HDZ: Bürgerinformationsveranstaltungen – Teil III: Mönchengladbach Arcaden könnten insbesondere dem Rheydter Einzelhandel schaden
Bernhard Wilms [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
[27.06.2011] Das ist eines der Ergebnisse, die Birgitt Wachs, Niederlassungsleiterin Köln der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung (GMA) für ein HDZ an der Hindenburgstraße präsentierte.
Die GMA war von der Stadt Mönchengladbach mit einer Untersuchung zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des HDZ beauftragt worden.
Diese Auswirkungsanalyse ist neben Untersuchungen zu den verkehrlichen Auswirkungen, einschließlich zu Lärm- und anderen Umweltuntersuchungen Voraussetzung für die Bearbeitung des Bebauungsplanes. Finanziert werden diese Untersuchungen durch den Investor mfi aus Essen.
Fast 130 Seiten stark, mit zahlreichen Tabellen und Abbildungen ist die „Auswirkungsanalyse zur Ansiedlung eines Einkaufszentrums in Mönchengladbach“ in vielerlei Hinsicht erklärungsbedürftig.
Danach werden im „ungünstigsten Fall“ (worst-case) nach Eröffnung des HDZ für den Rheydter Einzelhandel so genannte „Umsatzumverteilungen“ in Höhe von jährlich mehr als 11 Mio. EURO erwartet.
Für Rheydt, aber auch für die übrigen betroffenen Einzelhandelsstandorte bedeutet diese doch „beschönigende“ Begrifflichkeit faktisch „Umsatzverluste“.
Angesichts dieser düsteren Prognosen wünschte sich der Vorsitzende des Rheydter Citymanagements Peter Felten bei der Auftaktveranstaltung zur „Frühzeitigen Bürgerbeteiligung“ zum Bebauungsplan am 16.06.2011 in der KFH, dass sich die „Gazetten“ mit der Behandlung dieses Themas zurückhalten mögen.
Felten befürchtete, dass solche Nachrichten potenzielle Investoren für Rheydt abschrecken könnten.
Dass sich ein HDZ an der Hindenburgstraße negativ auf das „Hauptgeschäftszentrum Rheydt“ auswirken würde, stand spätestens seit den ersten Aktivitäten mit ECE fest.
Schon früher, etwa 2004, hatten sich Bernd Adelt und Norbert Freyer aus der SPD-Fraktion der ehemaligen BV Rheydt-Mitte mit der Situation des Einzelhandels in der Rheydter Innenstadt und den Leerständen auseinander gesetzt und das „Innenstadtkonzept Rheydt“ angestoßen, das von allen Fraktionen in dieser BV mitgetragen wurde.
Es ist also eine schon lange bekannte Situation. Vor diesem Hintergrund erscheint Feltens Wunsch nach zurückhaltender Berichterstattung kaum nachvollziehbar.
Tatsachen nicht vollständig „beim Namen zu nennen“ würde letztendlich bedeuten, die Augen vor der Realität zu verschließen. Dies würde Rheydt keinesfalls helfen, zumal Investoren ihre Entscheidungen nicht auf Presseberichten, sondern auf „harte Fakten“ stützen. Und die sind spätestens seit den Untersuchungen zu ECE bekannt.
Den für die Arcaden geplanten Umsatz von 104 Mio. EURO erwartet mfi aus vier „Zonen“ generieren zu können.
Aussagen zu Umsätzen durch Kunden aus den Niederlanden wurden durch die GMA nicht spezifiziert und können allenfalls in den „Streuumsätzen“ zu finden sein. Damit würden sich die Hoffnungen von Politikern (noch zu Zeiten ECE) auf eine „Magnetwirkung“ in Richtung Niederlande nicht bewahrheiten.
Den Umfang der Umsatzverluste, den die Arcaden im Umland (Zone II und III) erzeugen werden, prognostiziert die GMA subsumiert mit 14,3 Mio. EURO, wobei Viersen, Erkelenz und Hückelhoven zusammen mit mehr als der Hälfte dieser Umsatzverluste zu rechnen hätte.
In den, der Stadtmitte von Mönchengladbach zuzurechnenden Standorten, muss der Einzelhandel mit Einbußen von etwa 22,5 Mio. EURO durch die Arcaden rechnen. Die übrigen Stadtteile steuern mit etwa 30,0 Mio. EURO Umsatzverlusten zu dem Arcaden-Umsatz bei.
Interessant zu beobachten, dürfte die Entwicklung der Bekleidungskaufhäuser C & A, Sinn Leffers, Peek & Cloppenburg und H & M sein. Sollen in den Arcaden doch 37,7 % des Umsatzes mit Bekleidungsprodukten erzielt werden.
In wieweit durch das neue HDZ in Mönchengladbach Synergieeffekte zu erwarten seien, konnte Birgitt Wachs (GMA) anlässlich der Vorstellung der Auswirkungsanalyse in den Bezirksvertretungen, Ausschüssen und Bürgerinformationsveranstaltungen nicht sagen. Auf Fragen dazu erklärte sie: „Das war nicht unser Auftrag“.
Eines musste Wachs jedoch bestätigen: Falls es zu Synergieeffekten kommen sollte, dann würden diese allenfalls an der Hindenburgstraße greifen.
Unklar bleibt demzufolge die durchaus interessante und wichtige Frage , ob die Arcaden beispielsweise für Investoren entlang der Hindenburgstraße eine Magnetwirkung haben könnten.
Diese wäre dringend nötig, da hier noch immer unschöne „Baulücken“ mit bislang eingeschossigen Geschäftshäusern der Entwicklung und somit der Attraktivierung der City harren.
Synergieeffekte für andere Stadtteile, wie beispielsweise Rheydt, schloss Wachs als „eher unwahrscheinlich“ aus und bestätigte damit die Einschätzung eines Teilnehmers an der Veranstaltung am 17.06.2011 in der KFH.
Mit Bezug auf die Situation in Rheydt und abzielend auf Mönchengladbachs Bi-Polarität, erklärte Wachs am 15.06.2011 in der Sitzung der BV Süd aus ihrer, wie sie es formulierte, „gutachterlichen Sicht“ heraus, ausdrücklich, dass die Stadt sich „überlegen müsse“, wie sie sich für das Umland positionieren wolle. Das könne „eben nicht mit einer bipolaren Zentrenstruktur, sondern nur mit einem Zentrum“ geschehen.
Dass diese nicht abgefragte Aussage zur bipolaren Zentrenstruktur wenig hilfreich war, sollte ihr spätestens bei der Veranstaltung in der KFH im Rahmen der „Frühzeitigen Bürgerbeteiligung“ zum Planungsverfahren am 17.06.2011 klar geworden sein.
Dort hatte Karl Sasserath (Bezirksvorsteher Süd) nämlich auf die langjährigen Bemühungen in der Bezirksvertretung Rheydt-Mitte hingewiesen, die Rheydter Innenstadt attraktiver zu gestalten.
Mit dem Innenstadtkonzept sei auf eine fast 25jährige Abwärtsentwicklung in Rheydt reagiert worden und dies werde nunmehr in Teilen durch Investitionen in Höhe von 18 Mio. EURO umgesetzt.
Beginn (2004) und Aktivitäten der „Initiative für Verbesserungen in der Rheydter Innenstadt“ liegen bereits Jahre zurück. Aus der Tatsache, dass diese Maßnahmen, die nun realisiert werden, mit nur 20% durch die Stadt co-finanziert werden, kann nicht abgeleitet werden, dass es sich um eine städtische „Kompensationsmaßnahme“ für Rheydt mit Bezug zu den zu erwartenden Nachteilen durch die Arcaden handeln würde.
Es bleibt abzuwarten, welche Kompensationsmaßnahmen im Rahmen der gesamtstädtischen Entwicklung für den Rheydter Einzelhandel erarbeitet und auch umgesetzt werden und ob diese Maßnahmen den Bebauungsplan für die Mönchengladbach Arcaden tangieren werden..
Schließlich geht es bei der Frage nach der „Verträglichkeit“ eines Handels- und Dienstleistungszentrums nicht nur um die verkehrlichen, baulichen und immissionsschutzrelevanten Aspekte, sondern auch um die Verträglichkeit für die Gesamtstadt, einschließlich aller betroffenen Stadtbezirks- und Stadtteilzentren.
Dabei wird es darauf ankommen, wie die Politik – bei aller Euphorie für die Mönchengladbach Arcaden – gedenkt mit ihrer Verantwortung gegenüber den Bürgern und den Einzelhändlern, aber auch gegenüber Fördergebern, beispielsweise für die Maßnahmen des Innenstadtkonzeptes Rheydt, umzugehen gedenkt.
Fatal wäre es, wenn die Politik sich den Vorwurf gefallen lassen müsste, dass die jahrelangen, personal- und kostenaufwändigen Aktivitäten für das Innenstadtkonzept Rheydt durch die Mönchengladbach Arcaden konterkariert würden.
4.
Kerstin Königs schrieb am 28.06.2011 um 16:32 Uhr:
@ Rainer
Wie Recht Sie leider haben. Ich habe mal gegoogelt.
mfi hat gerade mit viel Getöse ein weiteres “Einkaufsparadies” in München-Pasing eröffnet, das von aussen vor Hässlichkeit schön ist. Der Stil war mal in den 1960er/70er Jahren “in”. Also können wir hier in MG noch von Glück sagen, dass es uns nicht so übel erwischt hat wie dort. Das bestätigt doch nur die “Individualität” des mfi-Schemas. Überall der gleiche Kasten. Nur die Verkleidung wir modifiziert. Und überall ist auch noch dasselbe drin.
In Pasing jetzt sogar schon Aldi! Das spricht für ein Einkaufserlebnis und –Ambiente der besonderen Art. Ist das schon Verzweiflung? Hauptsache Mieter?
Und genau diese Worte haben wir tatsächlich in der KFH ebenfalls gehört, nur mit anderen Namen, eben MG etc.:
„Wir wollen uns nach außen öffnen“, sagt Lars Jähnichen. Viele Eingänge gibt es, und Durchgänge von den Geschäften ins Freie. Und: Ein Großteil der Gastronomie ist im Erdgeschoss angesiedelt, hin zu der Fußgängerpromenade, die einmal vom Pumpenhaus an der Würm bis „Am Knie“ reichen und das Pasinger Ortsbild prägen soll. Dort werden die Gastronomen künftig im Sommer ihre Stühle aufstellen – so wie vor dem Café im alten Bürkleinbahnhof, das künftig den Raum zwischen Bahnhof und Pasing Arcaden bestimmen wird (wir berichteten). „Der Platz wird signifikant belebt“, sagt der Projektleiter, „wir wollen Verweilqualität schaffen und Pasing etwas Urbanes geben.“
(aus http://www.merkur-online.de/lokales/stadt-muenchen/pasing-arcaden-einkaufs-tempel-muenchner-westen-1153789.html )
Kommentare zu Pasing-Arcaden:
„Gut ist die Lage und natürlich die Größe des Zentrums, allerdings hat es keinen bestimmten Charme und die läden findet man auch genauso gut in d. Stadt nebeneinander (außer dem Aldi :D)
Die cafés sind etwas zu teuer.“
„Ein Einkaufszentrum halt. Sind alle gleich. Viele Bekleidungsläden und die üblichen Verdächtigen (in München): H&M, Hugendubel, Tretter, usw. usf. Sogar ein Aldi ist integriert und ich glaube auch ein dm, aber um die Wahrheit zu sagen – Charme hat die Verpackung nicht, da komplett austauschbar und es könnte überall stehen, aber das ist ja das Konzept der Einkaufstempel. Gähn.“
Link::
http://www.qype.com/place/1880935-Pasing-Arcaden-Muenchen
Entertainment in den Arcaden? Genau wie Rainer es beschreibt. Wer will kann sich hier umsehen:
http://www.pasing-arcaden.de/index.php?id=2234
Volksmusik, Arcaden Family Run, Park-Tagesticket nur € 2,50 (wird Gladbachs Parkhausbesitzer freuen, falls es das hier auch geen wird) usw., usw. .
Na ja, ob das die Hindenburgstraße beleben wird? Magnetwirkung?
Und: wie lange wird es dauern, bis der Spaß dann langweilig ist? Bis dahin sind dann bereits einige Einzelhändler mehr aus der Hindenburgstraße verschwunden, die sich bisher abgerackert, durchgehalten und die Straße einigermaßen am Leben erhalten haben und nun auf der Strecke bleiben werden. Eben Verdrängunseffekt? Pech gehabt?
GfK (Gesellschaft für Konsum) im Börsenblatt vom 29.07.2010:
„Mehr Restaurantfläche und Werbung über soziale Medien.
Die Planer setzen alles daran, dass das (gemeint ist der Umsatz/2009: ca. 23 Prozent Anteil der Shoppingcenter am Einzelhandelsumsatz) so bleibt: Erstens kalkulieren sie, je nach Standort, doppelt so viel Restaurantfläche ein als noch vor zehn Jahren (Flächenzuwachs von 4,7 auf zehn Prozent) – um die Aufenthaltsdauer zu erhöhen. Und zweitens entdecken sie soziale Medien für sich, um die Bindung ans Center zu stärken und zugleich die Taktzahl der Besuche zu steigern.“
Ob die hiesige Gastronomie sich darüber freuen wird?
Also auf die Magnetwirkung bin ich schon gespannt. Demografie kommt auch noch ins Spiel.
Leerstände in der Theatergalerie, Sondermieten, Hauptsache „Bringer“ sind die Mieter?
Demnächst wird das alles nicht mehr der Fall sein, nur weil alles noch größer ist?
Was, wenn H & M und andere ins Center wechseln?
Center, Center über alles! Hurra, wir sind in der „Schoppingbundesliga“ angekommen!
Willkommen im Club der Eintönigkeit und dem Prinzip der Hoffnung auf klingelnde Kassen!
3.
Rainer schrieb am 28.06.2011 um 12:32 Uhr:
In meiner Tätigkeit besuche ich häufiger Kunden in solchen Einkaufszentren. Überall die gleichen Geschäfte, egal ob in Leipzig, Leverkusen, Neuss oder Düsseldorf. Schaut euch die Fotos dieser Einkaufstempel an – wer kann diese einem bestimmten Ort zuordnen?
Was zieht die Leute in solche Einkaufszentren? Es ist die Bequemlichkeit!
1. unabhängig vom Wetter
2. gute Erreichbarkeit
3. das beste Parkplatzangebot in der Stadt
Da viel Umsatz aus dem Umland benötigt wird, kommen viele Kunden mit dem PKW. Somit wird die Einfahrt zur Tiefgarage zum eigentlichen Haupteingang zum Center.
Ich habe noch nie ein solches Center von der Straße aus betreten, sondern nur über die Tiefgarage – wie es der größte Teil der Kunden auch macht.
Gibt es überhaupt einen Grund die unmittelbare Umgebung des Einkaufszentrums zu betreten?
Besonders dann, wenn es draußen nass und kalt ist? Wohl kaum. Und, was sollen die auf der Hindenburgstraße, wenn doch alles im Center zu haben ist?
Das Centermanagement wird doch alles unternehmen, um die Kunden im eigenen Haus zu halten! Dazu zählen optische Anreize (z.B. zu Ostern und zu Weihnachten) und etliche Aktionsprogramme im ganzen Center, mit dem Ziel, ein großartiges Einkaufserlebnis zu vermittelten.
Das HDZ wird ein Fremdkörper in der Stadt bleiben und ein Eigenleben entwickeln. Auf die Umgebung wird es dabei nur wenig Rücksicht nehmen.
2.
Hülldopp schrieb am 28.06.2011 um 12:17 Uhr:
De Kaas is de worst case!
1.
Henner Steigert schrieb am 27.06.2011 um 21:13 Uhr:
Eine Worst-Case-Untersuchung kann so oder so erfolgen.
Was bedeutet in diesem Fall eigentlich „Worst-Case“? „Worst-Case“ für die Mönchengladbacher Arcaden oder „Worst-Case“ für die betroffenen Einzelhändler?
Also, wie schlimm kann es für die Arcaden werden, oder wie schlimm für die Einzelhändler?
Für Otto-Normal-Bürger ist das alles einigermaßen undurchsichtig, meine ich.