„iPod-Methode“ gegen Zeitfresser

Glossi [ - Uhr]

glossi-guckt-gerade-frage„Auf der Grundlage Ihres Vortrages, mit dem Sie die Sachverhalte deutlich beschrieben haben, möchte ich Ihnen auch im Namen meiner Fraktion für Ihre Ausführungen danken und Sie fragen, ob Sie beabsichtigen, die Kosten für die von Ihnen vorgeschlagene Maßnahme unmittelbar durch Gebührenerhöhung oder durch öffentliche Zuschüsse und Eigenmitteln dergestalt zu finanzieren, dass Sie dann dem Rat eine Gebührenerhöhung vorschlagen, die möglicherweise schon ab dem nächsten Jahr wirksam werden könnten.“

Puhh!

Versucht mal, diesen Satz  einmal einem unvorbereitetem Gegenüber laut vorzulesen.

Und dann laßt euch von ihm erklären, was der „sprechende“ Politiker wohl damit gemeint haben könnte.

„Quatsch“, werdet Ihr sagen, „so spricht doch keiner“.

Falsch!

Jawohl. So sprechen nicht wenige. Besonders die sich sehr wichtig fühlenden „Volksvertreter“ in Ausschüssen und Bezirksvertretungen.

Jetzt wird auch klar, warum sich viele Bürger nicht mehr in die Sitzungen von Ausschüssen und Bezirksvertretungen wagen. Sie können es einfach nicht mehr ertragen, was so manche wortakrobatischen Fraktionssprecher von sich geben. Sie wollen sich nicht mehr mit inhaltslosem Geschwätz zutexten lassen.

Nicht nur, dass der Zuhörer am Ende solcher Schlangensätze nicht mehr weiß, was der Redner am Anfang gesagt hat; nein, der weiß es auch selbst nicht mehr!

Könnte man ihn doch bitten, seinen Satz noch einmal zu wiederholen! Man würde sich wundern, wie der „Sprecher“ sich wundert.

Dabei wäre alles so einfach, nämlich:

„Danke für Ihren ausführlichen und interessanten Vortrag. Wie wollen Sie die Maßnahme finanzieren?“

Und alles völlig „unfallfrei!“

Übrigens: Wenn jemand sagt, „… möchte ich Sie fragen…“, ist man geneigt, ihm zuzurufen: „Dann tu es doch – verdammt noch mal!“

Der Versammlungsleiter (ob Ausschussvorsitzender oder Bezirksvorsteher) kann einem da oft nur leid tun.

Nicht nur, dass er sich die sprachlichen Ergüsse anhören muss. Nein, er muss auch noch versuchen sie zu verstehen.

Und dann ist er auch noch quasi der einzige, der die übrigen Kollegen im Plenum dabei ständig im Auge haben muss; er sieht, wie einige von ihnen die Augen verdrehen: „der schon wieder“.

Und dann muss er auch noch ernst bleiben und immer die Rednerliste im Auge haben. Ahnend oder befürchtend, dass der nächste vielleicht auch so ein Satz-Ungetüm von sich geben könnte.

Aber, wie kann man solchen „Zeitfressern“ beikommen?

Durch gut gemeinte Ratschläge, sich kurz zu fassen? Kaum, schließlich ist er ja „Sprecher“ und Sprecher sprechen nun mal.

Durch „Wortabschneiden“? Geht auch nicht, weil das als Affront gewertet werden könnte. Wenn der Gesprächsleiter dann auch noch zum Lager des politischen Gegners zählt, würde das als Skandal bezeichnet werden.

Durch „nicht mehr hinhören“? Dann müssten alle, denen das Geschwafel auf den berühmten Wecker geht, rausgehen. Was aber auch wiederum nicht funktioniert, weil dann ruck zuck der ganze Saal leer und der arme Versammlungsleiter mit dem „Sprecher“ alleine wäre.

Also, was tun?

Da hilft wahrscheinlich nur die von mir soeben entwickelte „iPod-Methode“.

Die Schlangensätze aufzeichnen, auf ein iPod oder ein ähnliches Ding überspielen, den „Sprecher“ am Stuhl festbinden, ihm einen Kopfhörer überstülpen und seine Schlangesätze der Reihe nach in einer Endlosschleife abspielen lassen.

Dann wird er nach wenigen Minuten merken, was er seiner Umgebung antut. Vielleicht kommt er dann zur Besinnung (… oder in die Klapse).

Vielleicht fasst er sich dann zukünftig kurz und kommt schnell auf den Punkt.

Dann dauern die Sitzungen auch nicht unnötige zwei Stunden länger als normal.

Und man hätte als Bürger auch wieder Spaß daran, sich auf die Zuschauerstühle zu setzen und dem zu lauschen, was Politiker sagen.

Doch: „Wie sag’ ich’s meinem Kinde?“

Das können an sich nur die eigenen Fraktionskollegen, meine ich.

Aber halt! Vielleicht liest der notorisch „Langatmige“ ja dann doch diese (hoffentlich nicht langatmigen) „Ausführungen“, diszipliniert sich selbst und denkt …

Vielleicht spendiert ihm aber auch seine Partei ja mal den Rhetorikkurs „Wie fasse ich mich kurz?“ und tut so auch etwas für die gesellschaftliche Umwelt.

Möglichweise finanziert er das aber auch aus seinem „Sitzungsgeld“, das für ihn besser als „Sprechgeld“ und für seine (Zwangs-)Zuhörer wohl eher als „Schmerzensgeld“ zu bezeichnen wäre.

Mal sehen.

Das wollte ich nur mal gesagt haben.

Euer Glossi

2 Kommentare zu “„iPod-Methode“ gegen Zeitfresser”
  1. Das wäre es wert, ein Quiz zu veranstalten oder meinethalben eine Umfrage:

    „Wer meinen Sie, könnte der Redner sein?“

    Kandidat A



    Kandidat Z

  2. Wie wahr Glossi!

    Ich habe Tränen gelacht!

    Leider ist es genau so. Ich habe allerdings die Befürchtung, dass gerade diese mit-vielen-Worten-nichts-sagenden Politiker so schmerzfrei sind, dass sie gar nicht wahrnehmen, was sie von sich geben! Im Gegenteil.

    Der/die eine oder andere wird sich vielleicht selbstverliebt und ob seines gewichtigen Redeschwalls (dank Kopfhörer) auf den Ohren entspannt zurück lehnen und sich selbst glücklich lauschen … beeindruckt von der „Wichtigkeit“ seiner Worte …

    Was, ja was, wenn das dabei herauskommt? Könnte durchaus passieren.

    Das hätte ebenfalls fatale Folgen und Auswirkungen auf die Länge so mancher Rede und Sitzung!

    Vielleicht sollte so mancher Mandatsträger zuerst mal einen Kurs besuchen: „Erkenne Dich selbst“. Wenn er/sie dann etwas von seinem/ihrem Egotripp herunter gekommen ist, klappt das vielleicht auch mit dem weniger-ist-mehr-Sprechen.

    Weitere Folge: Der Bürger würde nun auch noch verstehen, was da „geredet“ wird. Ob das immer gewollt ist?

    Die Folgen könnten auch fatal sein. Allerdings für die Redner.

Ihr Kommentar