Anton Hofreiter (B90/Die Grünen) auf Wahlkampftour in Mönchengladbach • „Politischer Sommerabend“ u.a. mit Themen zu Merkel, Autoindustrie und Fluglärmbelastungen mit über 80 Teilnehmern [mit Videos]

Bernhard Wilms [ - Uhr]

[02.09.2017] Es ist schon etwas Besonders, wenn ein Politiker an einem Tag mit drei unterschiedlichen Verkehrsmitteln in Berührung kommt, wie Anton Hofreiter, Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, am Freitag vergangener Woche (25.08.2017) bei seinem Besuch in Mönchengladbach.

Angereist waren Hofreiter und sein Mitarbeiter Jonas Pohlmann, aus Emden kommend mit einem grünen 5-er Wahlkampf-BMW mit einem „E“ im Kennzeichen. Hierbei handelt es sich um ein „Plug-in-Hybrid“-Fahrzeug mit einem Benzin- und einem Elektromotor.

Längere Strecken fahre man mit Benzin, im Stadtverkehr „natürlich“ elektrisch.

Dazu erklärte Hofreiter, dass man viel gelernt habe auf der Wahlkampftour über das Chaos, das die Bundesregierung angerichtet habe bei der mangelnden Ausstattung mit Stromtankstellen. Irgendwie habe man dann immer wieder welche gefunden, wobei die Anschluss- und Bezahlsysteme sehr unterschiedlich gewesen seien.

Mit diesem Fahrzeug könne man „über Land“ die Schadstoffgrenzwerte einhalten und in der Stadt schadstofffrei fahren.

Ökonomisch gesehen sei der BMW halt ein BMW.

Nach dem nachmittäglichen Pressegespräch ging es dann per Rad zur Radstation am Rheydter Hbf, von dort mit weiteren 25 Radfahrern und einem Zwischenstopp bei der „Ehren Bonbonmanufaktur“ an der Limitenstraße (Hofreiters Hobby ist die Pralinenherstellung) entlang der Niers in Richtung Giesenkirchen.


Im Kleingarten an der Mülforter Straße hatten die Grünen unter Federführung des Giesenkirchener Grünen-Urgesteins HaJo Siemes eine sehr gut organisierte Wahlveranstaltung vorbereitet, zu der über achtzig Interessierte gekommen waren.

Die letzten Teilnehmer, unter ihnen Anton Hofreiter, verließen gegen 22:30 Uhr die im vorigen Jahr ausgezeichneten Kleingartenanlage.

Das 3. Verkehrsmittel, mit dem Hofreiter und die Teilnehmer der Wahlveranstaltung „in Kontakt“ kamen, waren die Verkehrsflugzeuge, die in regelmäßigem Abstand unüberhörbar das Gelände überflogen.

Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen zunächst die Statements des Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Deutschen Bundestag u.a. zu den Themen

  • Das Handeln von Bundeskanzlerin Angela Merkel
  • Klimaschutz
  • Bezahlbarer Wohnraum
  • Gesetzliche vs. private Versicherung
  • Automobilindustrie
  • Lärmbelastung durch Luftverkehr

Deutliche Worte fand Hofreiter zum Verhalten der Regierungschefin der schwarz-roten Bundesregierung.

Angela Merkel sei seit 12 Jahren etwas ganz Spezielles, denn das was sie sage, klinge oft vernünftig, was sie hingegen mache sei jedoch häufig genau das Gegenteil.

So zeige sie zwar Interesse für Internet und Breitbandausbau. Gemacht werde aber wenig.

Der Breitbandausbau sei teilweise katastrophal. So setze die Bundesregierung nicht etwa auf den „Stand der Technik“, die  Glasfasertechnik, sondern unterstützt über die Telekom und durch den zuständigen Minister Dobrindt (CSU) weiterhin Kupferkabel.

Zum Klimaschutz habe Merkel schöne Worte gefunden, jedoch passe ihr Handeln nicht in Ansätzen dazu, was sie sagt.

Beim bezahlbaren Wohnraum sieht Hofreiter dringenden Handlungsbedarf durch eine Wiedereinführung der „Wohnungsgemeinnützigkeit“.

Die Abschaffung dieser Regelungen unter der Regierung Kohl wirke erst jetzt so richtig durch das Fehlen von bezahlbarem Wohnraum.

Die Zahl solcher Wohnungen sei nach und nach gesunken, weil Sozialwohnungen aus der Zweckbindung herausgefallen seien und „Wohnungsheuschrecken“ zugeschlagen hätten.

Dadurch seien Millionen von Wohnungen nicht mehr bezahlbar.

Als „traditionell“ gesetzlich Versicherter kenne er die Probleme, einen Facharzttermin zu bekommen. Privat Versicherte hätten da weniger Probleme.

Hofreiter wendet sich gegen die „2-Klassen-Medizin“ und fordert eine „Bürgerversicherung“, die nicht gleichbedeutend mit einer „Einheitskasse“ sei,  womit alle Betroffenen eine gleichberechtigte medizinische Versorgung erführen.

Ausführlich ging Hofreiter auf die Situation der Automobilindustrie ein. Den Managern der Unternehmen warf er Betrug an drei Gruppen vor:

  • Betrug an den Menschen in den Städten, die die Schadstoffbelastung durch Diesel-Kraftfahrzeuge zu ertragen hätten, insbesondere Kinder bis 14 Jahre und ältere Menschen
  • Betrug an ihren Kunden, die viel Geld ausgegeben hätten, sich einen vermeintlich „sauberen“ Diesel zu kaufen
  • Betrug an ihren eigenen Mitarbeitern, die dann, wenn die Konzerne in Schwierigkeiten kämen, Gefahr laufen würden, ihre Arbeitsplätze zu verlieren.

„Innovationsträge“ und „technikfaul“ bezeichnet Hofreiter die Unternehmensführungen, weil sie viel zu lange auf die veralte Verbrennungstechnik gesetzt hätten.

Mit der Folge, dass Unternehmen, wie Tesla und chinesische Autobauer mit ihren Elektroautos zukünftig den Automobilmarkt bestimmen und deutsche Automobilhersteller ins Hintertreffen gerieten.

An dieser Entwicklung sei auch die Bundesregierung schuld, weil sie (mindestens informell) über das Verkehrsministerium und das Kraftfahrtbundesamt an dem „Komplott“ beteiligt waren.

Bezüglich „Innovation bei Autobauern“ verwies Hofreiter auf ein Aachener Startup, als „ungewöhnlichen Gewinner“.

Diese Unternehmen entwickelte und baute Elektro-Lieferfahrzeuge für die Deutsche Post.

Die Deutsche Post hat das Unternehmen übernommen und werde mit solchen Fahrzeugen auch an den deutschen Lieferfahrzeugmarkt gehen.

Zur Lärmbelastung durch den Flugverkehr erklärte Hofreiter, dass es Entwicklungen gebe, die Turbinen leiser zu machen, sie müssten nur bestellt werden. Das funktioniere jedoch nur durch entsprechende gesetzliche Umweltschutzvorgaben.

Regulierungsmöglichkeiten über den Treibstoffpreis für Flugzeuge sieht er auf absehbare Zeit nicht, weil hier internationale Abkommen dem entgegenstehen.

Kurzfristig seien Lärmbelastungen nur erträglich zu gestalten, wenn mindestens die bestehenden Nachtflugverbote, beispielsweise ab 22:00 Uhr konsequent eingehalten würden.


Drei Fragerunden schlossen den politischen Teil des „Sommerabends“ ab.

In der ersten Runde beantwortet Hofreiter die Fragen danach, warum die Grünen bei den letzten Landtagswahlen so schlecht abgeschossen haben, was unter „Massentierhaltung“ zu verstehen sei und worin sich große und kleine landwirtschaftliche Betriebe unterscheiden würden.


Anschließend wollten Teilnehmer wissen, warum im Verhältnis zum Rauchverbot die gesundheitliche Belastung durch den Autoverkehr erst so spät in den Fokus gerückt worden sei, warum Deutschland insbesondere in der Automobilindustrie bei den Innovationen hinterher hinke und wie es politisch möglich sei, den Verbraucher hinsichtlich des nachhaltigen Kaufs von Waren besser zu unterstützen.

Zur „Unterstützung“ der Verbraucher gelte es Aufklärung zu betreiben, weil beispielsweise Vermarktungsstrategen der Fleischindustrie es immer wieder schaffen, Produkte an den Verbraucher zu bringen, indem sie „Unternehmen“ mit Fantasienamen erfinden, die es in Wirklichkeit gar nicht gebe und nannte dazu auch Beispiele.


In der dritten und letzten Fragerunde fragten Teilnehmer nach einer verbesserten Unterstützung des ÖPNV durch die Bundesregierung und danach, wie die Lärmbelastung von Anwohnern im Umkreis von Verkehrsflughäfen reduziert werden könnte.

Akustisch begleitet wurde insbesondere die letzte Frage durch den unüberhörbaren Anflug einer Verkehrsmaschine auf den Flughafen Düsseldorf.

Als Erstes müsse man das Fluglärmgesetz dahingehend novellieren, dass Messungen Vorrang vor Berechnungen erhalten würden.

Insgesamt sei festzustellen, dass immer dann, wenn es um Umwelttechnologien gehe, gesagt werde „das geht“ nicht und nennt als Beispiele u.a. die Einführung von Katalysatoren in Kraftfahrzeugen.


Nach einer Übernachtung in Mönchengladbach setzte Hofreiter seine NRW-Wahlkampftour am folgenden Samstag mit der Teilnahme am KlimaCamp in Erkelenz fort.

Dort reihte er sich mit anderen grünen Spitzenpolitikern aus Partei und Fraktionen in die „rote Linie“ aus Braunkohlegegnern ein:

Kölner Stadtanzeiger zu Braunkohle-Protest

Wenn man Hofreiters Reden im Deutschen Bundestag und in Fernsehauftritten Revue passieren lässt, muss man nach seinem Besuch in Mönchengladbach konstatieren, dass er politische Themen durchaus verständlich darlegen und locker und humorvoll vermitteln kann.

Trotz nicht berauschender Prognosen sieht Anton Hofreiter die Grünen im Wahlkampf gut aufgestellt, wie bei den großen Themen Autoindustrie, Feinstaubbelastung, Klimaschutz und soziale Zukunftsanforderungen.

Ob es ihnen wohl gelingt, die grünen Positionen insgesamt so verständlich zu machen, wie es einem, sich in Mönchengladbach sichtlich wohlfühlenden Hofreiter beim „Politischen Sommerabend“ möglich war?

Am Abend des 24.09.2017 werden wir es erfahren.

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