Geneicken: Bürgerinitiative kämpft weiter für Verkehrsberuhigung [mit Bildergalerie]
Hauptredaktion [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Am 5. März 2009 fand in Rheydt-Geneicken eine Bürgerversammlung statt, zu der die Bürgerinitiative Geneicken – BIG – Anwohner, Bürger und Politiker eingeladen hatte. Ziel dieses Treffens war, erneut auf die übermäßige Verkehrsbelastung mit etwa 12.000 Kraftfahrzeugen auf der Geneickener Straße und der Dohlerstraße hinzuweisen und eine weitere Verkehrsberuhigung für diese Straßen und damit für den gesamten Stadtteil zu fordern.
Nach dieser Versammlung sprachen wir mit Wolfgang Dammers von der BIG:
BZMG: Herr Dammers, Sie sind Vorsitzender der Bürgerinitiative Geneicken?
Wolfgang Dammers: Ich bin Sprecher der Bürgerinitiative. Wir sind nämlich kein Verein, sondern ein Zusammenschluss von Bürgern mit gemeinsamen Zielen und so eine Initiative muss einen Sprecher haben, der diese Ziele nach außen transportiert.
Und als Initiator wird man sozusagen automatisch zum Sprecher.
BZMG: Wenn Sie mit Straßennamen Ihren Aktionsbereich beschreiben sollten, wie stellt sich das Gebiet dar?
Dammers: Unser Aktionsradius ist begrenzt durch die Straßen, die um unser Geneicken/Bonnenbroich herumführen sollen, um das ganze Quartier zu beruhigen. Im Norden ist das die Ritterstraße, im Westen Otto-Saffran-Straße/Am Gerstacker, im Osten Korschenbroich und die Niers als Grenzbereich und im Süden bis zur Düsseldorfer Straße.
Wir sind der Meinung, dass dieser bereich ein Wohnquartier, das auch wirklich nur zum Wohnen da ist und nicht zur Abwicklung von internationalen Schwerverkehren. Das kommt auch daher, weil Dohler- und Geneickener Straße in Navigationssystemen als Hauptverkehrsstraßen deklariert sind. Besonders ausländische Lkw und Anlieferfahrzeuge für die diversen Märkte werden so hier durchgeleitet.
BZMG: Gib es Kontrollen seitens der Stadt? Gewichtskontrollen?
Dammers: Bisher war noch keine einzige Kontrolle unterwegs. Die Polizei weist auf Nachfrage darauf hin, das könne man nicht kontrollieren, der Aufwand sei zu groß, was wir nicht nachvollziehen können. Irgendwo muss man den Lkw doch anhalten können.
Geschwindigkeitskontrollen hat es gegeben, in letzter zeit jedoch nicht mehr so häufig, was wir auch sehr beklagen, denn die Tempo-30-Beschränkung wird nur von wenigen beachtet.
BZMG: Es gibt hier Alt- und Neu-Geneickener. Wie ist die Gruppe zusammengesetzt?
Dammers: Was sich hier entwickelt hat, ist ein ganz spannender Prozess. Wir selbst waren vor knapp 30 Jahren auch Zugezogene. Das war wohl auch der Grund dafür, dass wir schnell gelitten haben. In dieser Zeit ist es immer schlimmer geworden. Zunächst hatten wir gemeint, es sei nicht unsere Aufgabe, hier für bessere Verhältnisse zu sorgen, haben aber, nachdem wir begonnen hatten, uns zu wehren, gemerkt, dass einige hier geradezu dankbar sind, dass dieses Thema endlich mal angegangen wird.
Mittlerweise sind auch über Achtzigjährige dabei, so z.B. eine Dame, die bei unserem „Tuckelfest“, als Hauptverantwortliche das Kuchenbuffet „schmeißt“. Diese Menschen sind froh, dass hier endlich was passiert. Und sie erzählen gerne vom alten Geneicken. So entstand ein Kristallisationspunkt, bei dem nicht nur Verkehrspolitik gemacht wird, sondern auch Freundschaften entstehen und gemeinsame Feste gefeiert werden.
Wir arbeiten also nicht nur, sondern wir feiern auch kräftig. Und das ist auch ein Grund, warum die Initiative auch so lebendig ist. Wenn man die Leute anspricht, sind sie fürs Arbeiten genau so da, wie fürs Feiern. Der Zusammenhalt ist ganz phantastisch.
BZMG: Nun haben Sie mit dem Maarplatz auch ein Honschaftszentrum, was andere sich gerne wünschen würden.
Dammers: Ja, aber umso ärgerlicher ist es, dass aufgrund der Situation hier in Geneicken der Platz nicht so richtig genutzt werden kann. Auch da spielt der Verkehr auf der Geneickener Straße hinein. Da passiert nichts, wenn man das stadtentwicklungsmäßig anschaut. Das verkehrliche Umfeld wertet ein solches Umfeld total ab.
Man merkt das daran, dass häufig die Mieter wechseln und nur die Hausbesitzer bleiben. Das bedeutet auch, dass der eine oder andere sein Haus verkauft und dadurch eine Veränderung im gesamten sozialen Gefüge eintritt. Das wiederum bedeutet eine Abqualifizierung des Wohnkomplexes, wodurch das Ortsteilleben immer weniger wird.
BZMG: Was kann man, was können Sie dagegen tun?
Dammers: Wir setzen ganz bewusst Zeichen. Wir sind eine kleine Truppe. Wir machen ganz allein ein großes Nachbarschaftsfest mit tausenden Besuchern. Einfach, um zu zeigen, hier muss was passieren. Das ist ein toller Platz, aus dem man mehr machen kann.
Wir haben noch weit über das Tuckelfest, also das Nachbarschaftsfest, hinausgehende Ideen. Um die aber umsetzen zu können, müsste erst einmal der Verkehr hier raus.
Man stelle sich mal vor, man hätte unter den Platanen eine Boulebahn, oder man macht einen Weihnachtsmarkt, oder, oder, oder … Das kann ein ganz lebendiger Platz sein, gerade weil der Platz so schön ist.
BZMG: Wie stark ist denn die kleine Truppe?
Dammers: Der so genannte harte Kern umfasst etwas 30 Leute. Drin enthalten ist noch ein kleiner Kern von bis zu 10 Personen. Bei den Treffen, die wir, je nachdem, was anliegt, veranstalten sind fast immer 20 bis 30 Leute da.
Dann gibt es noch fast hundert, die uns unterstützen, wenn Hilfe gebraucht wird.
BZMG: Ohne, dass es Ihr Ziel ist, führen Sie damit nicht einen Heimatverein ad absurdum?
Dammers: Möchte ich anders formulieren. Anfangs hatten wir ein paar Probleme, als wir auf den Heimatverein zugegangen sind. Wir hatten gedacht, dass das, was wir hier vor hatten, was mit Heimat zu tun hat. Mittlerweile sind einige von uns Mitglied im Heimatverein. Ziel sollte sein, dass wir irgendwann einmal kooperativ die verschiedenen Problemfelder abdecken.
In der Tat sehe ich das, was der Heimatverein in den letzten Jahren gemacht hat, als eine sehr eingeschränkte Arbeit an. Man betreibt in erster Linie Mundartpflege, präsentiert historische Dinge und ähnliches. Das gehört zwar dazu, aber für mich ist Heimat mehr.
Heimat ist meiner Auffassung nach da, wo ich mich wohlfühle, wo ein Umfeld ist, wo etwas passiert. Und diese Heimat möchte ich pflegen und voranbringen, damit die Leute, die hier wohnen eine Identifikationsmöglichkeit haben.
Und das ist in der Tat etwas, was aus unserer Sicht beim Heimatverein weniger stark betrieben wird, was aber bedeutet, dass man zu einer stärkeren Kooperation kommen kann. So gibt es eine Absprache, dass wir nicht jedes Jahr ein Fest machen, so dass der Heimatverein ebenfalls im Wechsel sein Fest veranstalten kann.
So haben wir auch abgesprochen, dass wir nicht beide im selben Jahr einen Kalender auflegen. Wir wollen nicht in unnötige Konkurrenz treten.
BZMG: Worauf konzentrieren Sie sich aktuell?
Dammers: Wir hatten am 5. März eine Bürgerversammlung. Die müssen wir noch aufarbeiten. Momentan wird das Protokoll verfasst, das auch mit den beteiligten Politikern abgestimmt wird. Dieses Protokoll wird anschließend veröffentlicht, so dass jeder – auch die die nicht da waren – weiß, was bei diesem Treffen von den Politikern versprochen wurde, nämlich, dass alle dafür sind, dass für die Dohler Straße die entsprechende Lösung kommt.
Als nächstes steht dann am 17. März die Sitzung der Bezirksvertretung an. Dazu haben die Parteien schon entsprechende Anträge zum Thema Dohler Straße vorbereitet.
Wir hoffen und erwarten, dass am 31. März im Planungs- und Bauausschuss entsprechende Signale gesetzt werden, dass die Dohlerstraße verkehrsberuhigt werden kann.
BZMG: Die Dohlerstraße ist das eine Thema und die Geneickener Straße das andere und wohl auch der Hauptanlass für die Gründung Ihrer Initiative …
Dammers: Zunächst einmal ja, aber der Mensch fühlt den stärksten Leidungsdruck da, wo er unmittelbar betroffen ist. Ich halte es auch für legitim und für wünschenswert, wenn jeder Bürger entsprechend aktiv wird und sich in Politik einbringt.
Es sollte nicht sein, dass eine politische Klasse – wie klasse die wirklich ist, ist etwas anderes – die falschen Dinge entscheidet. Und damit nicht irgendwelche Politiker in Gefahr geraten – und hier nehme ich die Politiker sogar in Schutz – ohne Anbindung an die Bedürfnisse von Bürgern agieren zu müssen.
Wenn ich, falls ich Politiker wäre, zu wenig Rückmeldung von Bürgern habe, könnte ich zu stark meine eigenen Interessen sehen und dann manchmal das Maß verlieren, was ich wirklich zu tun habe.
BZMG: Das ist eine sehr interessante Sichtweise …
Dammers: Sicherlich, aber man muss sehen, dass die Gefahr einfach da ist. Und daraus entsteht dann schnell der Klüngel.
Natürlich sehe ich es als Pflicht eines Politikers, immer das Ohr am Bürger zu haben.
BZMG: Sie sehen also auch eine Bringschuld oder Bringpflicht des Bürgers?
Dammers: Natürlich, denn Demokratie ist ein Grundrecht, das der Bürger wahrnehmen muss. Es reicht nicht, am Stammtisch herumzumeckern und eine Faust in der Tasche zu machen. Das ist zwar bequem, aber damit kaufe ich mich nicht frei, mich auch selbst einzubringen.
BZMG: Herr Dammers, danke für das aufschlussreiche Gespräch.
– – – – – – – – – –
Zu den Zielen, die Entwicklung und die nächsten Aktionen finden Sie hier eine Bildergalerie: