Strauss-Abende in Wickrath und Mönchengladbach: „Vier letzte Lieder“ und „Eine Alpensinfonie“
Red. Theater [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Die letzte Tondichtung von Richard Strauss entstand fast 10 Jahre nach der Vorgängerin, der sehr viel weniger gespielten Sinfonia domestica.
Wie in der Tondichtung Tod und Verklärung gibt es hier Analogien zu Liszts Tondichtung „Bergsinfonie“. Hier wird jedoch wirklich eine Bergwanderung in Tönen beschrieben. Kein Bezug zum Tod! Der Bergsteiger sieht sich nach nächtlichem Abwandern beim Sonnenaufgang in der glitzernden Pracht der Schnee – und Eisgipfel und ist hiervon überwältigt.
Dankbarkeit und Glücksgefühl sind in der Musik deutlich zu hören. Auch Nachdenklichkeit entsteht (Elegie). Rückkehr durch die Nacht dann in den Morgen.
Formal ist hier deutlich der Typus der Sinfonie zu erkennen. Aufstieg und Abstieg = Exposition und Reprise, Ersteigung =Durchführung, mündet in das Andante, den langsamen Satz einer Sinfonie (Auf dem Gipfel=Vision)
Deutlich zeigt sich in der Alpensinfonie Strauss´s Kenntnis des Wagnerschen Werks. Vom ES-Dur des Rheingold Anfangs bis zum verklärenden Rückkehrschluß der Götterdämmerung.
Vier Letzte Lieder: Ein Abschied im Schmerz? Gewiß nicht!
Im Hesse- Gedicht „Frühling“ ist nur eine Hymne an das Erwachen der Natur zu hören, wie in „September“ das Vergehen zur Auferstehung, das Schließen der Augen beschrieben wird.
„Schlafengehn“ Hier wird von der Müdigkeit des Tages, dem Hinwenden zum Schlummer, in der Gewißheit, im Zauberkreis der Nacht tief und tausendfach zu leben , gesungen.
Beim letzten Lied, “Im Abendrot“, griff Strauss auf einen Eichendorff–Text zurück. Auch hier haben Dichter und Komponist vom gemeinsamen Gang durch das Leben, den Duft des Abends, den Gesang der Lerchen zu hören, den Frieden im Abendrot gesungen, die Frage gestellt, sollte so etwa der Tod sein?
Zu den Aufführungen: Kaiser-Friedrich-Halle, Kunstwerk
Vier letzte Lieder
Dara Hobbs verfügt (zurzeit noch?) über einen wunderbaren Spintosopran, der starke Anklänge an die großen Sängerinnen dieser Lieder hören läßt. Auch die wunderbare Ingrid Bjoner und die große Christel Goltz sangen ähnlich groß aus. In späteren Jahren wurden auch sie zu großen Darstellerinnen der Brünnhilde, der Salome, der Elektra.
Hoffentlich läßt Dara Hobbs sich nicht durch schlechte Ratgeber und das schnelle Geld jetzt schon zu diesen Partien verführen. Es wäre schade um diese hochbegabte Sängerin, die bei kluger Planung eine große Karriere machen könnte.
Bei Strauss sang sie intensiv, wortdeutlich (Was bei den meisten Sopranistinnen ja nicht der Fall ist), ohne jede Vokalverfärbung . Ein jedes Wort war zu verstehen. Ein großes Lob hierfür!
Der rein gesangliche Teil in der Friedrich-Halle riß mich zu Entzückungsanfällen hin, wunderbare Bögen, totale Verblendung der Register. Aber die frühere „Glocke“ fehlte. Hierzu bitte der erste Abschnitt dieses Teils.
Nach dem berechtigten Jubel in beiden Häusern gab es eine Zugabe, die Zueignung von Strauss. Hier ging es recht flott zu, bei diesem Tempo litt die Wortdeutlichkeit wie auch die Tonproduktion. Warum wurde, wie doch von Strauss legimitiert, der Höhepunkt, das „Heilig“ nicht auf der Eins gebracht und in einem Stentando gehalten? Der Effekt wäre groß gewesen.
Leider wurde das Orchester in vielen Teilen nicht genug zurückgenommen.
Erwähnenswert das wunderbare Violinsolo des Konzertmeisters, der die Stimmung des Liedes genau traf.
Eine Alpensinfonie
Kaiser-Friedrich-Halle: Über diese Aufführung möchte ich mich nicht ausführlicher äußern.
Auf dem Rasiersitz (Erste verfügbare Reihe), hatte ich nach der Aufführung Ohrenschmerzen. Von den Differenzierungen in Dynamik etc, war bis auf wenige Momente nichts zu hören. Auffallend gut war das Spiel der Holzbläser, die Flöten spielten übrigens im letzten der Vier letzten Lieder bezaubernd schön!
Kunstwerk, Wickrath: In dieser alten Fabrikhalle klang nun alles ganz anders.
Fangen wir bei den Streichern an. Sie klangen so süß, wie wir es aus dem Stadthallensaal gewöhnt sind, Holz und vor allem das Blech waren hier sehr viel differenzierter zu vernehmen. Piano war hier als piano und forte als forte zu vernehmen.
Was mich aber wirklich störte, daß die doch so wichtigen Übergänge, Rubati, etc., kaum oder nicht stattfanden. Exakt ging alles von ein paar Wacklern abgesehen durch. Was aber ganz fehlte, die bei Strauss so wichtigen, durchaus komponierten Farben. Der Klang wurde hierdurch weitestgehend nivelliert.
Hier sollte man doch, und das schändet keinen ausführenden Musiker, sich Aufführungen großer Musiker vorbereitend anhören.
Eine Frage noch: Wo ist bei Strauss das in Wickrath erklingende Fernorchester erwähnt?
Das Publikum war jedenfalls begeistert.
Herbert Rommerskirchen