldefinitionen und Leitthesen, die es zu entwickeln gelte.

Es müsse ein Leitbild entstehen, das auch den Haushalt auf bestimmte prioritäre Entwicklungen abstellen könne. Ein Masterplan könne einen hohen Stellenwert erreichen, wenn es gelänge, die verschiedenen Akteure der Stadt auf einer konsensualen Basis zusammenzuführen.

In diesem Zusammenhang soll es zu einem „dialogischen Prozess“ kommen. Wurff sieht darin für die Verwaltung die Aufgabe, diese Entwicklung des Plans zu begleiten, nicht ihn aktiv zu beeinflussen, sondern dem Masterplaner Chancen zur Abwägung zu eröffnen. Schlussendlich habe jedoch der Masterplaner sein „Produkt“ zu verantworten.

An der Auswahl des Masterplaners war die Stadt nicht beteiligt. Wurff zeigte sich sehr zufrieden mit der Auswahl des Planers und kann die Gründe für diese Wahl sehr gut nachvollziehen.

Im Gegensatz zum Masterplan, bei dem es um die „große Linie“ geht, hat der bislang noch nicht weiter diskutierte „Gestaltungsbeirat“ andere Aufgaben.

Dazu beschreibt Wurff die Funktion eines Gestaltungsbeirates, dessen Zusammensetzung und die von ihm zu übernehmenden Aufgaben.

Wurf betont, dass von einem Gestaltungsbeirat eine in hohem Maß fundierte und neutrale Beratung erwartet werden müsse. Auf „Gestaltungsqualität“ müsse gerade im Innenstadtbereich großer Wert gelegt werden; da geschehe – auch da, wo die Stadt Eigentümer sei – bislang zu wenig.

Hinsichtlich Zusammensetzung und „Neutralität“ (und „Geschmäckle“) müsse der Gestaltungsbeirat eine Mischung aus externen Fachleuten und Mönchengladbachern sein

Zur Bürgerbeteiligung bei der Masterplanentwicklung müsse sehr darauf geachtet werden, dass die Einbindung der Bürger stattfindet. Das verstehe er unter einem „qualifizierten dialogischen Prozess“.

[audio:11-08-03-interview-wurff-02-masterplan-gestaltungsbeirat.mp3] [ca. 20 Min]

Bürgerbeteiligung

Als „erfrischend“ bezeichnete Wurff es, wie die Bürger beginnen würden, an ihrer Stadt „teilzuhaben“ und gab zu, dass ihm an dieser Stelle Mönchengladbach „Spaß mache“.

Als Beispiel für bürgerschaftliches Engagement nannte Wurff die Initiative „Schillerplatz“, wo man sich darauf verständigt habe, unter Einbindung von Planungsbüros Bürgerideen in Planung umzusetzen, eine Art „Bürgerplanung“ also.

Es liege ihm sehr daran, mit den Bürgern gemeinsam Begehungen „Vor Ort“ vorzunehmen, um auf deren Probleme im Detail aufmerksam gemacht zu werden.

Ausführlich ging Wurff auch auf das „Altstadtlabor“ ein, bei dem nichts vorbestimmt sei und die verschiedenen Initiativen gemeinsam diesen Bereich – mit fachlicher Unterstützung – entwickeln.

Das „Forum Giesenkirchen“ beispielsweise, sei nicht zuletzt wegen der „Vorgeschichte“ ganz anders gelagert und ähnele eher dem klassischen Planungsvorgehen; gleichwohl habe er dabei die Erfahrung gemacht, dass Bürger sich auch, über das reine Ortsdenken hinaus, mit Themen, wie beispielsweise einer Erhaltungssatzung befassen.

[audio:11-08-03-interview-wurff-03-buergerbeteiligung.mp3] [ca. 14 Min]

 

Handels- und Dienstleistungszentrum und seine wirtschaftlichen Auswirkungen

Das Handels- und Dienstleistungszentrum könne nicht allein auf die Kaufkraft von Mönchengladbach reflektieren, meinte Wurff mit Blick auf die Auswirkungen der Mönchengladbach Arcaden auf die umliegenden Kommunen.

Wenn Mönchengladbach seiner Funktion als Oberzentrum gerecht werden wolle, sei es opportun, hier mehr anzubieten als das Umland. Der Prozess entspreche dem städtischen Planungsrecht und sei daher legitim.

Stadtintern liege es in der Verantwortung des Stadtrates, die Auswirkungen auf die Stadtteile und hier beispielsweise auch auf Rheydt abzuwägen.

Hinsichtlich kompensatorischer Maßnahmen weist Wurff auf die Umsetzung von Maßnahmen aus dem Innenstadtkonzept Rheydt und im Rahmen des Projektes „Soziale Stadt“ hin. Ob das allein ausreichen werde, die „Konkurrenzsituation“ auch wirklich zu beherrschen, konnte Wurff nicht bestätigen.

Hinsichtlich des Leerstandes seien neue Überlegungen anzustellen, insbesondere auch in Bezug auf Größe und bauliche Situation verschiedener Ladeneinheiten. Hier seien besonders auch die Eigentümer der Immobilen gefordert. Man müsse sich mit Blick auf den Kaufkraftabfluss durch das HDZ darüber Gedanken machen, wie man neue Kaufkraft generieren könne.

Im Rahmen des Projektes „Soziale Stadt“ wird eine Funktion „City-Management“ eingerichtet. Dies sei eine städtische Funktion nicht Bestandteil des Vereins „Citymanagement Rheydt“. Wurff erläutert die Aufgaben und das Zusammenspiel dieser Akteure.

[audio:11-08-03-interview-wurff-04-hdz-auswirkungen-rheydt.mp3] [ca. 10 Min]

Verkehrsentwicklungsplanung

Das VEP-Zielkonzept wurde überarbeitet und soll in Kürze der Politik vorgestellt werden. Dazu erklärte Wurff, dass die Verwaltung einem „Essential“ gerne Nachdruck verleihen möchte, wodurch es unter Beibehaltung der heutigen verkehrlichen Erreichbarkeiten zu einer Veränderung des Modalsplits, also dem Verhältnis des Motorisierten Individualverkehrs (MIV) zum ÖPNV, zum Radverkehr und zum Fußverkehr kommen soll.

Das bisherige Zielkonzept sehe eine Erhöhung des MIV von 60% auf 62% vor. Das sei in Deutschland unüblich hoch.

Man wolle dem Radverkehr, dem ÖPNV und den Fußgänger eine höhere Bedeutung zumessen, wodurch im Ziel ein 50%iger Anteil des MIV erreicht würde.

Während die Anteile von ÖPNV und Fußgängerverkehr nicht besonders stark erhöht werden können, gebe es Möglichkeiten zu Erhöhung des Radverkehrs, ohne dass Maßnahmen dazu „wahnsinnig ins Geld“ gehen würden; dies sei beispielsweise durch eine geänderte Aufteilung von Verkehrsflächen möglich. Wichtig sei, dass entsprechende Angebote geschaffen werden.

Hinsichtlich des Aspektes „Zeit“ weist Wurff auf die Luftreinhalteplanung mit Umweltzonen und die sich daraus ergebenden Verkehrssteuerungsmaßnahmen sowie den Lärmaktionsplan und dessen Konsequenzen für den VEP hin. Es werde noch zu einer weiteren Überarbeitung des VEP kommen, prognostiziert Wurff.

Durch lufthygienische Gutachten im Zusammenhang mit dem HDZ seien zusätzliche Erkenntnisse gewonnen worden, nämlich dass die Innenstadt Mönchengladbachs stärker belastet sei, als bisher bekannt war. Diese Informationen seien in die neue VEP-Fassung eingeflossen.

Wurff glaubt nicht, dass es damit getan sein wird, dass nur Fahrzeuge mit grünen und gelben Plaketten in die Umweltzonen einfahren dürfen; dafür sei das Problem zu groß.

Wie insbesondere der Schwerlastverkehr innerhalb der Stadt bewältigt werden kann, sei ein Problem, von dem man momentan nicht wisse, wie es zufriedenstellend zu lösen sein wird.

[audio:11-08-03-interview-wurff-05-verkehrsentwicklung.mp3] [ca. 10 Min]

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