Symptome der Macht – Teil X: Startversuch für einen Neuanfang?

Red. Politik & Wirtschaft [ - Uhr]

bzmg-p10700081[10.10.2009] Normalerweise eröffnet ein Parteivorsitzender einen Parteitag mit freundlichen Worten, begrüßt die Mitglieder, Ehrenmitglieder und Presse und gibt dann das „Heft des Handeln“ an den Versammlungsleiter weiter.

Das hätte Norbert Post sich beim CDU-Kreisparteitag in der Odenkirchener Burggrafenhalle wohl auch gerne getan und sich kürzer gefasst, aber schließlich wurde daraus eine über halbstündige Ansprache.

bzmg-p1070034-2Viele Mitglieder der über 300 CDU-Mitglieder folgten seinen Ausführungen aufmerksam und bedachten sie manchmal auch mit Applaus, andere hatten sie wohl kaum interessiert, obwohl gerade sie an manchen Stellen gemeint waren.

Wie sagte ein namhafter Politiker in einer Auszählungspause dazu: „Das gleitet an denen ab, wie Wasser an Öl“.

So waren Post’s Worte auch eine Mischung aus Vergangenheitsaufarbeitung, kritischer Analyse, Vorwürfen, Versuche eine gewisse Aufbruchstimmung zu erzeugen und Geschlossenheit anzumahnen.

Gerade Letzteres war Post schon auf dem Parteitag im Januar diesen Jahre in der Kaiser-Friedrich-Halle nicht gelungen, als er „jedem eine Schüppe in die Hand“ geben wollte. Einige hatten sie wirklich angenommen, andere hatten sie aber mehr für das „Zementieren“ ihrer eigenen „Fundamente“ eingesetzt.

Auch seine Forderung nach Einlösen das Versprechen „Einer für alle, alle für Einen“, das ihm seine Partei-„Freunde“ im Oktober 2008 anlässlich seiner Nominierung zum OB-Kandidaten gegeben hatten, war im Januar erfolglos geblieben.

Zu viele Eigeninteressen und parteiinterne Querelen banden Ressourcen und machten die Mönchengladbacher CDU zu einer heterogenen Truppe.

Der „plötzlich“ bekanntgewordene Unterschlagungsfall in der Mönchengladbacher CDU-Geschäftsstelle tat sein Übriges.

Und eben mit diesem Fall begann Post seine Ausführungen, nachdem er die Anwesenden begrüßt hatte.

Danach hat sich am Schadensumfang nichts geändert. Eine Mitarbeiterin der Landespartei sei seit August damit beschäftigt, die Buchhaltung der letzten 6 Jahre aufzuarbeiten.

p1070015Von Mai bis September war CDU-Mitglied Heinz-Josef Claßen kommissarischer Geschäftsführer und erhielt für seine ehrenamtliche Arbeit nicht nur den Dank von Norbert Post, sondern auf viel Applaus von den Anwesenden.

Ab sofort soll Jochen Klenner, bislang Büroleiter von Dr. Günter Krings, die Geschäftsführung übernehmen.

Mit Bezug auf die Wahlergebnisse stellte Post fest, dass die Zeiten vorbei seien, dass die CDU in NRW „locker“ Wahlergebnisse über 40% erzielen könne.

Den kleinen Parteien habe die Opposition gegen die Große Koalition in Berlin offensichtlich gut getan und sie würden von der schwächer werdenden Bindungskraft der großen Parteien profitieren. Post meinte, dass bundesweit aufregende Zeiten auf CDU und CSU zukämen.

In Mönchengladbach hätten alle drei Wahlen gezeigt, dass hier mehr als 50% der Wähler „bürgerlich“ gewählt hätten, würden man die Stimmen für CDU, FDP und FWG zusammenzählen.

Unter Berücksichtigung der Wahlergebnisse der GRÜNEN wäre das „Wählerreservoir“ noch größer, weil die Grünen „längst keine linke Protestpartei mehr sind“ (Zitat).

Als ehemaliger Lehrer wusste Post die CDU-Ergebnisse der drei Wahlen mit Schulnoten zu bewerten. So gab er für Europa- und Bundestagswahlen der CDU Mönchengladbach die Noten 3 bis 4, für die Kommunalwahl jedoch eine 5.

Als Gründe nannte Post, „ein bisschen Norbert Bude“, dem es „elegant“ gelungen sei, seine Mitverantwortung an manchem Mönchengladbacher Problem vergessen zu machen.

Entscheidender sei die CDU selbst gewesen. Es seien weniger sachliche Fehlentscheidungen der Grund gewesen, vielmehr seien es die Abläufe in der Fraktion, die sich dringend anders aufstellen müsse. Anhaltender Applaus an dieser Stelle bestätigte Post’s Einschätzung.

Der CDU-Vorsitzende vertrat die Auffassung, dass die Wähler an der Zögerlichkeit und mangelnder Geschlossenheit der CDU Anstoß genommen hätten.

Sie hätten auch Anstoß an destruktiver Informationspolitik und „Ego-Trips“ von Ratsmitgliedern genommen. Dadurch seien „gute Projekte solange ins Feuer gestellt“, bis sie gescheitert seien und der Partei geschadet hätten.

Die hätte die SPD aufgegriffen und es geschafft, eine Gegnerschaft auch unter CDU-Anhängern aufzubauen.

Am schlimmsten jedoch seien, so meine Post, öffentliche Streitereien und die mangelnde Solidarität, worin der Wähler den Nachweis der Handlungsunfähigkeit gesehen habe.

Post forderte: „Wenn die Fraktion einmal entschieden hat, dann muss die Entscheidung stehen“. Entscheidungen über Stadtbezirke, Bebauungspläne und Personalentscheidungen seine keine „Gewissenangelegenheiten“.

Denen, die in der CDU Veränderungen wollten sagte Post, dass es solche natürlich bei den Abläufen und Strukturen und auch bei Personen geben müsse. Das solle aber fair ablaufen; es gebe aber auch kein „Geburtsrecht“ auf Ämter und Positionen. Auch an dieser Stelle erntete Post Applaus.

Das sei der zweite Schritt, den man erst gar nicht beginnen solle, wenn der 1. Schritt „Wille zur Einigkeit in Partei und Fraktion“ nicht gegangen werde.

Nach der dann folgenden Analyse der Kommunalwahlergebnisse hatte man den Eindruck, dass Post schon jetzt die zukünftige Rolle der CDU in der Opposition sieht.

Er meinte aber, wenn sich die neue Fraktion gut aufstelle und überzeugend arbeite, vor allem aber wenn sie einig sei, würde sie auch ohne Koalition einen erheblichen Einfluss im Rat haben.

Wenn die neue Fraktion schnell und überzeugend handelt, dann würden die Schäden am „CDU-Schiff“ schnell zu reparieren sein.

Post forderte „alle Gruppen“ in der CDU auf: „Stellen Sie ihre persönlichen Interessen hinten an und setzen die gemeinsam beschlossenen Parteiziele nach vorne“.

Man müsse gemeinsam nach vorne gehen und wie früher arbeiten: „direkt für den Bürger, direkt mit dem Bürger, in den Vereinen, in den Verbänden“.

Dann habe man eine Chance, auch „wahlmäßig“ das zu werden, was man sei, eine Volkspartei.

Abschließend hoffte Post, dass sich die CDU in den nächsten Monaten und Jahren wieder „renovieren“ könne.

9 Kommentare zu “Symptome der Macht – Teil X: Startversuch für einen Neuanfang?”
  1. Hallo,

    ich bin sehr verwundert:

    „D.Breymann schrieb am 11. Oktober 2009 um 17:52 Uhr:

    […]
    Die Linkspartei wird nie bürgerlich in meinem Sinne werden und ist aus grundsätzlichen Erwägungen für mich niemals ein möglicher Bündnispartner,[…]“

    DIE LINKE. MG und die CDU MG sind bereits Bündnispartner bei „Aufstehen! Für Menschenwürde – gegen Rechtsextremismus“, nachzulesen auf dieser Webseite der Theo-Hespers-Stiftung:

    http://www.theo-hespers-stiftung.de/buendnis-mg/buendnismitglieder.htm

    Ich bitte darum, solche wichtigen Bündnisse nicht aus parteipolitischen Erwägungen zu gefährden. Sicher meinte Herr Breymann auch Koalitionspartner – und da wüsste ich nicht welche programmatischen Schnittmengen es derzeit gibt.

    ABER sollte es dazu kommen, dass die CDU im Rat der Stadt Mönchengladbach gute Anträge stellt, z.B. für das Sozialticket oder für eine weitere Gesamtschule – ja dann bin ich mir sicher, DIE LINKE wird in der Sache entscheiden und dann auch für einen CDU Antrag stimmen 😉

    Gruß
    Torben

  2. Sehr geehrter Herr Rother,

    ich schrieb bereits in einem Kommentar zu einem anderen Artikel hier auf BZ, dass der Begriff „bürgerlich“ für mich kein andere ausschließender im Sinne von, Wähler anderer Parteien sind keine „Bürger“, ist.

    Der Begriff „bürgerliches Lager“ für die liberalkonservativen Parteien hat sich in der politischen Sprache durchgesetzt, ohne dass er andere abwertet. In diesem und nur in diesem Sinne rede ich von „bürgerlichen“ Parteien.

    Insoweit verwende ich den Begriff „bürgerlich“ hier im rein politischen Zusammenhang. Also auch Wähler von SPD und der SED-Nachfolgepartei sind natürlich Bürger unseres Gemeinwesens mit den gleichen Rechten und Pflichten, die ich als Menschen niemals abwerten würde.

    Ich glaube, dass ist auch durchaus erkennbar 😉

  3. Sehr geehrter Herr Breymann,

    „bürgerlich in meinem Sinne“, bedeutet für Sie was?

    Die Bildungsbürger, die teilweise rot/Die Linke wählen, gehörten also nicht dazu?

  4. Sehr geehrter Herr Rother,

    ein, wenn auch origineller, Versuch des bewußten Mißverständnisses.

    Für mich ist es überhaupt nicht entscheidend, welche Klientel eine Partei wählt.

    Ich bin lediglich der Auffassung, dass es zwischen Grünen und CDU einige Schnittmengen gibt, die sich aus der Entstehungsgeschichte der Grünen erklären lassen und zu neuen originellen Denkansätzen führen können.

    Die Linkspartei wird nie bürgerlich in meinem Sinne werden und ist aus grundsätzlichen Erwägungen für mich niemals ein möglicher Bündnispartner, was wir hier aber nicht zu diskutieren brauchen.

  5. Sehr geehrter Herr Breymann,
    auch bei den Christdemokraten gibt es gebildete Menschen, aber nicht nur, Gott sei Dank.

    Das ist es doch, was unsere freiheitliche Demokratie ausmacht: Meinungsfreiheit.

    Dem entsprechend darf auch jeder Andersdenkende, in diesem Fall meine ich damit Herrn Post, sagen: weil die Grünen „längst keine linke Protestpartei mehr sind” (Zitat).

    Damit drückt er (Herr Post) aus, dass die Grünen möglicherweise eine Linkspartei waren.

    Für mich, Herr Breymann, ist das Spektrum der Grünen unverkürzt seit ihrer Gründung.

    Ihre Äußerungen können auch derart verstanden werden:

    Sobald Bürger mit Bildung die Linke wählen, gehört die Partei die Linke ins Lager der Bürgerlichen und sind dann damit für die Christdemokraten koalitionsfähig.

    Für einen Wahlkampfstrategen ist das ziemlich breitbandig, aber gut. 😉

  6. Sehr geehrter Herr Rother,

    ich glaube, dass die „Grünen“ schon etwas viel vielschichtiger sind als Sie glauben machen wollen.

    Zunächst dürften auch Sie nicht leugnen, dass das entscheidende Wählerpotenzial der Grünen in den bürgerlichen Gebieten liegt.

    Wir reden über das Bildungsbürgertum, was teilweise grün wählt. Eine Wählerklientel, die in großen Teilen auch konservativ oder liberal wählt.

    Wir brauchen uns nur an die Gründungsjahre der Grünen zu erinnern, um zu wissen, dass es zunächst vor allem eine akademische Bewegung war, die aus Gründen des Protestes gegen die Nachrüstung und Atomkraft sich von den damaligen Parteien entfernte.

    Mitbegründer war übrigens Herbert Gruhl, ein ehemaliger Bundestagsabgeordneter der CDU.

    Teile der grünen Programmatik – z.B. die Erhaltung der Schöpfung – sind durchaus wertkonservativ. So sind wir in den Fragen der Stammzellenorschung sehr nahe beieinander.

    Auch der Blick au die politische Landkarte zeigt, dass insofern bei den Grünen ein Umdenken stattgefunden hat. Dies scheint ja wohl jetzt auch in Saarbrücken der Fall zu sein.

    Verkürzen Sie die Bandbreite des grünen Spektrums nicht, wenn Sie die Grünen als linke Partei bezeichnen??

  7. In Mönchengladbach hätten alle drei Wahlen gezeigt, dass hier mehr als 50% der Wähler „bürgerlich” gewählt hätten, würden man die Stimmen für CDU, FDP und FWG zusammenzählen. Unter Berücksichtigung der Wahlergebnisse der GRÜNEN wäre das „Wählerreservoir” noch größer, weil die Grünen „längst keine linke Protestpartei mehr sind” (Zitat).

    Als großer Analytiker (siehe die obigen Zeilen) wird Norbert Post nicht in die Stadtgeschichte eingehen können.

    Die Frage dabei ist: wer hat sich denn da wohin bewegt?

    Die Grünen von Links in Richtung Mitte, von „Protest“ zur „Bürgerlichkeit“?

    Das jedenfalls glaubt Post.

    Vergleiche ich seine Aussage mit der Partei „Die Linke“, so wird sie nach der Post´schen These in x Jahren ebenfalls in der „Mitte der Gesellschaft“ angekommen sein.

    Na, wenn das kein Grund zur Zusammenarbeit mit der Partei „die Linke“ ist?

    Wenn nicht jetzt wann dann…?

  8. Man scheint bei der CDU wirklich weit weg vom Wähler zu sein.

    Von den parteiinternen Querelen hörte/las man zwar hin und wieder – viel schlimmer war, was dem Bürger zugemutet und demonstriert wurde: Nämlich, dass in dieser Stadt nur das passierte, was die CDU und ihr nahestehende Personen wünschten.

    Ebenfalls übel war: Andere Parteien wurden nicht beachtet oder gar ernst genommen.

    Dasselbe traf auf die Bürger zu.

    Die Ehrung Engagierter in Vereinen oder das Erscheinen bei Brauchtumsveranstaltungen und Karneval, der Besuch von Seniorenheimen ist damit nicht gemeint. Dort ist zwar noch ein großes CDU-Potential, aber die Betonung liegt auf „noch“.

    Nirgends gibt es so treue Stammwähler, die „ihrer“ Partei alles verzeihen, wie unter CDU-Wählern.

    Dass es noch eine bestimmte Generation gibt, die nie etwas anderes als CDU wählen würde, steht fest. Auch hier liegt die Betonung auf „noch“.

    Nein, irgendwann erkennt das Wahlvolk (sogar treue Stammwähler), dass etwas nicht richtig läuft. Nicht nur, wie jemand vermutete „aus dem Bauch heraus“. Das hat nichts mit „fühlen“ sondern mit Tatsachen zu tun, die sich nicht mehr verdrängen lassen.

    Ein ungutes Gefühl gesellt sich hinzu, das stimmt. Und diese Mischung zeigt Wirkung. Das ist unvermeidlich.

    Wie so ein Absturz aussieht, wenn man den Wähler auf der Strecke lässt, kann derzeit bei der SPD (nicht nur) auf Bundesebene besichtigt werden.

    Gut, dass die CDU sofort auf die ihr eigene Art mit der Erneuerung begonnen hat: Indem sie Herrn Schroeren als Kandidaten für die Landtagswahl nominierte! 😉

    Na ja, CDU-Stammwähler sind (hoffentlich?) treu.

  9. Bei seiner Einschätzung, dass die Wähler besonders aufgrund parteiinterner Querelen nicht (mehr) CDU gewählt hätten, irrt Herr Post.

    Die Wähler haben ihre Wahlentscheidung nicht aufgrund interner Vorgänge in der CDU getroffen und auch nicht, wie ein Noch-CDU-Ratsherr am Wahlabend im Ratssaal meinte, „mit dem Bauch entschieden“.

    Die Wähler haben mit Kopf und Verstand gehandelt. Entweder damit, dass sie die CDU nicht (mehr) gewählt haben, oder einfach nicht an die Urne gegangen sind.

    Es war die teilweise „demonstrative“ Bürgerferne, es waren Entscheidungen nach Gutsherrenart, die mit einer dementsprechenden Starrköpfigkeit und Arroganz getroffen wurden (wobei ich an dieser Stelle manchen Gutsherren sicherlich Abbitte tun muss).

    😉

    Und es war die von manchem CDU-Mandatsträger demonstrierte (und von Herrn Post zu Recht monierte) Einstellung, ein „Geburtsrecht“ auf Ämter und Positionen zu haben.

    Nicht zu vergessen der von vielen Bürgern (= Wähler) gefühlte Klüngel und die damit zwangsläufig einhergehende „Hinterzimmerpolitik“.

    Wenn Norbert Post auf eine „Renovierung“ der Mönchengladbacher CDU hofft, dürfte das nicht reichen; das müsste schon eine „Kernsanierung“ werden. Und die kann manchmal auch länger als 5 Jahre dauern.

    😉

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