Kommunale Bildungsmangelwirtschaft
Red. Schule, Studium & Arbeitswelt [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Die Handwerker ziehen wieder über die Sommerferien in die Schulgebäude ein, modernisieren und reparieren. Stadt und Schulen sind jedoch immer mehr auf die Unterstützung von Eltern und auch Schülern angewiesen, denn: ohne Moos ist nicht viel los.
So kommen auch immer mehr Schulen auf die Idee, ihre Schüler beim Sponsorenlauf nicht nur für fremde, wohltätige Zwecke, sondern auch für die eigene Schule laufen zu lassen. Die Schulen verbessern damit ihre Ausstattungen.
Bildungsmangelwirtschaft made in Germany.
Eltern legen selbst Hand an, machen „Deals“ mit der Verwaltung für „Verschönerungsarbeiten“. Obwohl: darf man von „Verschönerung“ sprechen, wenn Klassenräume und Heizkörper mal nach Jahrzehnten der intensiven Nutzung gestrichen werden? Wenn Schultoiletten in einen benutzbaren Zustand versetzt werden?
Aktuelles Beispiel Gemeinschaftsgrundschule Hockstein. Dazu meldet das städtische Presseamt, dass die Kinder nach den Sommerferien im wahrsten Sinne des Wortes aufatmen können.
Die in die Jahre gekommene über 25 Jahre alte Schultoilette, die in der Vergangenheit immer wieder zu Geruchsbelästigungen führte, wird von Grund auf saniert.
Möglich wurde die dringend erforderliche Sanierung durch die finanzielle Unterstützung zahlreicher Eltern, die zudem in der WC-Anlage selbst tatkräftig Hand anlegen und den Handwerkern unter die Arme greifen.
Rund 30.000 Euro kostet die Sanierung, an der sich die Eltern mit einer Spende in Höhe von 8.400 Euro beteiligen. Das Geld stammt aus einer Spendenwanderung der Kinder im Frühjahr. Bei strömendem Regen legten die Kleinen rekordverdächtige 2.787 Kilometer zurück und erzielten dadurch den stattlichen Geldbetrag.
Das Geld dient der Anschaffung neuer Trennwände, Fliesen und Material für die Sanierung.
Die hervorragende Zusammenarbeit von Schule, Eltern und Kindern sowie Stadt würde auch durch die Arbeitsleistung der Eltern in der Unterstützung der Handwerker dokumentiert.
Zahlreiche Eltern sind nun in der Schule tätig, um die alten Fliesen zu entfernen, die Wände neu zu verkleiden und anschließend die neuen Fliesen zu verlegen. Der Anstrich der neuen Anlage – ebenfalls aus Elternhand – macht die Sanierung komplett.
Die Stadt hat ihrerseits zuvor die asbesthaltigen Trennwände und die alten Urinale entfernen lassen und neue Rohre verlegt.
Alles Prima … oder auch Bildungsmangelwirtschaft made in Germany.
Übrigens stehen auch Sanierungen von Toilettenanlagen an weiteren drei Gemeinschaftsgrundschulen in Holt (35.500 Euro/ Ausführung im Herbst), Bell (70.000 Euro), und in der Von Groote Straße (80.000 Euro) an.
Nach welchem Bewilligungssystem laufen eigentlich die Sanierungen von Toiletten?
Erhalten Schulen, an denen sich Eltern engagieren, die sich an den Kosten beteiligen, eher den Renovierungszuschlag?
Traurig, wenn Kinder sich weigern die Toilette in der Schule aufzusuchen, weil diese ein Ort des Schreckens ist, lieber Bauchschmerzen und Blasenkrankheiten in Kauf nehmen.
Hier gehört Abhilfe an jeder Schule hin. Immer mehr Schulen bezahlen Toilettenpersonal, das das pflegliche Verhalten der SchülerInnen überwacht. Mit Erfolg. Doch soll man solche Initiativen den Schulen und Eltern in Eigenregie überlassen?
Soll man Schülern solcher Schulen mit Toilettenpersonal extra Toilettengeld mitgeben? Und die, die dafür kein Geld von Haus aus mitbekommen, wo bleiben die?
Ganz klar: hier sind auch Politiker gefragt. Diese übersehen lieber geflissentlich das Problem, zucken nur hilflos die Schultern, sehen erst gar nicht in Schmutz-Toiletten der Schüler bei Schulbesuchen rein.
Fast schon paradox, wenn zu Schweinegrippen-Hysterie-Zeiten berichtet wird, dass nun Schultoiletten endlich ganz normal mit Seife und Papier ausgestattet wurden, Hausmeister gar über Versorgungsengpässe klagten. Ist Seife und Abtrockmöglichkeit nicht eigentlich ganz normaler Hygiene-Standard auf jeder Toilette?
Bildungsmangelwirtschaft made in Germany – stinkt ganz gewaltig.
In vielen Kindergärten sieht es übrigens auch nicht viel besser aus: „Wer spendet Papier? Wer Frühstücksobst?“ dürfen da viele Eltern und Großeltern auf Informationstafeln lesen.
Daneben wird auch hier fleissig auf Sommerfesten „gehamstert“, sorgen engagierte Erzieher/Innen und Eltern für Sponsoren und Spenden, um die Ausstattung der Kindergärten zu verbessern.
Schweigen wir an dieser Stelle von Klagen über „unflexible Flex-Zeiten“. In vielen deutschen Kindergärten ist die Arbeitsatmosphäre nicht besser als in Altenheimen.
Nur beklagen sich die kleinen Kunden nicht, blicken Eltern weniger in den Tagesablauf: meist beschränken sich die Einblicke auf „Bringen“ und „Abholen“ – was dazwischen läuft, wissen nur ErzieherInnen und kleine Kinder. Auch hier würden sich manche Einblicke von außenstehenden Unternehmensberatern vermutlich lohnen.
Bildungsmangelwirtschaft made in Germany.
In zahlreichen Schulen ziehen nun die Handwerker ein, um dringend erforderliche Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen auszuführen. Rund 1,5 Millionen Euro umfasst das Gesamtpaket aller Baumaßnahmen, die überwiegend bis zum Beginn des nächsten Schuljahres abgeschlossen sein werden.
Hört sich viel an, ist aber angesichts der vielen zu unterhaltenden Schulgebäude und Turnhallen viel zu wenig.
Investitionsstau als sichtbares Zeichen einer Bildungsmangelwirtschaft made in Germany.
365.000 € sind dabei eigentlich keine Instandhaltungskosten, sondern dürfen eher als Umbaukosten gewertet werden: diese Kosten verursacht der Umbau der Grundschule Bäumchesweg, die für einen Teilbetrieb der Gesamtschule Espenstraße, die zukünftig sechszügig gefahren wird, umgerüstet werden muss.
Fehlen diese 365.000 € nun an anderen Schulen? Vermutlich. Denn zusätzlich dürften wohl keine Mittel aufgewendet werden.
340.000 Euro investiert die Stadt in die Teilsanierung der Westfassade des Berufskollegs Volksgarten.
Für die pädagogische Übermittagsbetreuung im Rahmen des Ganztagsbetriebs werden die Realschule an der Karl Fegers Straße (58.500 Euro), das Gymnasium am Geroweiher (128.500 Euro) und das Gymnasium an der Gartenstraße (118.300 Euro) umgerüstet.
Die gemeldeten „kleineren Maßnahmen“ scheinen endlich mal „echte Sanierungen zwecks Bestandserhalts der Schulgebäude“ zu sein.
Die Kelleraußenwand an der Grundschule Volksgarten wird für rund 10.000 Euro saniert.
Etwa 60.000 Euro kostet die Kaminsanierung am Math. Nat.-Gymnasium, und für 70.000 Euro soll das Flachdach an der Hauptschule Aachener Straße erneuert werden.
Ebenso stehen hier Sanierungsarbeiten der Naturwissenschaftsräume in Höhe von 95.000 Euro an.
Brandschutzmaßnahmen werden in den Gemeinschaftsgrundschulen Waisenhausstraße und Burgbongert sowie im Gymnasium Odenkirchen in den Sommerferien an.
Zum Jubeln besteht kein Anlass!
Denn offen bleibt, wie hoch der tatsächliche Sanierungsstau in unseren Schulen?