Müllgebühren: Monopolisierter Service ohne Wettbewerb?
Hauptredaktion [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Es scheint, als würden die Kommunen ihre Gebühren nach Gutdünken festlegen. Diese Entscheidung trifft der jeweilige Stadtrat, in Mönchengladbach die Ratsmehrheit von CDU/FDP.
In der Tat: die Verbraucher haben beim Müll keine Möglichkeit, den Anbieter zu wechseln. Sie sind an ihren lokalen Abfallbetrieb gebunden.
„Die Abfallentsorgung in Mönchengladbach wird über eine Solidargebühr geregelt.“ Dies erklärte Stadt-Pressesprecher Dirk Rütten laut eines Zeitungsartikels vom 20.07.2008
Die Gründe für die starken Preisunterschiede für die Restmüllentsorgung zwischen den Kommunen können nur dadurch erklärt werden, dass es sich um einen monopolisierten Service ohne Wettbewerb handelt.
Selbst Städte, die direkt nebeneinander liegen, haben völlig verschiedene Gebührensätze. In Köln zum Beispiel sind für einen 1.100-Liter-Container, den 70 Personen nutzen können, pro Jahr 2.389 Euro fällig. Auf der anderen Rheinseite, in Leverkusen, kostet dasselbe Angebot 5.139 Euro. Dabei spielt es keine Rolle, wie groß eine Stadt ist, ob sie im Norden liegt oder im Süden, im Osten oder im Westen: Die Preisunterschiede bestehen ohne erkennbare Systematik. Für die Bürger bedeutet dies in vielen Fällen extrem hohe Kosten – was in Zeiten explodierender Energie- und Lebensmittelpreise besonders schmerzhaft ist.
Ob Zusatzleistungen in den Restmüllkosten bereits enthalten sind oder zusätzlich berechnet werden, scheint in den meisten Fällen jedoch keinen Einfluss auf die Gesamtkosten zu haben, die dem Verbraucher letztendlich in Rechnung gestellt werden. Eine klare regionale Struktur der Preisschwankungen beim Restmüll kann ebenfalls nicht festgestellt werden.
Die Stadt Mönchengladbach verteidigt die hohen Gebühren damit, dass der Sperrmüll im Gegenzug umsonst sei. „Außerdem werden alte Weihnachtsbäume im Januar gratis abgeholt“, sagt ein Sprecher. Im Ãœbrigen werde der 1.100-Liter-Container in Mönchengladbach kaum nachgefragt.
Doch reicht das als Erklärung? Der Testsieger Berlin zeigt, dass es auch günstiger geht: „Wir haben unsere Effizienz in den letzten Jahren extrem gesteigert“, sagt eine Sprecherin der Stadtreinigung BSR. „Das fängt bei den Arbeitsabläufen an und hört bei der Müllverbrennung auf.“
Die extremen Preisunterschiede lassen nur einen Schluss zu: Manche Kommunen verlangen für die Müllentsorgung mehr Geld als nötig. Andere Städte beweisen, dass dieselbe Dienstleistung um Tausende Euro günstiger angeboten werden könnte.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kam kürzlich der Bund der Steuerzahler, der die Müllgebühren in Nordrhein-Westfalen untersucht hat. Das Fazit: Die Abfallwirtschaftsbetriebe hätten zahlreiche Möglichkeiten, die Gebührenlast für die Bürger zu senken.
Den Kommunen ist der bundesweite Vergleich deshalb gar nicht recht.
So ergab eine Studie des Bundesverbands der Verbraucherzentralen aus dem Jahr 2005, dass „die unterschiedliche Siedlungsstruktur und die damit zusammenhängenden Transportwege und Logistikkosten“ keinen Einfluss auf die Gebührenhöhe haben.
Die Schlussfolgerung: „Im Rahmen der Kostenrechnung und Gebührenkalkulation besteht ein erheblicher Gestaltungsspielraum.“ Mit anderen Worten: Die Kommunen können ihre Abfallsatzung mehr oder weniger frei bestimmen – und das nutzen sie voll aus.
Verbraucherschützer warnen, dass die Biotonne ökologisch keinen Sinn mache. Die Experten verlangen deshalb eine Zusammenlegung mit der Restmülltonne – so ließe sich viel Geld sparen.
Tatsächlich geht die Entwicklung aber in die andere Richtung: In Zukunft müssen die Verbraucher für ihren Müll eher mehr als weniger zahlen. Vor wenigen Tagen kündigte der Städte- und Gemeindebund einen erheblichen Anstieg der Gebühren an. Als Grund nannte der Verband die starke Zunahme der illegalen Abfallentsorgung: Bisher müssten die Kommunen dafür 800 Millionen Euro im Jahr aufbringen, ab 2010 sei mit einer Milliarde Euro zu rechnen. Die Mehrkosten würden dann auf die Gebührenzahler abgewälzt.
184 Kilogramm Hausmüll hat jeder Mönchengladbacher im vergangenen Jahr erzeugt, hinzu kamen 281,5 Kilogramm Wertstoffe (Glas, Papier, Bio- und Grünabfälle). Entsorgt wird der Müll in der Krefelder Müllverbrennungsanlage. Papiermüll bringt die Abfallentsorgungsgesellschaft GEM zum Recycling zu verschiedenen Papierfabriken in der Region. Mülldeponien unterhält die Stadt Mönchengladbach nicht mehr.
Zum System in Mönchengladbach gehöre auch, so Pressesprecher Dirk Rütten dass die Abfallentsorgung in Mönchengladbach über eine Solidargebühr geregelt werde (siehe oben). Im Preis inbegriffen seien nämlich Abfallsammelstellen, die Biotonne, das Schadstoffmobil, die kostenlose Sperrmüllabholung und die „schnelle Eingreiftruppe“, die sogenannte wilde Müllkippen sofort beseitige.
Bleiben die spannenden Fragen:
- Welche Kosten verursachen die Mönchengladbacher durch ihren eigenen Müll?
- Welche Erträge bringen die Wertstoffe Papier etc.?
- Wie werden diese Erträge eingesetzt?
- Wie hoch sind die Gewinne der GEM?
- Wohin fließen diese Gewinne?
- Welche Einsparmöglichkeiten werden umgehend umgesetzt?
Transparenz ist dringend geboten.