Biogas-Anlage: Liefervertrag mit den Landwirten bringt Erhellendes
Red. Politik & Wirtschaft [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Wie war das doch gleich: „Den Landwirten liegt schon im eigenen Interesse daran, den Mais per Lkw zur Biogasanlage zu transportieren“. Das war eine der Aussagen, mit der den Wanloern suggeriert werden sollte, dass nur ganz wenige Transporte über örtliche oder ortsnahe Straßen und Wege fahren würden.
Wie wenig korrekt diese Aussagen am 14.01.2010 und 10.04.2010 im Zusammenhang mit der Vorstellung des „Verkehrskonzeptes“ waren, beweist der Liefervertrag, den die NVV AG im Zuge der Gründung der Biogas Mönchengladbach Süd GmbH & Co. KG am 27.01.2010 mit den Landwirten abschloss.
Im Liefervertrag, den die Landwirte der NVV AG im Zusammenhang mit der Gründung der Gesellschaft „anboten“, heißt es in Absatz 1 des § 5 Ernte:
„Der Betreiber (Anm. d. Red.: der Biogas-Anlage) erntet das Substrat durch einen Lohnunternehmer auf eigene Kosten und transportiert es zur Biogasanlage. …“
Im Klartext: Kein Landwirt hat etwas mit dem Transport zu tun; noch nicht einmal mit der Ernte.
Die Landwirte stellen lediglich ihre Felder für den Maisanbau zur Verfügung, bringen die Saat aus und sorgen dafür, dass der Mais optimalen Ertrag bringt und für die Verwendung in der Biogasanlage eignet.
Gelingt das nicht, kann die Biogas-Gesellschaft die Annahme verweigern, oder aber die Vergütung um mindestens 3% kürzen.
Lediglich zur Abholung der Gärreste hat sich der Landwirt verpflichtet; ob der das selbst tut oder sich eines Transportunternehmers bedient, ist seine Angelegenheit. Auch die Kosten für den Transport und das Ausbringen der Gärreste auf seinen Feldern trägt der Landwirt.
Zurück zum Mais-Transport:
Darüber, warum die NVV den Eindruck erwecken wollte, dass die Landwirte für den Transport zuständig seien, kann nur spekuliert werden. Bereits zum Zeitpunkt der ersten Bürgerversammlung zur „frühzeitigen Bürgerbeteiligung“ am 14.01.2010 muss das bekannt gewesen sein. Denn im Liefervertrag, der 14 Tage später zum Bestandteil des Gesellschaftervertrages wurde, gab es klare Aussagen dazu.
Hatte hat man darauf gesetzt, dass die Bewohner des „ländlichen“ Wanlos Landwirten, die sich in den beiden Bürgerversammlungen zu Wort melden würden, eher glauben würden, als den Podiumsteilnehmern der NVV bzw. den von ihnen beauftragten „Sachverständigen“?
Dies hatte nicht funktioniert. Man schätzte den Sachverstand der Wanloer Bürger und deren Erfahrungen mit landwirtschaftlichem Verkehr falsch ein; das wurde schon in der ersten Bürgerversammlung sehr deutlich.
Auch hatte man wohl unterschätzt, welche Reaktionen die erste und die zweite Variante der Ergebnisse der „Verkehrsuntersuchung“ bei den Wanloer Bürgern hervorrufen würden; die meisten fühlten sich nicht nur unverstanden, sondern auch provoziert.
Warum die NVV-Protagonisten so gehandelt haben, wird wohl weiterhin im Dunkeln bleiben, hat aber im Ergebnis das Misstrauen gegenüber Aussagen der NVV eher vergrößert.
Dass man sich hinsichtlich der Transportproblematik nicht selbst geäußert hat, sondern sich der Kreisbauernschaft bediente, um „argumentieren zu lassen“, ist ebenso unverständlich wie die Tatsache, dass die Kreisbauernschaft – als Vertreter der Landwirte – genau das tat.
Sollte nun versucht werden, aus der Kommanditistenfunktion der Landwirte an der Biogas-Gesellschaft deren Interesse an Transporten per Lkw abzuleiten, wäre dies ein äußerst schwaches „Argument“.
Weiter im (Vertrags)Text:
Den Landwirten suggeriert man Sicherheit für 20 Jahre. Das ist im Zusammenhang mit dem NawaRo-Bonus zu sehen, der für 20 Jahre zugesagt ist.
Was letztendlich nicht viel bedeuten muss, hält sich der Anlagenbetreiber doch die Option offen, andere Substrate zum Einsatz zu bringen, wenn Gründe dafür vorliegen.
Selbstverständlich besteht darüber hinaus die Möglichkeit, die Verträge mit den Landwirten zu kündigen, sollte die Anlage, aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können.
Beispielhaft werden dabei als Grund „Änderungen gesetzlicher Regelungen“ genannt.
Im Klartext kann das heißen, dass durchaus eine Situation eintreten kann, die bewirkt, dass sich die Verarbeitung von Mais „nicht mehr rechnet“ oder, was nicht unbedingt von der Hand zu weisen ist, dass der Maisanbau nicht mehr erwünscht ist.
Die Biogas-Gesellschaft wird sich dann nach anderen Substraten umsehen müssen.
Ein interessanter Aspekt, wenn man das Ganze in die Zukunft projiziert, wird dann sein, welche Stoffe über NawaRos (Nachwachsende Rohstoffe) hinaus in der Biogas-Anlage verwertet werden könnten.
Biogasanlagen ermöglichen die Verarbeitung vieler Stoffe. Welche das auch immer sein mögen!
Beim Lesen des Vertrages bleibt eine wichtige Frage offen: Warum wurde und wird der Eindruck erweckt, dass die Landwirte für den Transport zuständig sind?
Die NVV hätte sich mit Sicherheit viel Ärger ersparen können. Vielleicht wäre es ihr sogar gelungen, die Wanloer zu überzeugen? Diese Chance wurde eindeutig vertan.
Wanlo wollte die Anlage nie. Der Widerwille wuchs proportional zur Unzufriedenheit mit der wenig professionellen Präsentation und darüber hinaus noch den unausgegorenen Plänen, die wieder und wieder diskutiert und vorgestellt wurden.
Jeder Verkäufer weiß eines sehr genau: Je häufiger ein Kunde mit Aussagen konfrontiert wird, die er mit einem „Nein“ beantwortet, umso unwahrscheinlicher wird ein positives Ende des Verkaufsgespräches. Das Klima entwickelt sich negativ. Ein positiver Abschluss wird immer unwahrscheinlicher.
Genau das hat die NVV erreicht. Es ist ihr nie gelungen, die Wanloer „zu erreichen“. Nur auf diesem Weg hätte vielleicht die Möglichkeit zu einem Konsens bestanden.
Diese Chance wurde verspielt, Vertrauen konnte nie hergestellt werden. Nur eines wurde immer mehr verfestigt: Ablehnung, Ärger, Unmut und Misstrauen …
… was sich im Übrigen auch auf manche Politiker übertragen hat, die unbeirrt die Biogasanlage befürworten.
4.
Gandalf schrieb am 15.08.2010 um 15:17 Uhr:
Also ehrlich, was soll das denn? Wozu wurde bzw. wird diese Show denn abgezogen? Das wäre wirklich höchst interessant zu erfahren.
Warum hat die NVV nicht von Anfang an erklärt: Leute, egal was kommt, wir können über alles in punkto Verkehr miteinander verhandeln. Wir finden optimale Lösungen, die wir verbindlich zusagen können, weil nur wir allein für den Transport zuständig sind. Die Landwirte haben damit nichts zu tun.
Das hätte mit absoluter Sicherheit zu weniger Ärger und Aufruhr geführt. Und noch etwas wurde übersehen: ist der Ärger erst mal groß genug, kommt alles auf den Prüfstand.
Irgendwann sind alle derart sauer, dass man sie nicht mehr erreicht. Ist es zu verdenken?
Die Behandlung der Bürger (nicht nur) durch den Verkehrsgutachter Springsfeld war bei beiden Veranstaltungen so mies wie das jeweils vorgestellte Verkehrskonzept.
Für die Wanloer ist nur eines ganz klar und sicher: Die Biogasanlage ist unerwünscht.
Es sind genügend Belastungen, die bereits massive Beeinträchtigungen verursachen. Sei es Autobahnlärm oder Feinstaubbelastung, Wanlo ist bei diesen Werten „Spitze“ (lt. Lanuv: Landesamt für Natur; Umwelt und Verbraucherschutz). Im negativen Sinn, versteht sich.
Das sind nur zwei von mehreren Belastungen.
Die Immobilienpreise auf Talfahrt. Da hat man auf eine Biogasanlage gerade noch gewartet.
Wenn man dann noch liest, dass die Bevölkerung, warum auch immer, beim Verkehr, wie hier beschrieben, getäuscht wurde – mal ehrlich, wer würde der NVV, Politik oder Verwaltung noch etwas glauben?
Und immer die Frage: Warum? Was steht dahinter? Was kommt noch? Was haben „die“ noch vor?
Sehr dumm gelaufen.
3.
Pincopallino schrieb am 13.08.2010 um 12:45 Uhr:
Auch – aber nicht nur – im Hinblick auf die m. M. nach sehr fundiert recherchierte Ausarbeitung der „aktion Durchblick“ und der darin gesammelten Fakten, bin ich mittlerweile davon überzeugt, dass dieses Projekt nur ein einziges Ziel verfolgt und allein auf Profit und Rendite ausgerichtet ist.
Dies wäre unter Umständen legitim, würden nicht andere Motive zustimmungsheischend vorgeschoben (nicht zuletzt das Grüne Mäntelchen, das man meint, sich damit umhängen zu können) und die Menschen mit fadenscheinigen Argumenten für dumm verkauft.
Es mag eine ideologische Frage sein, ob man zulassen will, dass Biogasanlagen aus ihrer ursprünglichen, gewiss sinnvollen Bestimmung herausgenommen und in dann umweltschädigender Weise (Maisanbau – ethisch fragwürdig) für die pekuniären und vermeintlichen Image-Ziele eines Energieversorgungsunternehmens und karrieresüchtiger Politiker – man kann es so sagen – missbraucht werden.
Ich würde mir wünschen, dass endlich wieder so etwas wie gesunder Menschenverstand über den rein wirtschaftlichen und gleichzeitig oftmals lebensfeindlichen Interessen stünde.
2.
kritiker13 schrieb am 13.08.2010 um 12:02 Uhr:
und schon wieder ungereimtheiten!
wenn man dann noch bei der veranstaltung der bürgerinitiative war, die „sicherheitsstandadrards“ der anlagen kennt, die störfälle von Biogasanlagen der letzten jahre betrachtet usw. welcher politiker kann dann so blauäugig sein Biogasanlagen in stadtnähe zu befürworten?
ich jedenfalls, habe mir gestern die finger wund geschrieben um einwände aufs papier zu bringen, um damit die offenlegung zu kommentieren.
ein witz, dass dafür mitarbeiter der stadtverwaltung freigestellt werden, überstunden machen müssen, um die selbstverwirklichung einiger politiker zu ermöglichen.
ich hoffe, dass es der bürgerinitiative gelingt, diesen unsinn zu kippen und die verantwortlichen politiker zu blamieren.
in diesem sinne weiter so
1.
herbert schrieb am 13.08.2010 um 09:11 Uhr:
die biogasgesellschaft kann die verträge also dann kündigen, wenn die anlage nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden kann.
wenn das der fall wäre, würde doch im „worst case“ die gesellschaft nicht mehr existieren können und auch die sicherlich notwendigen kredite beispielsweise für die 10,5-millionen-investitionen nicht mehr bedienen.
das würde insolvenz bedeuten.
bedeutet „insolvenz“ nicht, dass dann auch die gesellschafter „in die pflicht“ genommen werden?
oder schützt die gesellschaftsform „gmbH & co kg“ die gesellschafter vor haftung (schließlich ist es ja eine „gesellschaft mit beschränkter haftung“)
wo liegen also die risiken für die landwirte und die nvv ag und in der folge für die stadt mönchengladbach und damit für die bürger?
hat das mal jemand von den politikern nachgefragt?
oder anders gefragt, wer kennt eigentlich die wirtschaftlichen risiken dieser biogasanlage?
denn irgendwann wollen die banken ihr geld zurück haben.
muss da die stadt einspringen?
oder schreiben die banken die verluste aus der „biogasanlage wanlo“ ab und die kunden zahlen für dieses abenteuer?
und was ist dann mit den fördermitteln?
schreiben die fördermittelgeber die zuschüsse auch so einfach ab und alle bürger zahlen; auch die die nicht in mönchengladbach wohnen?
vielleicht erklärt ja mal ein (politischer) finanzjongleur/in den dummen bürgern, was da abgehen könnte, wenn …
besser noch wäre natürlich, wenn er/sie die risikobetrachtung im businessplan „transparent“ machte.
vielleicht kann bzmg ein bisschen transparenz da rein bringen 🙂