Rot-Grünes Demokratiepaket noch nicht perfekt – Mehr Demokratie begrüßt Reformpläne, vermisst aber wichtige Inhalte
Hauptredaktion [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
[PM MD] Die Initiative „Mehr Demokratie“ hat die heute von SPD und Grünen im Landtag vorgestellten Pläne zur Reform von Bürgerentscheid und Wahlrecht begrüßt, vermisst aber „wichtige Inhalte“ im Demokratiepaket.
„Was Rot-Grün vorhat, bringt Nordrhein-Westfalen einen großen Schritt vorwärts, an zwei Stellen fehlt uns aber der entscheidende Durchbruch“, sagte Landesgeschäftsführer Alexander Slonka.
Sein Verein vermisst Bürgerentscheide über Großprojekte und eine Demokratisierung des Kommunalwahlrechts.
SPD und Grüne hatten heute angekündigt, die Spielregeln für kommunale Bürgerbegehren zu ändern. So sollen in Zukunft Bürgerbegehren etwa zum Bau von Einkaufszentren oder zur Ausweisung neuer Gewerbegebiete zulässig sein.
Der durch die Gemeindeordnung von Bürgerbegehren geforderte Kostendeckungsvorschlag soll von den Kommunen erstellt werden und damit nicht mehr zur Unzulässigkeit von Bürgerbegehren führen. Bei Bürgerentscheiden wollen SPD und Grüne das derzeit bei 20 Prozent der Stimmberechtigten liegende Zustimmungsquorum nach Gemeindegröße staffeln.
In Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern soll dann für die Gültigkeit der Abstimmung neben der Mehrheit der Abstimmenden die Zustimmung von zehn Prozent der Stimmberechtigten zum Bürgerbegehren ausreichen.
Für Städte mit bis zu 50.000 Einwohnern bleibt das Quorum hingegen auf jetziger Höhe.
„Damit werden drei für Bürgerbegehren unnötige Hürden gesenkt oder gleich ganz beseitigt“, freut sich Mehr Demokratie-Geschäftsführer Slonka.
„Nach der immer noch andauernden Diskussion über Konsequenzen aus den Protesten gegen Stuttgart 21 hatten wir aber gehofft, dass die Landesregierung auch und gerade Bürgerentscheide über solche Großprojekte ermöglicht“, so Slonka weiter.
Nach dem Willen von SPD und Grünen sollen Abstimmungen hierüber aber weiterhin nicht möglich sein. NRW-Landespolitiker wie Wirtschaftsminister Harry K. Voigtsberger (SPD) und der ehemalige FDP-Landesvorsitzende Andreas Pinkwart hatten sich erst vor kurzem für Bürgerentscheide etwa über die CO- Pipeline oder neue Kohlekraftwerke ausgesprochen.
Weiter voran geschritten sind bereits die Bemühungen um eine Reform des Wahlrechts. Ein rot-grüner Gesetzentwurf zur Wiedereinführung der Stichwahl bei Bürgermeisterwahlen befindet sich ebenso in der parlamentarischen Beratung wie eine Initiative der Linken zur Ermöglichung der Bürgermeisterabwahl per Bürgerbegehren.
Derzeit kann ein Abwahlverfahren nur von einer Zweidrittel-Mehrheit im Rat eingeleitet werden.
SPD und Grüne wollen für ein Abwahl-Bürgerbegehren aber die Unterschriften von einem Drittel der Wahlberechtigten verlangen. „Das wären in Duisburg rund 123.000 Unterschriften, eine solche Hürde ist nicht zu nehmen“, kritisierte Slonka.
Selbst an der letzten Kommunalwahl hätten sich in Duisburg ingesamt nur 168.140 Wähler beteiligt. Für ein Abwahl-Begehren müssten also drei Viertel der kommunalpolitisch interessierten Duisburger mobilisiert werden. Mehr Demokratie schlägt wie die Linke eine Unterschriftenhürde vor, die dem Quorum für Bürgerbegehren zu Sachfragen entspricht.
„Sehr bedauerlich“ findet Slonka, dass die Landesregierung die Wählermacht bei Kommunalwahlen nicht stärken will. „Es spricht vieles dafür und nichts dagegen, dass die Bürger mehr mitentscheiden, wer sie im Rat vertritt.“
Mehr Demokratie will dabei das in 13 Bundesländern bereits praktizierte Kumulieren und Panaschieren auch in NRW eingeführt sehen. Mit Hilfe dieses Wahlsystems können die Wähler durch das Auswählen von Mandatsbewerbern aus den Kandidatenlisten die Listenreihenfolge noch einmal ändern.
Gewählt sind also nicht automatisch die Politiker auf den obersten Listenplätzen, sondern die Kandidaten mit dem meisten Kreuzen hinter ihren Namen. Den Wählern wird die Möglichkeit geboten, die aus ihrer Sicht geeignetsten Kandidaten aus allen Parteien zu wählen.
In einem von Mehr Demokratie Anfang März veröffentlichten Wahlrechts-Ranking der Bundesländer hatte NRW mit der Note „mangelhaft“ nur Platz 14 belegt.