Büchners Woyzeck im TiN: „Schweisstreibend“
Red. Theater [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Büchners Drama Woyzeck in der Regie von Schauspieldirektor Matthias Gehrt am 21.04.2001 im TiN Mönchengladbach. Ein berührendes Werk Büchners, das man zur Abi-Vorbereitung gelesen und studiert haben muß, da es ja doch große Weltliteratur ist!
Alles das, was man hier erlebt, könnte heute auch, vielleicht etwas anders, passieren.
Ein Mensch, der mit seinem Leben nicht fertig wird, dauernd in irgendeiner Form getreten und gedemütigt wird, in der Suche nach der Möglichkeit, seine Frau und sein Kind zu ernähren , scheitert.
Der Erfolg: Seine Frau verliert die Achtung vor ihrem Mann und geht mit anderen Männern.
All diese Dinge führen dazu, daß Woyzeck das Schlimmste tut, was ein Mensch nur tun kann. Er ermordet seine Frau, die er doch eigentlich liebt, und für die und sein Kind er alles auf sich genommen hat.
Leider kamen viele, allzuviele Dinge in der Inszenierung Gehrts nicht über die Rampe.
Schon der Anfang führte zu Husten und Fußscharren im Publikum. Sehr lange blickten sich Marie und Woyzeck an, bevor er sie ersticht. Erschwerend wirkte noch, daß die Saalbeleuchtung nicht erlosch. Das Publikum wußte nicht, ob diese Szene schon zum Spiel gehörte oder nicht.
Dann geht erst der Vorhang auf und der Anfang des Stückes wird gespielt. Das gesamte im Stück beschäftigte Personal sitzt im Hintergrund der Bühne und wartet auf seinen Auftritt. Das auch noch vor einem Sternenhimmel, der sich sich nach und nach zuzieht im Verlauf des Dramas.
Hauptträger dieses Stückes ist hier eine bühnenfüllende Drehscheibe, auf der Woyzeck zu zu lauter Musik rennt. Immer wieder rennt er, bis ihm der Schweiß in Strömen rinnt. Es soll wohl bedeuten, daß er ein Getriebener ist, hätte aber auch eine Vorbereitung auf einen Marathonlauf sein können.
Auf der linken Seite der Bühne ein Ledersessel für die Auftritte der Wohlhabenden, auf der rechten Seite eine Hollywoodschaukel vom Sperrmüll. Diese Seite ist dann für die Armen.
Leider konnte Schauspieldirektor und Regisseur Matthias Gehrt die Akteure nicht zu erkennbarem Darstellen und Miterleben führen.
Alles wirkte blaß und konnte nicht berühren. Die zu laute Musik nervte im Lauf des Abends mächtig. Die Krönung kam zum Schluß. Nach Maries Tod erklang, vom Darsteller verschiedener Rollen, Ronny Tomiska, ein im Playback gekreischter Disco-Song. Warum?
Er machte seine Rolle sehr gut.
Der Hauptdarsteller Paul Steinbach hatte neben Laufübungen, die die Zuschauer zu Mitleid führten, auch noch die Pflicht, einen stets gequälten Gesichtsausdruck vorzuführen. Angst hatte man um seine Gesundheit, Herzinfarkt oder so. Alle Mitwirkenden taten ihr Bestes. Aber macht dies einen Theaterabend aus?
In den mäßigen Beifall, in den sich nur von einer Seite Trampeln mischte, erklang seltsamerweise aus der gleichen Ecke ein einzelnes Buh für den Regisseur.
Herbert Rommerskirchen