Positionierung der LiLO zum Haushalt 2008
Hauptredaktion [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Damit sich die Leser der BürgerZeitung Mönchengladbach einen Überblick über die Positionen verschaffen können, veröffentlichen wir die Haushaltsreden der im Mönchengladbacher Rat vertretenen Parteien im Wortlaut.
Wesentliche Abweichungen durch das „gesprochene Wort“ gab es nicht. Hier die Rede des Sprechers der LiLO Helmut Schaper:
Die LiLO wird nachher bei der Abstimmung über den Haushalt 2008 mit Nein stimmen.
Aus unserer Sicht wird der Haushaltsentwurf, zusammen mit der Begutachtung durch Rödl & PartÂÂner geprägt durch die Begriffe Einsparung, Verzicht, Kostenreduzierung und Effizienzsteigerung. Zukunftsträchtige Begriffe wie Nachhaltigkeit, Solidarität und Gemeinwohl spielen in diesem HausÂÂhalt, in der politischen Debatte darüber, überhaupt keine Rolle.
Wohin das führt, will ich an einem Beispiel darstellen.
Die Maßnahme Nr. 1 aus dem Rödelgutachten sieht den Verzicht auf Altersgratulationen vor. Der Verwaltungsvorschlag sieht die Reduzierung der Gratulation auf Briefe vor. Blumen werden gestriÂÂchen. Die Menschen, um die es hier geht, sind die Menschen, die die Last des Faschismus tragen mussten.
Die nach 1945, in erster Linie Frauen, die Trümmer beiseite geschafft haben, Steine geÂÂklopft haben, die die Grundlage für unser heutiges Mönchengladbach gelegt haben. An der UmsetÂÂzung der Maßnahme können Sie nun sehen, was uns diese Menschen heute noch wert sind.
Die Reduzierung der Sichtweise auf Einsparung, Verzicht, und Kostenreduzierung führt dazu, dass kurzfristige Einsparungen als Erfolg bejubelt werden. Die längerfristigen Folgekosten werden in keinster Weise berücksichtigt.
Auch hier ein Beispiel.
Unser Kämmerer bewertet den Erfolg des Rödlgutachtens allein schon an der Tatsache, dass mit einer Maßnahme, der Maßnahme 75, die Kosten des Gutachtens innerhalb eines Jahres reingeholt werden.
Wenn Mensch kurzsichtig denkt, ist das sicherlich ein Erfolg. LangÂÂfristig bedeutet diese Maßnahme den Abbau von Vollzeitarbeitsplätzen zu Gunsten von geringfüÂÂgiger Beschäftigung. Einzahlungen in die Sozialversicherungssysteme erfolgen dann nicht mehr.
In einigen Fällen sind diese Reinigungskräfte auf ergänzende Leistungen nach dem SGB II angewieÂÂsen. Hier zahlt Mönchengladbach bei den Kosten der Unterkunft mit. Die Beiträge in die RentenverÂÂsicherung für diese Menschen, in der Regel Frauen, sind gering, so dass im Alter trotz Rente erÂÂgänzende Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz und im Pflegefall Leistungen in EinrichtunÂÂgen nach dem SGB XII anfallen. Alles Leistungen, Pflichtaufgaben, für die dann unsere nächste Generation zahlen muss. Das ist der Erfolg der Maßnahme 75.
Kurzsichtig: Einsparungen. LangfrisÂÂtige höhere Folgekosten und Zementierung der Altersarmut bei Frauen.
Im Haushalt und im Rödelgutachten sind auch wieder Privatisierungen bzw. Verkauf städtisches Eigentum vorgesehen und vorgenommen worden.
Wir lehnen Privatisierungen im Bereich der kommunalen Daseinsfürsorge ab. Alle Beispiele für PriÂÂvatisierung belegen, dass Sie zu einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten führen, zweitens die Qualität des Angebotes sinkt und drittens meistens auch nicht billiger sind.
Die umfassende Privatisierung der Bahn in England hat dazu geführt, dass Sicherheitsstandards verÂÂnachlässigt wurden. In der Folge kam es zu einem enormen Anstieg der Unglücke. Letztlich muss-ten Teile der Privatisierung rückgängig gemacht werden. Das Privatisierungsmodell eine JVA in Hessen hat dazu geführt, das die Kosten für das Land in diesem Bereich nicht gesunken sondern gestiegen sind. Die Ursache dafür liegt darin, dass sich Anleger natürlich auch eine entsprechende Profitrate versprechen. Und die gibt es eben nur, wenn Lohnkosten und Standards gesenkt werden. Und wenn das nicht klappt, dann werden Verluste sozialisiert, während vorher die Gewinne in die eigene Tasche gesteckt wurden. Mit 9 Millionen EUR musste sich die Sparkasse an den ZockergeÂÂschäften derWestLB beteiligen.
Ihre Äußerung, Herr Dr. Jansen-Winkeln, in der Diskussion um das Elisabeth-Krankenhaus war bezeichnend. Auf den Hinweis, dass das Elisabeth-Krankenhaus schwarze Zahlen schreiben würÂÂde, antworteten Sie, im Vergleich gesehen zu anderen Krankenhäusern sei die Rendite beim ElisaÂÂbeth-Krankenhaus gering. Betriebe, die die kommunale Daseinsfürsorge gewährleisten, müssen keine Profite machen. Und deshalb haben Sie die Möglichkeit, qualitativ besser und auch preiswerÂÂter zu arbeiten.
Auch mit dem Verkauf der RWE Aktien werden Sie die geplanten Ziele nicht erreichen.
Der Verkauf wird nicht das einbringen, was Sie sich erhofft haben. Zum anderen wird der Erlös aufgrund der TatÂÂsache, dass Sie auf absehbarer Zeit wegen der Haushaltsstruktur keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können, lediglich zum Stopfen der Schuldenlöcher ausreichen. Ein Einstieg in den originäÂÂren Schuldenabbau wird es damit nicht geben. Bezogen auf unsere Kinder haben Sie das Erbe verÂÂscherbelt und ihnen Schulden hinterlassen.
Des Weiteren fehlt uns bei der Einbringung des Haushaltes eine rückblickende Betrachtung zur EntÂÂstehung des Schuldenberges.
So zu tun, als ob die Schulden nun mal so entstanden sind und keine Schlussfolgerungen aus der Entstehung zu ziehen, hat aus unserer Sicht mit einem verantwortungsvollen Umgang mit den FiÂÂnanzen der Menschen in unserer Stadt nichts zu tun.
Innerhalb der letzten 5 Jahre haben wir es mit einer Verdoppelung der Verschuldung auf 1. Mrd. EUR zu tun. Der Vorgänger des jetzigen Kämmerers, Herr Nieland, hat den Mandatsträgern immer noch das Märchen vom ausgeglichenen Haushalt in einigen Jahren erzählt. Haben Sie von der CDU und FDP eigentlich einmal kritisch hinterfragt, warum Herr Nieland das unwidersprochen tun konnÂÂte?
Wir sehen in dem eingebrachten Haushalt auch nicht das Kernproblem angepackt. Das KernprobÂÂlem ist simpel, jedoch folgenschwer. Es wird mehr ausgegeben, als eingenommen. Bei der EinÂÂnahmeseite hätten wir den Vorschlag der Anhebung des Hebesatzes bei der Gewerbesteuer auf 480 Punkte.
Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Wir wissen, dass Sie den Vorschlag ablehÂÂnen. Weitere Gebührenbelastungen lehnen wir ab. Ansonsten sehen wir bei der Einnahmeseite keine großen Möglichkeiten, weil die Kommunen hier in Abhängigkeit von Landes- und BundesgeÂÂsetzen sind. Zudem kommt noch hinzu, dass Regierungen in Bund und Land, egal welcher Koleur, den Kommunen immer neue Lasten aufladen, ohne für einen finanziellen Ausgleich zu sorgen.
 Und eine Gemeindefinanzreform, die von Rot/Grün oder jetzt von Schwarz/Rot angekündigt war, bleibt wie üblich auf der Strecke.
Ihre Feststellung, Herr Kuckels aus der letzten Einbringung des HausÂÂhaltes hat sicherlich noch Jahre Gültigkeit.
Zitat: „Den letzten beißen die Hunde“
Wie kann bei dieser Konstellation die Haushaltsstruktur verändert werden?
Nur durch eine Politik, die Folgekosten im Wesentlichen vermeidet bzw. deutlich reduziert. Und das geht nur durch die konsequente Anwendung des Nachhaltigkeitsprinzips in der Politik. Ich will dies an einigen Themenbereichen verdeutlichen.
Wir stellen weiterhin ein Wachstum beim Flächenverbrauch in unserer Stadt fest. Dies bedeutet die Versiegelung von Flächen, Die Folge davon sind ökologische Probleme, die wir unseren Kindern vererben.
Ein entsprechender Politikansatz für eine andere Politik könnte so formuliert werden:
„Die Siedlungsfläche in unserer ist nicht zu vermehren. Aue Vorhaben sind aus der vorhandenen Siedlungsfläche zu entwickeln.“
Der neue Haushalt wie auch die bisherige Arbeit am Generalverkehrsplan sieht eine AutovorrangÂÂpolitik vor. Getreu dem Motto, wo ein Stau ist, da fehlt eine Straße, wird diese Vorrangpolitik zemenÂÂtiert bzw. bildlich gesprochen asphaltiert.
Schon heute können die Kosten für den Erhalt der Straße nicht mehr finanziert werden. Geplante Straßen verdreifachen sich in Ihren Kosten wie z.B. beim Mittleren Ring. Aus gesundheitlichen, umweltpolitischen und wirtschaftlichen Gründen brauchen wir eine Verkehrswende. Wir benötigen eine Vorrangpolitik für den ÖPNV.
Ãœberdurchschnittliche Kostensteigerungen finden wir bei Haushaltstitel, wo es um Folgekosten geht, die mit vorbeugenden Maßnahmen ansatzweise zu verhindern wären. Ich verweise auf die Hilfe zur Erziehung bzw. die Kostensteigerung im Bereich des Amtes für Altenhilfe. Da ich Ihre Argumentation – die von CDU und FDP – bezüglich Hilfe zur Erziehung kenne, will ich auch gleich darauf antworten.
Ja, Sie kümmern sich jetzt um diesen Bereich. Nur holten Sie aufgrund der Mittelstreichung in den letzten 20 Jahren für vorbeugende und prophylaktische Maßnahmen genau diese Situation herbeiÂÂgeführt.
Ja, Sie geben ein Gutachten bei der FH dazu in Auftrag. Ob es zu einem vernünftigen Ergebnis führt, hängt jedoch von dem Gutachterauftrag ab. Die Fragestellung müsste lauten:
„Welche maßgeblichen Gründe gibt es für die Kostensteicsrung in diesem Bereich? Welche prophyÂÂlaktischen Maßnahmen sind geeignet, um eine weitere Kostensteigerung in diesem Bereich zu verÂÂhindern?“
Ja, Sie kündigen eine sechsstellige Summe für notwendige Präventionsmaßnahmen an. Prima, unÂÂterstützen wir sofort. Fangen Sie schon einmal mit der Bedarfsanalyse für einen Abenteuerspielplatz in Odenkirchen an. Diese Analyse haben Sie seit elf Jahren abgelehnt, weil Sie der Meinung sind, solche prophylaktischen – auch freiwillige Leistungen genannt – werden vom RegierungspräsidenÂÂten nicht genehmigt.
Interessant in diesem Zusammenhang die Argumentation der Verwaltung zur Maßnahme Nr. 28 im Rödlgutachten. Rödl empfiehlt aufgrund des Charakters der freiwilligen Leistung Streichung bzw. Reduzierung. Die Verwaltung argumentiert, Zitat:
„Der Trägerverein des Tiergartens hat glaubhaft dargestellt, dass der Tiergarten ohne den städtiÂÂschen Zuschuss in seiner jetzigen Form nicht weiter zu betreiben ist. Aus diesem Grunde sollte er wegen der besonderen Bedeutung für die Bevölkerung weiterhin in voller Höhe an den Trägerverein ausgezahlt werden.“
Wohlgemerkt freiwillige Leistung.
Sie, Herr Kuckels, haben ja immer wieder hervorgehoben, dass der Regierungspräsident ein beÂÂsonderes Augenmerk auf die Ergebnisse des Rödlgutachtens und die Maßnahmen der Verwaltung dazu hat.
Wie wäre es denn dann mit folgender Formulierung für den Bereich Hilfe zur Erziehung.
„Die Verwaltung hat aufgrund der Untersuchung der FH Niederrhein dargestellt, dass ohne Präventionsmaßnahmen die Kosten für die Hilfe zur Erziehung weiter steigen werden. Aus diesem Grunde sollten zum Wohle der Kinder und Jugendlichen alle bisher gestrichenen prophylaktischen MaßÂÂnahmen wieder bewilligt werden.“
Wäre doch eine gute Argumentation gegenüber dem Regierungspräsidenten.
Auch zu der weiteren Steigerung der Kosten im Bereich Amt für Altenhilfe will ich noch einmal StelÂÂlung nehmen. Größter Ausgabenfaktor sind die Heimkosten, weil die Gelder aus der PflegeversiÂÂcherung nicht ausreichen und die Menschen den Eigenanteil nicht zahlen können.
Das hängt u. a. auch mit der industriellen Struktur in unserer Stadt zusammen. Textilarbeit, überÂÂwiegend Frauen, geringe Löhne. Die Altersarmut ist im Wesentlichen weiblich. Ja, Sie haben nun ein Pilotprojekt für zwei Beratungsstellen für diesen Bereich vom Land. Nein, dass reicht absolut nicht. Seriöse Zahlen gehen von einer Steigerung von 60% der PflegeÂÂwahrscheinlichkeit bis 2030 aus.
Vermögende Menschen in unserer Stadt helfen sich schon lange selbst.
Architekten und BauunterÂÂnehmen spezialisieren sich auf den Bau oder UmUmbau in Bezug auf Barrierefreiheit und auf GemeinÂÂschaftswohnobjekte. Die benötigen keine Hilfe des Amtes für Altenhilfe. Die Kosten fallen an bei den Leistungsempfängerinnen nach dem GsiG. Bei diesem Personenkreis muss angesetzt werden. Aufklärung über die Möglichkeit des Verbleibs in der Wohnung auch bei Pflegebedürftigkeit. Mittel für den barrierefreien Umbau von Wohnungen. Baus von Wohngemeinschaft im Bereich betreutes Wohnen im Alter. Solche Maßnahmen sind geeignet, um eine weitere Steigerung der Kosten in dieÂÂsem Bereich zu verhindern.
Ein letzter Punkt ist der Wertverlust bei städtischen Gebäuden und Einrichtungen wegen unterlasÂÂsenen Sanierungsmaßnahmen. 5 Millionen Wertverlust im Jahr, ein Sanierungsstau von 75 MillioÂÂnen EUR.
Natürlich ist es auch eine Lösung, die Außentreppe im STEP, die den Sicherheitsansprüchen nicht mehr genügt, mit einem Gitter zu umgeben, damit diese Treppe nicht mehr genutzt werden kann. Nur dafür wurde die Treppe nicht gebaut. Werterhaltung ist alle Mal preiswerter als Sanierungen aufgrund unterlassener Werterhaltung. Das Pahlkebad ist ein Beispiel dafür.
„Weiter so“ bei der bisherigen Haushaltspolitik ist keine Lösung. Die 1,1 Milliarden EUR Schulden sind in Reichweite.
Wir brauchen eine Umorientierung in Sinne der vorher skizzierten Politikansätze.
Und diese UmoriÂÂentierung muss auch gegenüber dem Regierungspräseidenten durchgesetzt werden. Wir verschweigen nicht, dass dies allein nicht reicht. Ohne eine Reform der Kommunalfinanzen kann auch bei größten Anstrengungen ein Haushaltsausgleich nicht gelingen. Das darf allerdings nicht als Alibi dienen, diese Umorientierung zu unterlassen. Für diesen Ansatz haben Sie sogar eine moralische Instanz auf ihrer Seite, die von Hans Jonas:
„Handle so, dass die Wirkung deiner Handlungen verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden.“
Ich bedanke mich bei denen, die aufmerksam zugehört haben.