Heinrich Heines 13-jähriges Exil [mit Video]

D. Pardon [ - Uhr]

13„Beruhigt Euch, ich liebe das Vaterland eben so sehr, wie Ihr. Wegen dieser Liebe habe ich dreizehn Lebensjahre im Exile verlebt, und wegen eben dieser Liebe kehre ich wieder zurück ins Exil, vielleicht für immer, jedenfalls ohne zu flennen oder eine schiefmäulige Duldergrimasse zu schneiden…“

Heinrich_HeineHeinrich Heine, geboren am 13. Dezember (vermutlich) in der heutigen NRW Landeshauptstadt, Düsseldorf, schrieb sein „Wintermärchen“ in Frankreich, im 13. Jahr seines Exils.

Die deutschen Zensoren sahen das Werk „Deutschland – Ein Wintermärchen“ mit heftigem Mißvergnügen und verboten es wegen seines revolutionären Geistes, der Gehässigkeit und Unverschämtheit gegen die preussische Obrigkeit, bescheinigten gemeingefährliche Schandreden…

Wie hätte Heinrich Heine doch die Freiheit des Internets geliebt, das Worte und Gedanken jedermann zugänglich macht, ohne Zensur, einzig der Kritik einer breiten Leserschaft ausgesetzt, mit Diskussionen, Anregungen und Aufregungen.

Heinrich Heine sah sich als Patriot. Aber nicht als blinder Patriot. Ihm war die Aufregung, die sein „Wintermärchen“ erzeugen würde, bewußt, sah „naserümpfende, bürgerliche Kritiker“.

„Was ich aber mit noch größerem Leidwesen voraussehe, das ist das Zeter jener Pharisäer der Nationalität, die jetzt mit den Antipathien der Regierungen Hand in Hand gehen, auch die volle Liebe und Hochachtung der Zensur genießen und in der Tagespresse den Ton angeben können, wo es gilt jene Gegner zu befehden, die auch zugleich die Gegner ihrer allerhöchsten Herrschaften sind.“

Heinrich Heine hätten die Möglichkeiten des Internets fasziniert.

„Den entschiedensten Widerspruch werde ich zu achten wissen, wenn er aus einer Überzeugung hervorgeht. Selbst der rohesten Feindseligkeit will ich alsdann geduldig verzeihen; ich will sogar der Dummheit Rede stehen, wenn sie nur ehrlich gemeint ist.“

Hätte Heinrich Heine gechattet, sich in Foren getummelt, diskutiert im WorldWideWeb? Welche Gedankenfülle, Freiheit und Inspiration für einen, der sein Land liebte und gerade deshalb auch manches und manchen demaskierte.

„Meine ganze schweigende Verachtung widme ich hingegen dem gesinnungslosen Wichtigtuer, der aus leidiger Scheelsucht oder unsauberer Privatgiftigkeit meinen guten Leumund in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen sucht, und dabei die Maske des Patriotismus, wo nicht gar die der Religion und der Moral, benutzt.“

Die Wichtigtuer sterben nie aus. Die, die mit „das ist gut für Deutschland, gut für die Stadt“ geäußertem Unbehagen begegnen, notfalls Katholizismus bemühen und als Huren Moral predigen.

Was hätte Heinrich Heine wohl zu manchem Vertreter der frei käuflichen Presse gesagt?

„Der anarchische Zustand der deutschen politischen und literarischen Zeitungsblätterwelt ward in solcher Beziehung zuweilen mit einem Talente ausgebeutet, das ich schier bewundern mußte. Wahrhaftig, Schufterle ist nicht tot, er lebt noch immer und steht seit Jahren an der Spitze einer wohlorganisierten Bande von literarischen Strauchdieben, die in den böhmischen Wäldern unserer Tagespresse ihr Wesen treiben, hinter jedem Busch, hinter jedem Blatt versteckt liegen und dem leisen Pfiff ihres würdigen Hauptmanns gehorchen.“

Heinrich Heine hätte vielleicht selbst eine Bürgerzeitung gegründet.

Sämtliche Zitate sind aus Heinrich Heines Vorwort zum „Wintermärchen“, geschrieben in Hamburg, 17. September 1844.

Nachzulesen in „Möglichst Heine“ – Ein Lesebuch von Otto A. Böhmer (Seite 200 bis 202)

Kaum ein deutscher Dichters wurde so häufig übersetzt und vertont wie Heinrich Heine.

Auch vier Mönchengladbacher Musiker, darunter BZMG-Autor Dr. Georg Arnold,  haben sich an die Vertonung von Ausschnitten aus Heines „Deutschland. Ein Wintermärchen“ gewagt und ein Video dazu erstellt, das mit zeitgenössischen Bildern ein Stück deutscher Geschichte erzählt. Ergänzt werden Musik und Bilder durch die französische Übersetzung des Textes.

Obwohl es sich bei diesem Projekt nicht um ein kommerzielles Produkt handelt, ist es professionell und ausgesprochen sehens- und hörenswert.

Nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit. Es wird Sie erstaunen, wie aktuell dieses Werk heute noch ist, in dem Heine gleichsam kritisch wie liebevoll einen Blick auf seine Heimat wirft.

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